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Niki Lauda (Mercedes): «Red Bull ist sehr aggressiv»

Von Rob La Salle
Niki Lauda, dreifacher Formel-1-Champion und Aufsichtsrat des GP-Rennstalls von Mercedes, über das FIA-Urteil und seine Folgen.

Viele Formel-1-Insider murren gegen das FIA-Urteil gegen Mercedes und Pirelli. Aber nur, wenn das Tonband abgeschaltet ist. Man will sich am Thema nicht den Mund verbrennen. Der dreifache Formel-1-Champion Niki Lauda – Aufsichtsrat im GP-Rennstall von Mercedes – hat im TV-Interview von Boris Kastner-Jirka beim ORF erstmals ausführlich zum Test-Skandal Stellung genommen. Und er spart nicht mit Kritik an der Konkurrenz.

Keine Geldstrafe, kein Punkteabzug – das sieht für Kritiker nach gar keinem Urteil aus. Wie sehen Sie das?

Also erstens einmal ist es ein Urteil. Man war ja bei Gericht, und es ist ein Urteil, und das Urteil ist ganz klar. Das heißt: Regelverstoß gibt es keinen (Zwischenbemerkung: die FIA hat sehr wohl einen Schuldspruch gefällt, RLS), es ist eine Verwarnung. Nicht einmal eine gelbe Karte, die dann zur roten Karte führen kann. Und es gibt einen Ausschluss von den Nachwuchsfahrer-Tests. Also das ist ein Urteil, mit dem kann man absolut leben.

Ich bin der Meinung, es ist ein Urteil für den Sport, weil die ganzen Intrigen und Geschichten, die da hinein interpretiert wurden, denen wurde nicht gerecht, weil alles richtig gemacht wurde. Im Sinne von: wie man zu diesem Test kam.

Sie haben die Nachwuchsfahrer-Tests angesprochen. Christian Horner sagt, diese Strafe, also der Ausschluss von diesen Tests, sei viel zu milde, weil Mercedes schon viel mehr profitiert hätte von der Tatsache, dass eben die Stammpiloten getestet haben.

Also Red Bull ist da sehr aggressiv losgegangen auf die ganze Geschichte, alles wurde hinein interpretiert, was man nur hinein interpretieren kann. Das ist in der Formel 1 so, die Schlangengrube, die Intrigen toben im Fahrerlager immer, und der Ausgang ist das einzig Entscheidende. Das FIA-Tribunal ist ein Sportgericht, das über so einen Fall entscheiden muss, und die haben ganz klar entschieden, es ist kein Regelverstoß. Es ist ein Fingerzeig, durch unterschiedliche Auslegungen von unterschiedlichen Reglements. Und ich muss ehrlich sagen, es ist eine Entscheidung für den Sport, gegen die Intrigen. Endlich ist eine Ruhe und man kann sich wieder aufs Rennfahren konzentrieren.

Was mich so ärgert ist, dass die Konkurrenten, auch Ferrari, folgendes übersehen haben: dass Mercedes im Training stark war, zweimal in der ersten Reihe mit beiden Autos. Das war eine Entwicklung, anhand welcher ganz klar zu sehen ist, wie stark das Team im Training sein kann. In Monte Carlo wurde das Gleiche erreicht. Logisch, weil in den Rennen davor war es auch so.

Es ist klar, dass man in Monte Carlo kein Rennen gewinnen kann von hinten, wenn der Pole-Position-Mann oder der Zweite ein normales Rennen fahren. Die können vorne das Tempo bestimmen und die Reifen schonen, weil man nicht überholt werden kann. Also ein Monte-Carlo-Sieg aus der Pole-Position ist eigentlich normal. Und Red Bull hat gesagt, die haben nur Monte Carlo gewonnen, weil sie die Reifentests gemacht haben. Das stimmt einfach nicht! Die Reifen waren die gleichen wie vorher, also es hat sich überhaupt nichts verändert. Und das waren lauter Geschichten, die halt erzählt wurden. Aber nichtsdestotrotz, ich habe ein gutes Verhältnis zu Mateschitz, Red Bull, Horner, Marko.

Ich habe ja auch versucht, in Montreal, also vor dem Tribunal, eine Lösung zu finden unter den Teams. Ich bin zu Red Bull gegangen, zu Ferrari gegangen, habe gesagt, wie das war beim Test. «Wir stehen auf dem Standpunkt, dass wir alles richtig gemacht haben», sagte ich. «So, was können wir jetzt für die Zukunft ändern? Wie können wir aus diesen Problemen, die ja Pirelli mit den Teams hat, herauskommen? Was können wir jetzt gemeinsam entscheiden? Nämlich eine außergerichtliche Diskussion, bevor wir bei Gericht stehen. Gibt es eine Lösung, die euch interessiert?» Und ich war auch schon sehr nah dran, dass wir eine Lösung untereinander finden. Was ja wesentlich vernünftiger ist als vor Gericht zu gehen. Aber die Zeit war eben dann zu kurz und dann sind wir eben bei Gericht gestanden.

Vernünftig wäre es auf jeden Fall. Aber ist das realistisch? Ist die Formel 1 nicht auch ein Club der Egoisten, wo logischerweise jeder in erster Linie auf sich schaut? Ist es schwer, alle unter einen Hut zu bekommen, oder ist es schon unmöglich?

Ich bin sicher auch ein Egoist, zumindest sagt das meine Frau immer. Ich versuche aber, meinen Egoismus, wenn es dann um die Sache geht, auf Null zu reduzieren und emotionslos eine Lösung zu finden. Und die anderen bleiben oft hoch oben noch mit ihrem Egoismus. Und ich sage immer: kommt einmal herunter und überlegen wir uns, wie wir jetzt eine Lösung finden, vor allem für die Formel 1, Teams und Pirelli, weil Pirelli der wichtigste Faktor in der Formel 1 ist. Ohne Reifen kann man nicht fahren.

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