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Patrick, Wolff, De Silvestro: Wer fährt Grand Prix?

Kolumne von Mathias Brunner
Die Formel-1-Saison hat noch nicht mal begonnen, da wird im Internet bereits über 2015 spekuliert. Besonders gefällt uns: Angeblich sollen 2015 drei Frauen Grands Prix fahren!

Seit 1982 schreibe ich nun über die Formel 1. Aber selbst nach mehr als dreissig Jahren staune ich darüber, was uns hin und wieder als Spekulationen vorgesetzt wird. Da ist davon die Rede, dass Sebastian Vettel den Nürburgring kaufe (ich schätze, der Weltmeister hat derzeit andere Prioritäten). Renault und Red Bull Racing werden in Sachen WM-Titel bereits abgeschrieben (Vorsicht, Totgesagte leben länger!). Und es ist davon die Rede, dass wir 2015 drei Formel-1-Fahrerinnen haben könnten – Susie Wolff bei Williams, Danica Patrick bei Haas Racing, Simona de Silvestro bei Sauber. Das bedarf einer kurzen Beleuchtung.

Der Fall Susie Wolff

Williams hat bestätigt, dass die Gattin von Mercedes-Motorsport Toto Wolff an zwei freien Formel-1-Trainings (angeblich Silverstone und Hockenheim) teilnehmen werde. Die erste Frau seit Giovanna Amati 1992 in einem offiziellen Formel-1-Training – das finde ich fabelhaft! Aber daraus zu zimmern, dass die 31jährige Schottin im Jahr darauf Rennen fahren werde, scheint mir dann doch Wunschdenken zu sein.

Zugegeben, die stets zugängliche Susie hat gemäss Technikchef Pat Symonds im Williams-Simulator gute Arbeit geleistet und sich beim Nachwuchsfahrertest vom vergangenen Juli in Silverstone höchst respektabel aus der Affäre gezogen. Aber jetzt mal Hand aufs Herz: Wenn Felipe Massa oder Valtteri Bottas der Blinddarm sticht und Williams einen anderen Piloten ins Auto setzen muss – wen würden Sie dann wählen? Den jungen Brasilianer Felipe Nasr oder Susie Wolff? Eben.

Aussicht: Susie Wolff geniesst nicht zu Unrecht das Vertrauen der Williams-Truppe. Aber das drängt sie noch nicht als Grand-Prix-Fahrer auf.

Der Fall Simona de Silvestro

Ich muss zugeben: Sauber verwirrt mich hin und wieder ein wenig. Da präsentiert man uns im vergangenen Sommer den jungen Russen Sergey Sirotkin als potentiellen GP-Piloten 2014. Nun fahren Estaban Gutiérrez und Adrian Sutil. Da verspricht man uns Geldgeber aus Russland. Wieviele davon haben Sie bislang auf dem Sauber entdeckt?

Später heisst es, Sirotkin werde für die Formel 1 schrittweise als dritter Fahrer aufgebaut. Dann erhält der Holländer Giedo van der Garde einen Vertrag und wird im Rahmen des Bahrain-GP erstmals fahren. Und als sei das nicht genug, wird Simona de Silvestro verpflichtet. Pardon, aber wieviele Fahrer will Sauber denn noch unter Vertrag nehmen? Und wann bitte sollen die alle zum Fahren kommen, damit sie auch wirklich zeigen könnten, was in ihnen steckt?

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich halte Simona de Silvestro für die begabteste Monoposto-Pilotin derzeit. Aber ob sie wirklich Formel-1-Format besitzt, liesse sich nur mit ausgedehnten Tests ausloten. Und davon ist bislang nichts zu hören.

Aussicht: Ich wäre der erste, der applaudiert, würde die sympathische Thunerin 2015 Grands Prix fahren, und das nicht nur aus patriotischen Gründen. Als realistisch würde ich es aus heutiger Sicht nicht bezeichnen.

Der Fall Danica Patrick

Noch weit hergeholter: Wenn Haas Racing 2015 in der Formel 1 debütierte, dann würde ein Cockpit an Danica Patrick (31) gehen – das jedenfalls finde ich auf dem dankbaren Nährboden der übelsten Gerüchtewucherungen, dem Internet. Für meinen Geschmack ist das eine Prise zuviel Möglichkeitsform.

Danica Patrick in der Formel 1, das wäre für Marketing-Spezialisten ein feuchter Traum, aber wieviele Rundstreckenrennen genau hat Frau Patrick während ihrer US-Karriere denn gewonnen?

Aussicht: Ich fürchte, Frau Patrick würde sich bis auf die Knochen blamieren (vielleicht hat sie auch deshalb vor Jahren einen Test mit Honda abgelehnt), und damit würde man dem Thema «mehr Frauen-Power in der Formel 1» einen Bärendienst erweisen.

Fazit: Eine Frau in der Formel 1 – ich sage: prima, her damit, längst überfällig! Aber bitte keine Quotenfrau, sondern eine Pilotin, die sich den Platz genau so verdient wie ein männlicher Kollege. Und dann bitte genügend Tests, damit sich eine solche Fahrerin auch wirklich beweisen kann. Sollte das nächste Experiment mit einer Formel-1-Dame verpatzt werden, melden sich bestimmt wieder Ewiggestrige, die sich im Urteil bestärkt sehen, dass eine Frau halt grundsätzlich nicht das Zeug dazu habe, Formel 1 zu fahren.

Und das halte ich für falsch.

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