Die Formel 1 muss noch lernen
Kolumne von Mathias Brunner
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Ferrari-Renningenieur Chris Dyer: Ob die Welt mithört?
Die Sparmassnahmen in der Formel 1 sind der richtige Ansatz, um die grösste Geldvernichtungsmaschine der Welt endlich auf ein erträgliches Mass zu schrumpfen.
Aber einen wichtigen Teil berücksichtigen die umfassenden Massnahmen zu wenig – den Fan.
Mit ein, zwei simplen Massnahmen liesse sich der GP-Sport wieder volksnaher und sympathischer gestalten.
Die FIA müsste einführen, was in anderen Serien längst zum Alltag gehört: fixe Autogrammstunden, und zwar aller Fahrer. Wenn das Fahrerlager besser bewacht ist als Fort Knox, dann müssen die Piloten eben zu den Fans raus. Jeder GP-Besucher erhielte in einer idealen Welt einen Stundenplan, auf dem ersichtlich ist (auf dem Plan, nicht auf dem GP-Besucher) – um 18.00 Uhr kritzeln Räikkönen und Massa beim Shell-Zelt Unterschriften. Bislang sind solche Einsätze nur von wenigen Autoherstellern oder von GP-Organisatoren gefördert worden. Als Fan würde ich mir aber gerne die Tinte aller Fahrer abholen.
Bislang konnten die GP-Rennställe selber steuern, wann ihre Boxengespräche live geschaltet werden. Also war selten Kontroverses zu hören. Die FIA will nun selber entscheiden, was zu hören ist, aber auch das klingt mir noch zu sehr nach Steuerung. Mir wäre am liebsten, was den Teamchefs sofort Magengrimmen erzeugen wird – dass nämlich die Fans (NASCAR lässt grüssen) einen Scanner mitbringen dürfen und am Eingang zur Rennstrecke eine Liste mit den Frequenzen aller Rennställe ausgehändigt erhalten. Dann kann der GP-Besucher selber entscheiden, ob er ein Training lang bei Ferrari reinhören will oder sich bei verschiedenen Gesprächen einklinkt.
Das Argument der Teams, die anderen könnten mithören, ist lachhaft: Was nützt es den BMW-Sauber-Ingenieuren, wenn sie von Felipe Massa hören, dass er Untersteuern in schnellen Ecken hat? Macht das vielleicht den Wagen von Nick Heidfeld schneller?
Zur Mittagszeit vor dem Barcelona-GP 2008 stiefelte ich unter der Haupttribüne des «Circuit de Catalunya» hindurch, um mir ein Sandwich kaufen zu gehen, in der Art von Salami oder Käse (mein verschwenderisches Abendmahl, während ich die Rennanalye schreiben würde). Ich war über das spärliche Angebot an den noch spärlicheren Ständen erschüttert. Wie schwierig kann es sein, den Fans etwas Einfaches, aber Leckeres anzubieten und nicht nur vor Öl Triefendes, Undefinierbares, Krebsförderndes? Und nichts gegen ein kühles Blondes, aber es gibt auch Rennbesucher, die gerne anderes trinken würden als Bier und Cola. Auch hier – ein jämmerliches Angebot.
Wer isst und trinkt, muss dann früher oder später mal zur Toilette. Ich will gar nicht wiedergeben, was ich dort schon alles gesehen und gerochen habe.