Singapur-GP: Probleme, Schrott und ein Ferrari-Sieg

Von Vanessa Georgoulas
Sebastian Vettel verteidigte beim Start die Führung – und legte damit den Grundstein für seinen Erfolg

Sebastian Vettel verteidigte beim Start die Führung – und legte damit den Grundstein für seinen Erfolg

Der Singapur-GP bot trotz überschaubarer Überholmöglichkeiten einiges an Unterhaltung: Crashs, Ausfälle und verpatzte Boxenstopps prägten das Rennen, das Ferrari-Star Sebastian Vettel für sich entschied.

Der erste Schock kam für Nico Rosberg schon vor der Fahrt zur Startaufstellung. Denn kaum hatte der Silberpfeil-Pilot die Box verlassen, stand er am Ende der Boxengasse schon wieder. «Mein Motor hat abgestellt», erklärte der Deutsche trocken, und die Mercedes-Mechaniker eilten herbei, um ihm zu helfen.

Nachdem auch der nächste Versuch, die Boxengasse zu verlassen, misslang, gestand er: «Der Motor ist wieder aus, das war aber mein Fehler.» Beim dritten Aus hiess es dann: «Okay, ich habe jetzt die Startprozedur genau befolgt und der Motor ist trotzdem aus.»

Als es der Deutsche schliesslich auf die Startaufstellung geschafft hatte, wurde weiter hektisch am Silberpfeil des Blondschopfs geschraubt. Mercedes F1-Aufsichtsratschef Niki Lauda beruhigte aber: «Wir haben alles im Griff, das war ein Software-Problem, aber wir haben das Problem aus der Welt geschafft.»

Wir erinnern uns: Schon vor einem Jahr hatte Rosberg technische Probleme beim Start, liess das Lenkrad auswechseln und musste am Ende aus der Boxengasse ins Rennen gehen – das er wegen technischen Problemen nicht beenden konnte. Erst Tage später wurde klar: Putzmittel-Rückstände auf der Lenksäule hatten einen Elektronik-Defekt ausgelöst.

Bittere Pille für Max Verstappen

Diesmal kam Rosberg gut weg, und konnte sich in der ersten Runde auch gegen die Angriffe des hinter ihm lauernden Williams-Piloten Valtteri Bottas wehren. Weniger Glück hatte Max Verstappen, der auf der Startaufstellung stehen blieb. Der Teenager wurde zur Boxengasse zurückgeschoben, und nahm das Rennen von dort aus noch einmal – bereits mit einer Runde Rückstand – in Angriff.

Auch nach fünf Minuten hatte sich auf den ersten zehn Positionen noch nichts verändert. Wie schon nach der ersten Kurve führte Pole-Setter Sebastian Vettel das Feld vor Red Bull Racing-Pilot Daniel Ricciardo, seinem Ferrari-Teamkollegen Kimi Räikkönen, Red Bull Racing-Fahrer Daniil Kvyat, den beiden Silberpfeil-Piloten Lewis Hamilton und Nico Rosberg, dem Williams-Duo Valtteri Bottas und Felipe Massa sowie den beiden Force India-Fahrern Nico Hülkenberg und Sergio Pérez an.

Auf den weiteren Positionen hatten sich McLaren-Honda-Hoffnungsträger Fernando Alonso, Toro Rosso-Neuling Carlos Sainz, Lotus-Fahrer Romain Grosjean, das Sauber-Duo Felipe Nasr und Marcus Ericsson, Jenson Button im zweiten McLaren-Honda, Lotus-Fahrer Pastor Maldonado, die Manor-Neulinge Alexander Rossi und Will Stevens sowie Verstappen ein.

Frühes Aus für Nico Hülkenberg

Der Erste, der sich an die Box getraute, war Grosjean. Der Genfer bog schon in der zehnten Runde ab, um sich mit einem sogenannten Undercut-Trick strategisch an den vor ihm fahrenden Piloten Sainz und Alonso vorbeizuschieben.

Weil der Wechsel von den extra-weichen auf die weichen Reifen nicht reibungslos verlief, musste sich Grosjean 3,9 Sekunden gedulden, bis er wieder losfahren konnte. Trotzdem kam der Lotus-Pilot an Alonso vorbei, weil auch der McLaren-Honda-Pilot viel Zeit in der Box verlor, da er nach dem Reifenwechsel warten musste, bis die Boxengasse wieder frei war. Alonso kam direkt vor Grosjean wieder auf die Strecke, musste sich aber gegen den Mercedes-befeuerten Konkurrenten, der auf aufgewärmten Reifen in der siebten Kurve angriff, geschlagen geben.

Für Action sorgte Hülkenberg zwei Umläufe später: In der 13. Runde überzahl der Force India-Fahrer den Williams von Massa, der gerade die Boxengasse verliess. In der ersten Kurve krachte es und für den Deutschen war das Rennen damit gelaufen. Ex-GP-Pilot und Sky Sports F1-Experte Martin Brundle vermutete: «Hülkenberg hat Massa wahrscheinlich gar nicht gesehen, er hat in der ersten Kurve einfach nicht in den Rückspiegel geschaut.»

Die Rennkommissare kündigten trotzdem an, sich diesen Unfall genauer anzuschauen, und brauchten auch gar nicht lange, um den Schuldigen zu ermitteln: Sie brummten Hülkenberg eine Strafversetzung um drei Startplätze für den nächsten GP in Japan auf, weil er den Unfall ihrer Ansicht nach verursacht hatte.

Der Deutsche bewertete die Szene etwas anders und erklärte gleich nach dem Rennen vor laufender Kamera: «Das ist ziemlich frustrierend, denn das Rennen verlief bis zu diesem Zeitpunkt sehr vielversprechend. Was hätte ich denn machen sollen? Ich war auf der Racing-Linie und vorne, Massa kam aus der Box und wusste, dass ich einlenken würde. Ich habe ihn schon gesehen, aber ich wusste ja, dass ich vorne war. Ich verstehe auch nicht, warum die Rennkommissare die Strafe gleich ausgesprochen haben, ohne uns Beiden anzuhören.»

Lewis Hamilton gibt auf!

Die Rennleitung entschied, erst das virtuelle Safety-Car einzusetzen, bevor in Runde 16 das «echte» Safety-Car auf die Strecke gelassen wurde. Damit bleibt die Wahrscheinlichkeit für eine Safety-Car-Phase in Singapur bei 100 Prozent. Die Formel-1-Stars, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht an der Box gewesen waren, nutzten die Chance zum Reifenwechsel während der Schleichfahrt. Auch Verstappen durfte sich freuen: Der Toro Rosso-Neuling durfte sich zurückrunden.

Nach Runde 18 durften die Piloten wieder Gas geben – und Sainz, der beim Re-Start einige Positionen einbüsste, weil die Elektronik spukte, arbeitete sich wieder auf Position 16 vor. Auch Massa bekundete Probleme mit der Elektro-Power und unternahm zur Verwunderung aller Formel-1-Experten an der Strecke eine freiwillige Fahrt durch die Boxengasse. Eine Runde später musste er sein Auto an der Box abstellen.

Technische Probleme bekundete auch Hamilton, der in Runde 27 einen ungewöhnlichen Power-Verlust meldete und schnell zurückfiel. Der Weltmeister war in dieser Runde denn auch 40 km/h langsamer als sein Teamkollege unterwegs. Hamilton und Mercedes versuchten alles, um im Rennen zu bleiben, doch in Runde 34 musste er schliesslich die Segel streichen.

Fernando Alonso: Feierabend in Runde 34

Auch Alonso sah die schwarz-weiss karierte Zielflagge nicht mehr. Der Weltmeister von 2005 und 2006 stellte seinen McLaren in Runde 34 in der Box ab. Die Ingenieure aus Woking nannten einen Getriebedefekt als Ursache für den Ausfall.

In Runde 37 kam das Safety-Car erneut auf die Strecke. Der Grund: Vettel meldete eine Person auf der Strecke! Viele Formel-1-Stars – darunter auch Vettel – nutzten die Chance für einen weiteren Boxenstopp. Der Heppenheimer beschwerte sich kurz darauf: «Könnt ihr dem Safety-Car nicht sagen, es soll einen Zahn zulegen?» Die Antwort des Teams: «Wir versuchen es.»

Kaum war das Rennen wieder freigegeben, gab es für McLaren die nächste bittere Pille zu schlucken: Jenson Button rasselte dem vor ihm fahrenden Maldonado ins Heck und musste erneut die Box ansteuern. Auch bei diesem Zwischenfall kündigten die Regelhüter eine Untersuchung an, diesmal verzichteten sie aber auf eine Strafe.

Für Button war das Rennen kurz darauf dennoch gelaufen. Der Brite wurde von seinem Team über Boxenfunk angewiesen, seinen Renner an der Box abzustellen, weil die Wahrscheinlichkeit eines Getriebeschadens bei einer Weiterfahrt einfach zu gross war. Damit musste der britische Traditionsrennstall schon zum vierten Mal in diesem Jahr einen Doppel-Ausfall hinnehmen.

42. GP-Sieg für Sebastian Vettel

In den Runden nach der zweiten Safety-Car-Phase sorgten die beiden Toro Rosso-Piloten Sainz und Verstappen mit starken Duellen und Überholmanövern gegen die Lotus-Fahrer Grosjean und Maldonado für Unterhaltung. Am Ende setzten sich die Formel-1-Neulinge in den Rennern aus Faenza durch.

Auch das Sauber-Duo arbeitete sich im Doppelpack nach vorne und schnappte sich einige Runden später den Rennfahrer aus Venezuela. Verstappen und Sainz lauerten unterdessen schon am Force-India-Heck von Pérez, der auf Position 7 fuhr. Am Mexikaner bissen sie sich jedoch die Zähne aus. Versuche der Team-Leitung, die Reihenfolge hinter dem Force India-Fahrer zu ändern, scheiterten am Veto von Verstappen.

Am Ende durfte Vettel seinen 42. GP-Sieg und seinen dritten Ferrari-Triumph feiern. Der Heppenheimer realisierte damit auch seinen vierten Sieg im Rennen von Singapur, das seit 2008 ausgetragen wird. Hinter dem vierfachen Champion sicherten sich Ricciardo und Räikkönen die restlichen Podest-Plätze.

Auch Rosberg, Bottas, Kvyat, Pérez, Verstappen, Sainz und Nasr fuhren auf den restlichen Top-Ten-Plätzen in die Punkte. Bemerkenswert: Damit fanden sich vier Renault-Piloten auf den ersten neun Rängen wieder. Ericsson, Maldonado, Grosjean, Rossi und Stevens gingen hingegen leer aus. Grosjean, der das Rennen in der letzten Runde in der Box beendete, wurde noch gewertet.

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