Morddrohungen wegen Alonso-Strafe

Tabu-Thema gebrochen: Fahrer über andere Fahrer

Von Mathias Brunner
Verleger und Autor Philip Porter hat mit Co-Autoren 31 der herausragendsten Racer überzeugt, ein Tabu zu brechen. Die Vollgas-Artisten reden offen über Rivalen, Stallgefährten und ihre Helden.

Rennfahrer sprechen in der Regel nicht gerne über Teamkollegen oder Gegner, denn schnell mal redet sich hier ein Pilot hier um Kopf und Kragen, gerade in der heutigen, dünnhäutigen Medienwelt, in welcher aus jeder Mücke ein Elefant gemacht wird. Aber Verleger Philip Porter fand es immer faszinierend, wenn ein Racer über einen anderen Racer spricht, denn diese Ausnahme-Athleten wissen genau, wie ihre Gegner ticken.

Also hat Porter einige der renommiertesten Journalisten und Buchautoren ins Boot geholt, um den Rennfahrern Verblüffendes zu entlocken. Langstrecken-Spezialist Mark Cole, F1-Kommentator Ben Edwards, ITV-Mitarbeiterin Louise Goodman, Reporterlegende Simon Taylor, mein langjähriger Journalistenkollege David Tremayne und Buchpreis-Gewinner Ian Wagstaff sind eine durchs Band hochkarätige Truppe, und ihr Werk ist von der ersten bis zur letzten Seite ein toller Wurf.

Entstanden sind 31 Interviews mit Renn- und Rallye-Assen aus allen Jahrzehnten von den 1950er Jahren bis heute. Die Liste der Interview-Partner liest sich wie ein «Who is Who?» des Motorsports: Mario Andretti und Emerson Fittipaldi, Mika Häkkinen und Lewis Hamilton, Derek Bell und Mark Webber, Jackie Stewart und Tony Brooks und Stirling Moss, in einem seiner letzten Interviews. Wir lesen gebannt Geschichten von acht Formel-1-Weltmeistern, neun Le-Mans-Siegern und 13 GP-Siegern.

Hier einige Appetithappen.

Sir Jackie Stewart über den legendären Lotus-Chef Colin Chapman: «Seine Autos waren fragil, mit Teilen, die ich jetzt nicht unbedingt als robust bezeichnen würde. Jim Clark hatte nur deshalb so wenige Unfälle, weil er einen so schonenden Fahrstil pflegte.»

Emerson Fittpaldi: «Für mich waren immer jene Fahrer die besten, die sich über Unzulänglichkeiten ihrer Autos hinwegsetzen und eben allem zum Trotz gewinnen konnten.»

Gerhard Berger über Ayrton Senna: «Er hatte bei McLaren alles im Griff. Wenn du aus dem Auto gestiegen bist, so hatte er bereits eine bessere Abstimmung erarbeitet. Er hatte sich den besseren Motor gesichert. Und wenn du mit der Presse gesprochen hast, dann hatte er das auch bereits erledigt.»

Derek Warwick über den legendären Formel-1-Fahrerstreik: «Wir hatten ein richtiges Matratzenlager, wie Teenager auf Klassenfahrt. Du bist am Boden gelegen neben Grand-Prix-Stars wie Niki Lauda oder Carlos Reutemann oder Gilles Villeneuve – es war unglaublich.»

Derek Warwick über Ayrton Senna: «Sagen wir, du warst schon im Raum, wenn die Fahrerbesprechung beginnen sollte. Wenn Prost oder Mansell hereingekommen sind, dann hast du dich kaum nach ihnen umgedreht. Aber wenn Ayrton den Raum betrat, dann lag sofort eine ganz andere Elektrizität in der Luft. Er sah aus, als könnte er über Wasser gehen, er war so komplett anders als alle Anderen.»

Tim Parnell über Graham Hill: «Einmal hat Graham Hill eine Rede an der Londoner Wirtschaftsschule gehalten, und einer der Zuhörer hatte die Eier, diese Frage zu stellen: ‘Sprechen Sie mit ihrer Frau, wenn Sie Sex haben?’ Kollektiver Schock im Saal, betretenes Schweigen. Aber Graham hat nicht mit der Wimper gezuckt und zur Antwort gegeben: ‘Das hängt davon ab, ob ein Telefon in der Nähe steht.’» Die Leute lagen vor Lachen unter den Stühlen.»

Lewis Hamilton über seine Stallgefährten: «Was puren Speed angeht, würde ich sagen – keiner war besser als Fernando Alonso.»

Martin Brundle über zwei der Grössten: «Der innere Antrieb von Ayrton Senna sass im Herzen, der innere Antrieb von Michael Schumacher hingegen im Kopf.»

Damon Hill über das Thema Mut: «Wir reden hier von Vollblut-Racern, da besteht grundsätzlich ein sehr hohes Niveau an Entschlossenheit und Draufgängertum. Fernando Alonso ist für mich ein sehr kühner Fahrer. Aber der mutigste von allen ist für mich immer Nigel Mansell gewesen, er hatte ein unfassbar grosses Vertrauen in seine Fähigkeiten und hielt sich de facto für unzerstörbar.»

«Drivers on Drivers» wird jeden Motorsportfreund fesseln. Und wer dieses Buch kauft, engagiert sich überdies für den guten Zweck: Ein Teil der Einnahmen fliesst in die Stiftung «Hope for Tomorrow», welche sich um Menschen kümmert, welche von der Geissel Krebs getroffen worden sind.

Das Wichtigste in Kürze

Philip Porter (und Andere): Drivers on Drivers – Motorsport greats on their rivals, teammates and heroes
Aus dem Verlag Porter Press
ISBN: 978-1-913089-25-2
144 Seiten, mehr als 110 Fotos
Text in englischer Sprache
Format 24 x 28 cm
Für rund 35 Euro im Fachhandel oder direkt bei Porter Press

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