Jo Siffert 50 Jahre tot: Ein Buch als Denkmal

Von Mathias Brunner
Am 24. Oktober 1971 kam der Schweizer Jo Siffert in Brands Hatch ums Leben. Das ganze Jahr 2021 wird seiner gedacht. Jean-Marie Wyder hat ihm zu Ehren ein neues Buch verfasst, ein würdiges Denkmal.

Hin und wieder kommen neue Bücher auf den Markt, die neue Massstäbe setzen. Die beiden Bände von «Schweizer Fahrer in der F1» sind solche Bücher. Schwerpunkt von Band 1 aus dem Jahre 2018 war Joseph «Jo» Siffert. Siffert, der Mann, der sich aus einfachsten Verhältnissen an die Weltspitze arbeitete, der Lumpen sammelte und Papier, der auf Schiessständen Patronenhülsen zusammenklaubte und dann kiloweise verkaufte, der von einer internationalen Karriere als Rennfahrer träumte. Monza und Monaco und Le Mans schienen so weit weg zu sein wie der Mond.

Aus diesem Mann wurde ein anderer Jo Siffert, Star-Fahrer von Porsche, GP-Sieger mit Lotus und BRM, jener Rennfahrer, der für Hollywood-Star Steve McQueen zum Vorbild seiner Rolle als Michael Delayney in «Le Mans» wurde.

Am 24. Oktober 2021 werden es exakt 50 Jahre her sein, dass die Motorsportgemeinde um Jo Siffert trauerte, verstoben bei einem nicht zur WM zählenden Formel-1-Lauf in Brands Hatch, auf jener Rennstrecke, wo Siffert drei Jahre zuvor seinen ersten Grand-Prix-Triumph gefeiert hatte.

Das ganze Jahr 2021 über sind für Siffert zahlreiche Gedenkveranstaltungen ganz unterschiedlicher Art geplant, den jüngsten Stand finden Sie jeweils auf www.josiffert.ch

Autor Jean-Marie Wyder hatte schon lange seine eigene Gedenkveranstaltung geplant, ein Buch sollte es werden über Jo Siffert, ein ganz besonderes Buch. Und das ist Wyder wahrlich meisterhaft gelungen.

Wir tauchen ein in einer andere Ära, in eine Epoche, in welcher Fahrer wie Siffert nicht nur im Grand-Prix-Sport antraten, sondern fast an jedem Wochenende im Einsatz standen: Formel 1, CanAm, Formel 2, Sportwagen-WM, Siffert war mit allem schnell, was Rennräder hatte ¬– von bescheidenen Anfängen als Schmiermaxe im Seitenwagen bis zum Formel-1-Geschoss.

Die Formel 1 war kein Milliardengeschäft wie heute, daher konnten die Fahrer viel besser mit den Fans auf Tuchfühlung gehen, und Siffert war in der Schweiz nichts weniger als ein Volksheld. (Nicht nur die) Schweizer bewunderten, wie es ihr Landsmann aus dem Nichts zum Welt-Star gebracht hatte. Aber Siffert vergass nie, woher er kam. Er wurde zu einem wunderbaren Botschafter des Sports und für die Schweiz – angefangen mit dem stolzen weissen Kreuz auf dem roten Helm, den jedes Kind kannte.

Was in der Neuzeit Roger Federer für die Schweiz ist, das war in den 60er und Anfang der 70er Jahre Jo Siffert. Wir begleiten den Fribourger rund um die Welt in jene 17 Ländern, in welchen er in den schnellsten Rennwagen um die Ecken pfiff. Es ist schwer zu sagen, was uns dabei mehr beeindruckt – die Fülle an Informationen, die Wyder vermittelt; oder die packenden Fotos in diesem überaus reich bebilderten Band.

Durch diese Reise um den Globus werden die Rahmen und Zwänge von Chronologie oder Serienzugehörigkeit gesprengt, auf wenigen Seiten treffen wir Siffert mal in Formel-1-Renner an, dann im eleganten Langstreckenauto von Porsche oder bei einem Rennen mit dem wunderbaren grossvolumigen CanAm-Autos.

Das Buch wird ergänzt durch Berichte von Wegbegleitern wie Jacques Deschenaux, José Rosinski oder Sue Lehmann. Jos Sohn Philippe Siffert öffnete grosszügig das Familien-Fotoarchiv. Das Buch wird abgerundet von Hinweisen auf Filme und weitere Bücher über den Rennfahrer. Schöne Fussnote: Den Original-Text von Wyder ins Englische übersetzt hat der langjährige Formel-1-Berichterstatter Eric Silberman, der am 24. Oktober 1971 in Brands Hatch als Streckenposten im Einsatz stand.

«Il s’appelait Siffert, Jo Siffert – His name was Siffert, Jo Siffert» ist ein süsser Widerspruch: Einerseits will ein Leser das Buch ungern zur Seite legen, um sich um Anderes zu kümmern, einfach weil er sich so wundervoll in Geschichten und Orte verlieren kann; andererseits erlaubt es das Format nach Ländern und Einsätzen, jederzeit einen Boxenstopp machen zu können – um später mit umso mehr Freude weiterzulesen.

Anfang Juli 2021 wäre Siffert 85 Jahre alt geworden. Das Schweizer Fernsehen berichtete in einem ausführlichen Beitrag über das Leben des erfolgreichen Rennfahrers und klugen Geschäftsmannes. Vielleicht ist dies das schönste Vermächtnis von Jo Siffert – so intensiv zu leben, dass ihn die Menschen bis heute nicht vergessen haben.

Das Wichtigste in Kürze

Jean-Marie Wyder: Il s’appelait Siffert, Jo Siffert. His Name was Siffert, Jo Siffert
Turbo Éditions, Les Bayards (CH)
ISBN: 978-2-8399-3057-4
Format 27,5 x 23 cm
432 Seiten, 610 Fotos
Texte zweisprachig: Deutsch und Englisch
Für 111 Schweizer Franken (+ Verpackung und Porto 11 Franken)
Im Fachhandel oder direkt bei www.lespilotessuissesdef1.ch

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