Polaris verkauft Indian an Beteiligungsgesellschaft
Polaris begründet den Verkauf emotionslos mit der Fokussierung auf die Sparten ATV, Snowmobile, Wasserfahrzeuge und das Dreirad Slingshot. Im Jahr 2024/25 verdiente Indian Motorcycle 478 Mio. $, das entspricht rund 7 % der Gesamteinnahmen des Polaris-Konzerns.
Mit dem Verkauf der Anteilsmehrheit an die Beteiligungsgesellschaft Carolwood wird aus Indian eine alleinstehende Motorradmarke, die sich ausschliesslich auf den Motorradsektor konzentrieren kann. Polaris wird eine kleinere Beteiligung an Indian behalten.
Carolwood investiert nach eigenen Angaben in starke Marken mit langjähriger Tradition, deren Personal aus aussergewöhnlichen Leuten besteht. Das sei bei Indian gegeben. Indian soll denn auch zur wichtigsten Marke im Beteiligungs-Portfolio von Carolwood aufgebaut werden. Carolwood wurde 2014 mit Sitz in Los Angeles gegründet von Adam Rubin und Andrew Shanfield und hat bislang investiert in Imobilien, Restaurants und weitere Beteiligungen.
Carolwood will «die meisten» der 900 Angestellten von Indian Motorcycle übernehmen. Ebenso gehen mit der Übernahme die Indian-Fabriken in Spirit Lake (Iowa) und Monticello (Minnesota) wie auch das Entwicklungszentrum in Burgdorf (Schweiz) in den Besitz von Carolwood über.
Carolwood kündigt an, dass der Prozess der Herauslösung aus dem Polaris-Konzern und die Positionierung von Indian Motorcycle als eigenständiger Motorradhersteller bis Anfang 2026 dauern werde. Das Tagesgeschäft mit den 600 Händlern und Kunden soll in dieser Zeit ohne Unterbrechungen reibungslos weiterlaufen.
Mike Dougherty, Präsident von Polaris On Road, geht nach abgeschlossenem Besitzerwechsel Anfang 2026 in Pension. Neuer CEO von Indian Motorcycle wird Mike Kennedy, der während 26 Jahren Führungspositionen bei Harley-Davidson, Indians grösstem Konkurrenten, innehatte.
Im Heimmarkt buhlen Harley und Indian um in etwa die gleichen Kunden, wobei Harley mit 95.000 verkauften Motorrädern (2024 in den USA) weiterhin klar vor Indian rangiert (2024 25.000 Stück verkauft). Jedoch konnte Indian seinen Marktanteil seit der Lancierung der Marke stetig steigern.
Das Geschäftsmodell von Beteiligungsgesellschaften (Private Equity) wie Carolwood besteht darin, vom Markt unterbewertete, aber vielversprechende, nicht börsenkotierte Marken oder Firmen aufzukaufen, diese im Markt besser zu positionieren und sie danach mit Gewinn wieder zu verkaufen.
Prominentes Beispiel für solche Geschäfte in der Motorradszene ist Ducati. Der italienische Hersteller wurde 1996 von der Texas Pacific Group (TPG) gekauft, dann an Investindustrial Holdings weitergereicht, bevor die Volkswagen Gruppe 2012 Ducati übernahm. Entgegen dem schlechten Ruf solcher Finanzgesellschaften: Ohne die Übernahme durch TPG wäre Ducati heute ein Nischenhersteller oder würde nicht mehr existieren.
Noch ein paar Hintergründe: Polaris stieg 1997 ins Motorradgeschäft ein, damals mit der neu kreierten Eigenmarke Victory. 2011 erwarb Polaris die Markenrechte an Indian, baute in der Folge fast baugleiche Motorräder der Marken Victory und Indian, bis Polaris kurz vor Weihnachten 2016 überraschend die Einstellung der Marke Victory bekannt gab.
Indian ist der älteste noch existierende Motorradhersteller der USA. Indian brachte sein erstes Motorrad 1901 auf den Markt, zwei Jahre früher als Harley. Somit feiert Indian nächstes Jahr das 125-jährige Bestehen. Nach dem zweiten Weltkrieg gelang es Indian nicht, sich wieder auf dem zivilen Markt zu etablieren.
Nach etlichen Fehlentscheiden stellte Indian 1953 die Produktion ein. Das Label Indian wurde danach auf Scooter und Motorräder von Royal Enfield draufgeklebt, die Markenrechte wurden mehrmals weiterverkauft, alle Versuche scheiterten, die Marke wiederzubeleben, bis Polaris 2011 die Markenrechte an Indian erwarb.