Triumph im Rennsport: Nach 117 Jahren erster GP-Sieg?

Von Günther Wiesinger
Triumph existiert seit 1902 und hat noch nie einen GP-Sieg errungen. Jetzt wird mit einem Deal als Lieferant der Moto2-Einheitsmotoren nach 2018 gerechnet. Ein neuer 765-ccm-Dreizylinder dient als moderne Basis.

Die Motorrad-GP-Welt ist gespannt, wann die Dorna und Partner Triumph das Agreement für den Bau und die Lieferung der Moto2-Einheitsmotoren für die drei Jahre 2019, 2020 und 2021 verkünden werden.

Ursprünglich sollte das von SPEEDWEEK.com bereits am 1. September 2016 gelüftete Geheimnis beim Katar-GP offiziell verlautbart werden. Aber vielleicht lässt sich Triumph jetzt nach den jüngsten Berichten früher zu einer Stellungnahme hinreißen.

Bisher herrscht höchste Geheimhaltungsstufe. «Wir haben bisher von offizieller Seite überhaupt nichts zu diesem Thema gehört», versichert Kalex-Geschäftsführer Alex Baumgärtel, dessen Firma in Valencia den 70. Moto2-GP-Sieg gefeiert hat.

Triumph gehört zwar zu den ältesten Motorradfirmen auf der Welt. Aber in der Mittelgewichts-WM-Klasse ist Triumph nie in Erscheinung getreten. In der Königsklasse (500 ccm) halten sich die Triumph-Erfolge auch in bescheidenen Grenzen – es kam 1969 ein Podestplatz zustande.

In der Konstrukteurs-WM finden wir Triumph in den Jahren 1949 mit fünf Punkten auf Platz 6, 1950 mit einem Punkt an fünfter Stelle, dann erst wieder 1968 mit drei Punkten an neunter Position, 1969 mit zwölf Punkten auf dem elften WM-Rang der Marken-WM.

Ja, unglaublich, wie viele Marken sich 1969 in der 500er-WM tummelten – viele davon waren kleine Bastler. MV Agusta gewann die WM damals mit Giacomo Agostini vor dem Schweizer Gyula Marsovszky auf Linto, Norton schaffte mit Godfrey Nash den dritten WM-Rang, dahinter platzierten sich noch Marken wie Paton, Metisse, Seeley und Aermacchi in den Top-Ten der Fahrerwertung. Auch Honda mischte mit: Privatfahrer Terry Dennehy aus Australien wurde WM-Zwölfter. Sogar Matchless, CZ und Bultaco waren für Punkte gut, und der legendäre Percy Tait steuerte seine Triumph auf den 18. WM-Rang.

Triumph erlebte einen Niedergang, als die Japaner auf den europäischen Markt drängten. Aber Triumph gilt als traditionsreiche Marke, die ersten motorisierten Krafträder von Triumph kamen auf den Markt, 46 Jahre bevor Honda Motorräder zu bauen begann, 38 Jahre vor Ducati, 50 Jahre vor Suzuki und 52 Jahre vor Yamaha.

Schulte und Bettmann: zwei deutsche Triumph-Gründer

Triumph wurde ursprünglich in Coventry von den deutschen Einwanderern Moritz Johann Schulte und Siegfried Bettmann (er wurde 1863 geboren und kam aus Nürnberg) gegründet. Bettmann wurde später sogar Bürgermeister der Stadt. Erst zu Beginn des Ersten Weltkriegs verlor er dieses Amt wieder.

Bettmann vertrieb zuerst Fahrräder und Nähmaschinen aus Deutschland unter den Markennamen Triumph, 1886 entstand daraus die Triumph Cycle Company. 1887 stieg Ing. Mauritz Johann Schulte aus Nürnberg ins Unternehmen als Partner ein. 1896 entstand daraus die New Triumph Co. Ltd.

1898 begann Bettmann mit der Produktion von Motorrädern. 1902 wurde das erste Motorrad produziert, es wurde von einem belgischen Minerva-Motor angetrieben und leistete ca. 3 PS. 

1903 wurden bereits mehr als 500 Motorräder verkauft. Die Triumph Cycle Company begann jetzt mit der Produktion von Motorrädern in der Fabrik in Deutschland. Die Motoren kamen von Minerva, Fafnir (Deutschland) und JAP (England). 1904 begann Triumph mit der Entwicklung eigener Motoren. 1907 entstand ein Einzylinder-Viertakt-Aggregat mit ca. 3,5 PS. Bis zum Jahresende 1907 wurden mehr als 250 Motorräder mit dem eigenen Motor ausgerüstet.

Gleichzeitig Jahr eroberten Triumph-Fahrer bei der Tourist Trophy auf der Insel Man 1907 die Plätze 2 und 3. 1908 gewann Jack Marshall die Tourist Trophy auf einer Triumph. Eine Weltmeisterschaft existierte damals noch nicht, sie begann erst 1949.

Es war der erste und letzte TT-Sieg für Triumph bis 1951, als Ken Arber die Clubman-Senior-Klasse gewann. Auch diese Klasse hatte keinen WM-Status.

«Trusty Triumph», lobten die Briten

Triumph stand von Anfang an für handfeste Qualität, die Briten sprachen von «Trusty Triumph», von der vertrauenswürdigen Triumph.

Triumph wurde in den 1980er-Jahren vom Immobilien-Tycoon John Bloor wiederbelebt. Er setzte bald verstärkt auf Dreizylinder-Motoren, die «Triple» blieben das Markenzeichen, man will sich von den Japanern, Ducati, BMW und KTM abheben.

Bloor kaufte den Markennamen 1980, zuerst kam die Dreizylinder-Trident auf die Markt, danach die Vierzylinder-Trophy.

Bei Triumph und anderen britischen Marken waren etliche Wiederbelebungsversuche gescheitert, deshalb trauten die eingefleischten Triumph-Anhänger auch Bloor keinen nachhaltigen Erfolg zu. Aber sie sollten sich irren.

1990 wurden die ersten Motorräder in Hinckley aus der Fabrikhalle gerollt. Die bullige Trophy 1200 wurde von den Kunden gut angenommen, die Testfahrer lobten sie.

In der Moto2-WM mit 750 ccm und 160 PS?

In der Moto2-WM 2019 soll Triumph mit 750-ccm-Deizylinder-Motoren aufkreuzen. Es ist damit zu rechnen, dass dazu die 765-ccm-Motoren als Basis dienen werden, man traut ihnen bis zu 160 PS zu. Die heutigen Honda-CBR600 RR-Motoren leisten 128 PS.

Das Timing passt perfekt zur Strategie von Triumph. Vor zehn Jahren wurde die Street Triple präsentiert, Facelifts haben wir 2012 und 2013 erlebt. Für 2017 wurden vor wenigen Tagen das attraktive Nachfolger-Modell präsentiert. Die Street Triple 765 RS bildet die Topversion, dazu werden die Modelle S und R angeboten. Die 765 RS ist das kräftigste, leichteste und schnellste Street Triple-Modell, das bisher auf den Markt kam; auch in punkto Elektronik hat sie einiges zu bieten.

Das Triebwerk wurde vom Daytona-Motor abgeleitet, liefert aber deutlich mehr Power (ein Plus von 15 %) und mehr Drehmoment (ein Plus von 13 %). Mehr als 80 neue Komponenten von den Pleueln über die Kolben bis zu extra-leichten Lagern und Nockenwellen werden verwendet, natürlich wurden auch Bohrung und Hub (neu: 78 x 53.4mm) vergrößert. Verdichtung: 12,65:1. Nur 10 Prozent der Teile stammen aus dem alten Street-Triple-Motor, 50 Prozent der Teile kennen wir aus der Daytona-Kraftquelle, trotzdem wiegt das neue Triebwerk 1,1 kg weniger als die 675-ccm-Version.

In der Standard-Version liefert die Street Triple 765 RS von Triumph 121 PS bei 11.700/min. In der Moto2-WM-Version sollen nach der ersten Entwicklungsphase 140 oder gar 150 bis 160 PS erreicht werden.

Während sich Honda rühmt, seit 2010 bei 1 Million Moto2-WM-Kilometern nur fünf Motorschäden erlebt zu haben, muss Triumph zuerst den Nachweis erbringen, ähnlich standfeste Motoren bauen zu können.

Triumph: Rennsport stand nicht im Vordergrund

Bisher hat Triumph in der GP-Weltmeisterschaft noch nie einen ernsthaften Angriff gestartet, nur die erwähnten 500-ccm-Erfolge stehen zu Buche.

Andere renommierte britische Marken wie EMC, AJS, Matchless, Norton, Velocette und zuletzt FTR haben GP-Siege errungen, Triumph hat sich nie ernsthaft an der Weltmeisterschaft beteiligt.

Sogar John Surtees klopfte bei Norton und Triumph in den 1950er-Jahren an die Türe, aber das Interesse am GP-Sport war gering bei den namhaften britischen Marken.

«Wir sind damals bei Triumph-Direktor Edward Turner vorstellig geworden», erinnert sich Surtees. «Aber er meinte, man könne sich den GP-Sport sparen, weil man ohnedies alle Motorräder an den Mann brachte, die erzeugt wurden.»

Surtees unterschrieb also bei MV Agusta – und gewann dort sieben WM-Titel.

Kollege Mat Oxley schreibt, den einzigen GP-Podestplätze in der Firmengeschichte habe Triumph einem Zufall zu verdanken. Mitte der 1960er-Jahre fragte Triumph beim berühmten Ingenieur Doug Hele an, ob er ein Sieger-Motorrad für das 200-Meilen-Rennen von Daytona bauen könne. Denn Triumph wollte die Verkaufszahlen in den USA pushen. Hele nahm den 500-ccm-Zweizylinder der T100 und tunte ihn so geschickt, dass Triumph das Daytona 200 in den Jahren 1966 und 1967 (im zweiten Jahr mit Gary Nixon) gegen die übermächtigen 750-ccm-Harley gewann. Triumph brachte dann ein Sondermodell der T100 namens Daytona heraus, diese Modellbezeichnung hat bis heute überlebt.

Und die Bezeichnung T100 geht auf die 1930er-Jahre zurück, als die T100 als erstes Motorrad aus dem Triumph-Werk 100 Meilen pro Stunde schaffte.

Trotz der Daytona-200-Erfolge blieb Triumph der 500er-WM werkseitig fern. Aber der Belgien-GP 1969 war für die Briten jenseits des Ärmelkanals immer rasch erreichbar, dort sorgten englische Rennfahrer oft für sporadische GP-Einsätze – auch in Assen.

1969 setzte Triumph den schnellen Percy Tait ins nahe Spa-Francorchamps in Marsch, er schaffte Percy Tait bei einem seltenen Ausflug in die GP-Szene einen Überraschungserfolg, es war quasi ein Betriebsunfall... Tait, eigentlich als Testfahrer für die Straßenmotorräder angestellt, eroberte auf einer von Hele getunten T100 den zweiten Rang. Tait lag sogar einige Runden vor dem späteren Sieger Giacomo Agostini, der ihn schließlich um 4 min 19 sec distanzierte – nach 183,3 km.

Tuner Doug Hele wurde unterschätzt

Leider wurde die Begabung von Ing. Doug Hele vom Triumph-Management nie richtig erkannt, auch von seinen anderen Auftraggebern bei Norton, BSA und Douglas nicht. Er entwarf für Norton eine desmodromische Ventilsteuerung, aber diese Ingenieurs-Leistungen wurden im konservativen England nicht ausreichend geschätzt und gewürdigt.

Der Rennsport stand für Triumph nie im Vordergrund. Aber die europäischen Kontrahenten wie Ducati, KTM (Ready to Race) und Aprilia schöpfen heute viel Renommee aus dem Rennsport, deshalb strebt auch Triumph ein sportliches Image an, die Moto2-WM soll als Image-Vehikel dienen.

Aus England ist sogar zu hören, dass Triumph so bald wie möglich eine Moto2-Replica auf dem Markt bringen will.

«Wenn Doug freie Hand und ein vernünftiges Budget bekommen hätte, wäre die britische Motorradindustrie nie zum Erliegen gekommen», sagte Paul Smart gegenüber motorsportmagazine.com.

Smart, der Barry Sheenes Schwester Maggie geheiratet hat und der in den 1960er-Jahren und frühen 1970er-Jahren für Triumph fuhr, ehe er 1972 für Ducati die 200 Meilen von Imola gewann, erinnert sich an die Problematik von Doug Hele. «Er hat neue Motoren entwickelt, aber die altersschwachen Vorstandsmitglieder der Hersteller, die beim Mittagessen über ihren Suppen einschliefen, haben alle Projekte abgelehnt. Sie sagten: Die 650er verkauft sich in den USA noch gut, es macht keinen Sinn, eine neue Produktionslinie zu eröffnen. Ich erinnere mich, wie deprimiert Doug oft gewesen ist.»

Wenn beim Saisonauftakt 2019 in Katar Triumph dank der Einheitsmotoren «powered by Triumph» den ersten GP-Sieg nach Hause fährt, werden 117 Jahre seit der Erzeugung des ersten Triumph-Motorrads vergangen sein.

In Mattighofen und Munderfing wird das Engagement von Triumph begrüßt. Denn KTM steigt 2017 mit einen eigenen Moto2-Werksteam in die WM ein: Und der Einbau von Motoren des Erzrivalen Honda entspricht nicht den idealen Wunschvorstellungen von Firmenchef Stefan Pierer und Motorsport-Direktor Pit Beirer. Zu stark ist die Rivalität in der Moto3-WM, in der Supercross-WM, bei der Dakar-Rallye und in anderen Rennserien.

Mit Triumph können die Österreicher besser leben. «Aber ich habe alle Kontrahenten lieb», lässt sich Pit Beirer mit einem Schmunzeln entocken.

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