Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Kiefer Racing: Crowdfunding-Aktion als letzte Rettung

Von Günther Wiesinger
Jochen Kiefer auf dem Startplatz in Brünn: Seit 30 Jahren im Rennsport

Jochen Kiefer auf dem Startplatz in Brünn: Seit 30 Jahren im Rennsport

Nach dem aufrüttelnden Jochen-Kiefer-Interview auf SPEEDWEEK.com rollte auf das deutsche Team heute eine Welle der Hilfsbereitschaft zu.

Das heute um 9 Uhr veröffentlichte Exklusiv-Interview mit dem leidgeprüften Teambesitzer Jochen Kiefer schlug hohe Wellen. Beim deutschen Teamchef stand das Telefon nicht mehr still. Viele Sympathisanten und Supporter boten Hilfe an. Der einhellige Tenor: Das erfolgreichste deutsche Racing Team der letzten 20 Jahre (zwei Titelgewinne mit Stefan Bradl 2011 und Danny Kent 2015), das sich mit der Förderung zahlreicher deutscher Talente einen Namen gemacht hat, darf trotz etlicher Rückschläge nicht von der WM-Bildfläche verschwinden.

Im Nu wurde eine Crowdfunding-Aktion gestartet. «Die Idee wäre, dass sich 30 Firmen finden, die je 10.000 Euro beisteuern und dafür eine Rechnung bekommen, damit sie den Betrag von der Steuer absetzen können», schilderte Jochen Kiefer am Samstagnachmittag gegenüber SPEEDWEEK.com.

Wenig später meldete Kiefer den ersten Erfolg. «Wir brauchen im Grunde jetzt nur noch 29 Firmen. Denn unser Sponsor Bitzel hat heute den bisher zugesagten Beitrag großzügig um 10.000 Euro erhöht», berichtete der Teambesitzer, von der Welle der Hilfsbereitschaft sichtlich beeindruckt.

Jochen Kiefer hatte die Dringlichkeit und vermeintliche Ausweglosigkeit seiner Situation im Interview klar umrissen. «Uns fehlen im 800.000-Euro-Gesamtbudget bisher noch 300.000 Euro. Es sind einige Geldgeber abgesprungen, bei anderen kamen die erhofften Zusagen nicht zustande», ergänzte Kiefer, der trotz der fast ausweglosen Situation wieder den üblichen Kampfgeist zeigt und sein ambitioniertes neues Projekt unbedingt retten will.

«Denn ich habe Lukas Tulovic versprochen, ihn drei Jahre zu unterstützen. Und bei Thomas Gradinger stehe ich auch in der Pflicht», ist sich Kiefer bewusst.

Interessierte Firmen und Supporter können sich per E-Mail melden bei:
jochenkiefer@icloud.com

«Wenn ich die fehlenden 300.000 Euro in zehn Tagen nicht beisammen habe, muss ich unsere Supersport-WM-Pläne stoppen», sprach Jochen Kiefer Samstagfrüh Klartext. «Dabei wollten wir Ende Januar in Jerez und dann in Portimão erstmals testen gehen.»

Kiefer wünscht sich auch eine Zusammenarbeit mit Superbike-WM-Veranstalter Oschersleben, wo Geschäftsführer Ralph Bohnhorst am 2. August die Rückkehr der SBK und SSP nach Deutschland inszeniert.

Jochen Kiefer verriet, dass er bereits einen Plan B ins Auge gefasst habe, als es vor ein paar Tagen noch besonders düster aussah.

Jochen, hättest du nicht das letztjährige Moto2-Material verkaufen und damit einen Teil der Supersport-Saison vorfinanzieren können?

Ich muss dieses Bikes wohl behalten. Ich kann sie nur angucken. Denn ich habe nur KTM-Material, und das ist nach dem Ausstieg des Werks quasi unverkäuflich. Die KTM-Motorräder mit den Triumph-Motoren, die ich besitze, kann man in keiner Meisterschaft einsetzen.

Sammler haben auch kein Interesse?

Ja, genau. Ich hatte vier Leute, die Interesse an diesen zwei Motorrädern hatten. Ich habe aus den Ersatzteilen ein zweites Motorrad aufgebaut, um zwei verkaufen zu können. Aber alle vier Interessenten sind abgesprungen.

Mit diesen Einnahmen wollte ich die erste Lieferung der R6-Yamaha bezahlen. Aber die Interessenten sind alle im Dezember abgesprungen. Ich hatte den Preis für ein komplett rennfertiges Motorrad mit 69.000 Euro angesetzt.

In Italien existiert die Rennserie «National Trophy». Da gibt es auch eine Moto2-Klasse.

Ja, aber da werden nur die alten Moto2-Maschinen mit den 600er-Motoren zugelassen, keine mit 765-ccm-Triumph-Motoren. Eventuell geht es in der BSB. In der Britischen Meisterschaft will man eventuell Moto2-Triumph in der Supersport-Klasse mitfahren lassen.

Dann besitzt du noch ältere Moto2-Maschinen mit den Honda-CBR600RR-Triebwerken. Was kosten die für einen Sammler?

Die will ich jetzt noch nicht verkaufen. Denn im Moment habe ich den Plan B, dass wir damit die Moto2-EM in Spanien fahren. Für diesen Zweck hätte ich auch noch Kalex aus dem Jahr 2016, das war unsere WM-Saison mit Sponsor Leopard und Kent und Oliveira. Wir überlegen uns, ob wir beim Plan B mit Kalex in die EM gehen oder mit den KTM von 2017 oder 2018.

Du hast einmal überlegt, 2020 junge Talente im neuen Northern Talent Cup einzusetzen.

Diese Serie ist nicht relevant. Was soll ich dort machen? Soviel ich weiß, muss man ein GP-Team haben, um dort mitmachen zu können.

Mit wie vielen Fahrern würdest du bei Plan B an der spanischen CEV-Moto2-EM teilnehmen? Wäre Tulovic dort Fixstarter?

Da müsste ich mal gucken. Ich kann mir vorstellen, dass ich dort sogar etwas für zwei oder drei Fahrer hinkriege, wenn wir die Supersport-WM nicht finanzieren können.

Der Schweizer Marcel Brenner dürfte sich dann auch Chancen ausrechnen?

Ich will mich da noch nicht auf Namen festlegen. Wenn Lukas Tulovic und Thomas Gradinger nichts anderes bekommen, würde ich sie als Erste mit einem Angebot für die Moto2-EM bedienen.

Kalender Supersport- und Superbike-WM 2020:

28.2.–01.3. Phillip Island/Australien*
13.3.–15.3 Doha/Katar*
27.3.–29.3. Jerez/Spanien
17.3–19.4. Assen/Niederlande
08.5.–10.5. Imola/Italien
22.5.–24.5. Aragòn/Spanien
12.6.–14.6. Misano/Italien
03.7.–5.7. Donington Park/England
31.7.–02.8. Oschersleben/Deutschland
04.9.–06.9. Portimão/Portugal
18.9.–20.9. Catalunya/Spanien
25.9.–27.9. Magny-Cours/Frankreich
09.10–11.10. San Juan/Argentinien*

* ohne Supersport-300-WM

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