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Kevin Schwantz: Was dem Nachwuchs heute fehlt

Von Nora Lantschner
Moto2-Ass Joe Roberts ist seit einer Pole-Position in Katar ein Lichtblick für die Amerikaner in der Motorrad-WM. Kevin Schwantz, 500er-Weltmeister von 1993, mit einem Erklärungsversuch für die lange Durststrecke.

Moto2-Pilot Joe Roberts aus dem American Racing Team sorgte im März in Doha für die erste Pole-Position eines US-Amerikaners in der Motorrad-WM seit zehn Jahren: 2010 fuhr Kenny Noyes im Moto2-Rennen von Le Mans vom ersten Startplatz los, im selben Jahr stand Ben Spies in Indianapolis in der MotoGP-Klasse auf der Pole. Spies war es auch, der 2011 in Assen den bisher letzten GP-Sieg für Amerika einfuhr. In der zweithöchsten Klasse der Motorrad-WM liegt der letzte Triumph noch weiter zurück: John Kocinski gewann 1990 in Australien und kürte sich im selben Jahr zum 250-ccm-Weltmeister.

Als Vierter verpasste Joe Roberts das Podest beim Saisonauftakt 2020 unter Flutlicht zwar knapp, trotzdem ist Ex-Weltmeister Kevin Schwantz überzeugt: «Er hat die Begeisterung für den Straßenrennsport hier in Amerika wieder geschürt. Ich glaube nicht, dass der Pool an amerikanischen Talenten weniger groß ist als zu der Zeit, als Rainey und ich oder Lawson und Spencer Rennen gefahren sind. Aber der Weg, die Kids dorthin zu bekommen», seufzte der inzwischen 55-jährige Texaner im offiziellen MotoGP-Podcast. «Es gibt hier nicht viel Unterstützungen von den Werken, aber ich weiß, dass Wayne Rainey unglaublich hart arbeitet, um diesen Factory-Support zurückzuholen.»

Einst haben die Amerikaner in der Königsklasse der Motorrad-WM nach Belieben dominiert – in den 16 Saisonen zwischen 1978 und 1993 gingen 13 WM-Titel in der «premier class» nach Amerika: Kenny Roberts gewann 1978, 1979 und 1980, dann Freddie Spencer 1983 und 1985; Eddie Lawson gewann die Titel 1984, 1986, 1988 (dreimal auf Yamaha), ehe er 1989 auf Rothmans-Honda zum vierten Mal triumphierte. Danach folgte die Ära mit Wayne Raineys Titelgewinnen 1990, 1991 und 1992, im Jahr 1993 gewann Kevin Schwantz auf Suzuki die 500-ccm-Weltmeisterschaft.

2000 triumphierte mit Kenny Roberts jr. wieder ein Amerikaner auf Suzuki in der 500er-WM. Danach gelang nur noch Nicky Hayden ein Titelgewinn, er setzte sich 2006 die MotoGP-Krone auf.

Die amerikanische Durststrecke sei aber nicht nur auf die fehlende Präsenz der Hersteller in Amerika zurückzuführen, erläuterte Schwantz anhand seiner eigenen Anfänge. «Als junger Kerl, als ich hier in Amerika gefahren bin und einer meinte: ‚Hey, willst du am Osterwochenende in England ein Bike bei den Match Races fahren?‘ Da dachte ich: ‚Bist du verrückt, klar will ich das.‘ Ich glaube, das ist das, was so vielen jungen Fahrern heute fehlt. Es geht mehr darum: ‚Was für ein Motorrad ist es? Welches Team?‘ Für mich spielte das keine Rolle. Ich konnte nach England und dort Motorradfahren. Ich bin dann das TT-Bike von Tony Rutter von 1985 bei den Match Races 1986 gefahren. Als ich zur Strecke kam, war die Schaltung am Motorrad auf der rechten Seite. Heron Suzuki und einige Jungs haben mir wirklich geholfen mit dem Bike… Naja, es war schnell, es war ziemlich Standard, was die Federelemente angeht, wir haben ein Federbein bekommen und zwei Räder.»

Der 500er-Weltmeister von 1993 rät dem Nachwuchs: Wenn sich die Möglichkeit bietet, auf internationalem Level zu fahren, sollte man nicht zögern. «Denn jeder weiß, dass die Teams schlau genug sind, um Talent zu erkennen, wenn sie es sehen. Wenn du ein Motorrad, das normalerweise auf Platz 15 der Startaufstellung steht, auf Platz 10 stellst, und es im Rennen, wo es normalerweise zwischen 10 und 15 zu finden ist, in die Top-10 schaffst, dann werden sie auf dich aufmerksam und denken: ‚Wow, der ist gut!‘.»

«Nicht jedes Mal, wenn du ein Rennen fährst, wirst du die Gelegenheit haben zu gewinnen», stellte Schwantz fest. Aber sein Beispiel bei den Anglo-American Match Races, dem Länderkampf zwischen Großbritannien und USA, zeige: «Ich bin dorthin, bin ein Bike gefahren, das ein gutes Bike war, wir gewannen, Barry Sheene sah mich, behielt mich zwei Wochen dort, setzte mich auf eine 500er und schickte mich zum ‚Race of The Year‘ [Mallory Park]. Ich hätte es fast gewonnen. Im nächsten Jahr stand mir die Welt offen. Weil ich eine Person getroffenen habe, während ich dort war, und eine anständige Performance auf einem Motorrad gezeigt habe, zu dem ich – wenn man es mir vorher gezeigt hätte – gesagt hätte: ‚Oh, damit muss ich wirklich fahren?‘»

Das Fazit des 25-fachen GP-Siegers: «Ich glaube, dass die Kids ein bisschen zu früh zu viel wollen und sagen: ‚Oh, in dem Fall werde ich einfach hier bleiben und in Amerika fahren.‘ Geht manchmal Risiko ein und fordert euch täglich selbst heraus!»

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