Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Zweifacher Weltmeister Jan De Vries (77) verstorben

Von Mario Furli und Günther Wiesinger
Traurige Nachrichten erreichen uns aus den Niederlanden: Der zweifache 50-ccm-Weltmeister und ehemalige Kreidler-Werksfahrer Jan De Vries ist im Alter von 77 Jahren nach einem Herzstillstand gestorben.

Jan De Vries gab sein WM-Debüt 1968 bei seinem Heim-GP in Assen, ab 1969 startete er für den deutschen Hersteller Kreidler permanent in der 50-ccm-Weltmeisterschaft. Den ersten Sieg feierte er 1970 beim Grand Prix der Nationen in Monza. Im selben Jahr trat er auch zum ersten und einzigen Mal in einem 125er-GP an, er landete in Assen mit einer MZ auf Rang 7.

Seine größten Erfolge feierte De Vries 1971 und 1973, als er seine zwei WM-Titel in der Klasse 50 ccm gewann. 1971 dominierte er mit fünf Siegen in neun Rennen. Weil zu der Zeit nur die fünf besten Ergebnisse gewertet wurden, gewann er auf Kreidler mit der maximalen Punkteausbeute von 75 Zählern. Damit schrieb er als erster niederländischer Titelträger in einer FIM-Road Racing-Weltmeisterschaft Geschichte.

1972 beendete De Vries die 50er-WM punktegleich mit Ángel Nieto. Weil bei beiden Kontrahenten jeweils drei Siege und drei zweite Plätze zu Buche standen, fiel die Titelentscheidung auf Basis der addierten Rennzeiten zugunsten des Spaniers. 21 Sekunden gaben den Ausschlag.

De Vries und der hitzköpfige Angel Nieto, der 13-fache Weltmeister und 90-malige GP-Sieger, waren erbitterte Gegner. Unvergesslich: Beim Imola-GP 1972 lieferten sich De Vries und Nieto (Derbi) einen erbarmungslosen Kampf um den Sieg. In der letzten Runde musste Nieto den überrundeten niederländischen Kreidler-Privatfahrer Jan Huberts überrunden, er verlor kostbare Zeit, verspielte den Sieg und dachte, das sei ein abgekartetes Spiel von Kreidler gewesen, Huberts habe sich absichtlich zurückfallen lassen, um De Vries Rückendeckung zu geben. Im Parc Fermé ging Nieto deshalb mit den Fäusten auf den niederländischen Widersacher De Vries los. Doch es gab damals keine TV-Kameras, die Attacke blieb ohne diszplinäre Folgen.

1973 gewann der leichtgewichtige Niederländer bei neun Grand Prix fünf Rennen und sicherte sich auf der Kreidler-Van-Veen seinen zweiten WM-Titel. Henk Van Veen, der niederländische Kreidler-Importeur, bildete das Werksteam für den deutschen Hersteller.

Bei Van Veen-Kreidler waren damals neben Jan De Vries auch viele andere starke Niederländer in der «Tiddler»-Klasse unter Vertrag. Zum Beispiel Jan Huberts, Cees van Dongen, Paul Lodewijkx, Jos Schurgers, Henk van Kessel und Aalt Toersen. Sogar der Brite Barry Sheene, 1976 und 1977 Weltmeister in der 500-ccm-Klasse, und der Schweizer Bruno Kneubühler traten in der hart umkämpften Schnapsglasklasse an.

Insgesamt feierte De Vries 14 Siege und 27 Podestplätze – allesamt in der als Schnapsglasklasse bezeichneten Kategorie. Das kam daher, dass die Kolben der 50 ccm-Einzylinder-Zweitakter die Größe eines Schnapsglases hatten. Wegen des schrillen Tons wurden sie aber auch Kreissägen genannt.

De Vries, der seine Karriere nach der Saison 1973 beendete, war selbst ein ausgezeichneter Tüftler und Techniker. Nach seinen Erfolgen als Rennfahrer fungierte er noch jahrelang erfolgreicher Tuner der Van-Veen-Kreidler-Rennmotoren. In dieser Funktion fand er sich während der 50-ccm-GP-Saison 1975 in einer ungewohnten Rolle. Jan tunte jetzt die Motoren für seinen ehemaligen Erzrivalen Ángel Nieto, der 1975 nach der Trennung von Derbi auf einer Van Veen-Kreidler die Weltmeisterschaft in der 50-ccm-Klasse gewann.

Mit Jan De Vries, der am 5. Januar 77 Jahre alt wurde und am 14. Januar (genau am Todestag seiner Frau Rommy) nach einem Herzstillstand verstorben ist, hat uns ein vorbildlicher Sportsmann und eine unvergessliche Persönlichkeit verlassen.

Unser Mitgefühl gilt seiner Familie und seinen Freunden. RIP.

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