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Peter Öttl über Max Biaggi: «Sage am liebsten nichts»

Von Günther Wiesinger
Der sechsfache Weltmeister Max Biaggi wollte seinen Partner Peter Öttl nach fünf Jahren als Teambesitzer ausbooten. Doch der Plan ging schief. Öttl rückt jetzt nach einigem Zögern gewisse Dinge zurecht.

Die beiden Teamteilhaber Peter Öttl (57) und Max Biaggi (51) haben sich in den ersten viereinhalb Jahren ihrer Zusammenarbeit auseinandergelebt. Es fällt sogar schwer, das Wort «zerstritten» zu vermeiden, denn die verbale Kommunikation fand im fünften Jahr offenbar nur noch in Notfällen statt. Rer Römer und der Bayer richteten sich gewisse Botschaften manchmal lieber über die Medien aus.

Fakt ist: Bei der Dutch-TT in Assen reichten beide Teamteilhaber zwei eigene, getrennte Anmeldungen für zwei Moto3-Plätze 2023 an. Danach wurde heftig diskutiert, wer der rechtmäßige Eigentümer der Teamplätze sei. Peter Öttl hatte das Team schon vier Jahre allein für seinen Sohn Philipp betrieben. Wegen dessen Aufstieg in die Moto2-Klasse einigten sich Biaggi (er bekam keine eigenen Plätze) und Öttl für 2019 auf eine neue Partnerschaft.

Biaggi hielt sich danach vom ersten Tag an für den neuen Teameigentümer, denn er brachte den Lkw in die Ehe ein, den Hauptsponsor Sterilgarda Foods, er bezahlte die Fahrer, die Mechaniker und so weiter.

Aber Peter Öttl hatte die erstklassige Connection zur Pierer-Gruppe, er unterschrieb jedes Jahr weiter die Verträge mit der IRTA und galt deshalb im Juni 2022 beim Selektions-Komitee (es besteht aus Funktionären von Dorna, IRTA und FIM) als langjähriger Vertragspartner, neue Teams werden nicht akzeptiert. Öttl plante seit dem Sachsenring-GP, das Moto3-Team für 2023 beim Liqui-Moly-Moto2-Rennstall aus Memmingen anzugliedern.

Inzwischen betonte Biaggi, er habe sich für die kommende Saison die Dienste von Titelanwärter und Husky-Werkspilot Sasaki gesichert.

Die kurze Versöhnung

Beim Silverstone-GP (6.8.) am Sonntagfrüh bat Biaggi seinen deutschen Partner zu einem Versöhnungsgespräch. Es wurde vereinbart, weiter gemeinsame Sache zu machen. Doch zwei Wochen später in Spielberg eskalierte der Streit neuerlich, Biaggi drohte sogar mit dem Zusperren des Teams am Tag nach dem Österreich-GP.

Der Scheidungskrieg erreichte inzwischen einen neuen Höhepunkt. Es wurden Rechtsanwälte konsultiert, und da Max Biaggi nachweisen konnte, dass er weitgehend die finanzielle Verantwortung für den Moto3-Rennstall trägt, wurde beim Misano-GP (4.9.) bei der Teamvereinigung IRTA noch einmal beratschlagt, ob nicht die Application von Max Biaggi berücksichtigt werden sollte.

Doch der sechsfache Weltmeister trat dann gegenüber den Spitzenfunktionären offenbar etwas ungeschickt auf.

Am Ende wurde Peter Öttl als Teameigentümer bestätigt. Er wird 2023 das Husky-Team mit Ayumu Sasaki und dem niederländischen Talent Colin Veijer bilden.

Im September wurde Biaggi dann von Seiten der IRTA und Dorna auch klar gemacht, dass es klare Verträge zur Teilnahme an allen WM-Läufen 2022 gibt, ein vorzeitiger Rückzug als ein Vertragsbruch mit heftigen Konsequenzen wäre.

«Für mich war irgendwie ziemlich klar, dass ich der Vertragspartner von IRTA und Dorna bin», stellte Peter Öttl jetzt im Interview mit SPEEDWEEK.com fest. «Aber ich will auf die Details gar nicht mehr eingehen.»

Denn der fünffache GP-Sieger (80 und 125 ccm) aus Ainring hatte von Dorna-Sportdirektor Carlos Ezpeleta und IRTA-CEO Mike Trimby bereits in Assen Ende Juni das klare Signal bekommen, dass er als rechtmäßiger Teambesitzer betrachtet werde.

Doch Max Biaggi hielt dagegen: «Die Verträge gelten immer nur für ein Jahr. Es gibt keine Garantie für eine Verlängerung.»

Aber es werden nur Teams entlassen, die das Budget für die kommende Saison nicht mehr stemmen können.

Diese Gefahr bestand bei Öttl wegen der geplanten Zusammenarbeit mit dem Liqui-Moly-Intact-Team nicht.

Peter Öttl wollte jedoch in den letzten Monaten nicht dauernd öffentlich zur schwierigen Situation Stellung nehmen. Er musste ja auch das Team operativ leiten und als persönlicher Manager seinen Sohn Phillip in der Superbike-WM betreuen – wie gestern in Portimão.

Peter Öttl: «Ich sage am liebsten nichts»

«Es ist für mich auf dieser Welt oft nicht ganz so wichtig, dass die Leute alles wissen», betont Öttl heute. «Deshalb sage ich am liebsten nichts.»

Aber wir kennen das Sprichwort: Zum Streiten gehören zwei.

Anderseits heißt es: Zum Streiten reicht einer, zum Vertragen braucht es zwei.

«Man muss für eine realistische Einschätzung die Standpunkte beider Seiten kennen», sagt Öttl. «Wenn du beide Seiten anhörst, gibt jeder seine Überzeugung von sich. Aber Zahlen lügen nicht, und ich habe Zahlen und Fakten auf den Tisch gelegt, dazu Tatsachen und Verträge. Wenn er das Gefühl hatte, dass er alles bezahlt hat, kann ich das schon verstehen.»

Öttl versichert, die Behauptung, Biaggi habe die Material-Rechnungen von Husqvarna Motorcycles bezahlt, entspreche nicht die Tatsachen. «Die Entscheidungsträger und ich kennen die Wahrheit. Deshalb haben diese Meinungsverschiedenheiten jetzt auch so geendet… Und nicht für ihn.»

«Er hat strategisch eher Fehler gemacht», meint Öttl und vermeidet konsequent die Nennung des Namens seines prominenten Teampartners.

Öttl weiter: «Für mich waren die Positionen von Dorna und IRTA immer klar. Für mich waren die Meinungen von Carlos Ezpeleta und Mike Trimby relevant. Und ihre Positionen haben nie geschwankt. Nicht in einer Minute. Aber es bestand die Angst, dass der Streit aus den Fugen gerät und wir nach der Europa-Saison nicht mehr Weitermachen können.»

«Aber wenn man alles in Ruhe betrachtet und alle Fakten angeschaut hat, was einige Zeit in Anspruch nahm, wenn man dann noch einen Rechtsanwalt zu Rate gezogen hat, dann musste ich mir um meine Position keine Sorgen machen», schilderte Peter Öttl.

«Man muss klar festhalten: Als Max im August 2018 beim Brünn-GP zu mir gekommen ist, hat ein bestehendes Ein-Fahrer-Team für die Moto3 existiert. Es wäre nicht notwendig gewesen, irgendwelche Anschaffungen zu machen. Aber er wollte meine bestehende Struktur nicht übernehmen. Ich habe den Lkw, den Auflieger und so weiter quasi eingelagert. Ich wusste ja nicht, was in Zukunft alles passiert. Er war seine Entscheidung, dass seine Struktur verwendet wird.»

«Man darf nicht glauben, dass die Rechte an einem Team nach einer gewissen Zeit an ihn übergeben, weil er den Hauptsponsor und die Teamstruktur hat, die ich auch hatte. Seine Anwälte waren offenbar dieser Meinung. Aber davon kann man eher nicht ausgehen», führte Öttl aus.

Über die Details zum neuen Joint Venture mit der Intact-GP-Mannschaft wird seit dem Japan-GP verhandelt. «Wir sind auf einem guten Weg, diese Zusammenarbeit auf vernünftige Basis zu stellen», beteuert Öttl, der für ein Zwei-Fahrer-Team ca. 1,5 Millionen Euro pro Saison braucht.

Eines ist unbestritten: Das gemeinsame Sterilgarda Max Racing Team hat sich in den letzten fünf Jahren unter den besten Moto3-Rennställen etabliert.

2019 (noch auf KTM) gewann Arón Canet drei Grand Prix, die Moto3-WM beendete er auf Platz 2. Für 2020 kehrte die Pierer Gruppe mit Husqvarna in die WM zurück, das Sterilgarda-Team wurde auf zwei Fahrer vergrößert. Romano Fenati siegte 2020 in Misano und 2021 in Silverstone, die WM schloss er als Vierzehnter und Fünfter ab.

Für 2022 stieß der schnelle Japaner Ayumu Sasaki zum Husky-Team, er siegte in Assen und in Silverstone, heimste sechs weitere Podestplätze ein – und liegt in der Moto3-WM an vierter Position.

Moto3-Ergebnis, Buriram (2.10.):

1. Foggia, Honda, 22 Rdn in 37:52,331 min
2. Sasaki, Husqvarna, + 1,524 sec
3. Riccardo Rossi, Honda, + 2,804
4. Nepa, KTM, + 9,414
5. Guevara, GASGAS, + 9,527
6. Moreira, KTM, + 9,971
7. Migno*, Honda, + 9,610
8. Masia, KTM, + 10,033
9. Muñoz, KTM, + 10,046
10. Yamanaka, KTM, + 10,088
11. Holgado, KTM, + 14,571
12. Kelso, KTM, + 23,432
13. Tatay, CFMOTO, + 23,763
14. Artigas, CFMOTO, + 23,842
15. Ogden, Honda, + 23,868

*= ein Platz zurück («track limits» in der letzten Runde)

Moto3-WM-Stand (nach 17 von 20 Rennen):

1. Guevara 265 Punkte. 2. Foggia 216. 3. García 209. 4. Sasaki 194. 5. Masia 163. 6. Deniz Öncü 154. 7. Suzuki 128. 8. Migno 100. 9. Holgado 88. 10. Moreira 84. 11. Riccardo Rossi 81. 12. Tatay 80. 13. Munõz 79. 14. Yamanaka 79. 15. Artigas 76. 16. Toba 63. 17. McPhee 62. 18. Ortolá 59. 19. Nepa 53. 20. Adrián Fernández 40. 21. Kelso 28. 22. Bartolini 24. 23. Ogden 21. 24. Bertelle 16. 25. Fellon 11. 26. Aji 5. 27. Furusato 2.

Konstrukteurs-WM:

1. GASGAS 323 Punkte. 2. Honda 300. 3. KTM 270. 4. Husqvarna 230. 5. CFMOTO 118.

Team-WM:

1. GASGAS Aspar Team 474 Punkte. 2. Leopard Racing 344. 3. Sterilgarda Husqvarna Max Racing 218. 4. Red Bull KTM Ajo 251. 5. Red Bull KTM Tech3, 194. 6. MT Helmets-MSi 163. 7. CFMOTO Racing PrüstelGP 156. 8. Angeluss MTA Team 112. 9. Rivacold Snipers 100. 10. SIC58 Squadra Corse 92. 11. CIP Green Power 91. 12. BOE Motorsports 79. 13. QJMotor Avintia Racing 40. 14. Vision Track Racing Team 21. 15. Honda Team Asia 7.

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