Indianapolis Motor Speedway: Ein amerikanischer Traum

Kolumne von Sharleena Wirsing
Beim Red Bull Indianapolis Grand Prix erlebte ich einen amerikanischen Motorsport-Traum. Eine spektakuläre Anlage, perfekter Service für die Medienschaffenden und ein gutes Pflaster für deutsche Fahrer.

Kaum ein Land hat so viele Gesichter wie die USA. Im drittgrößten Staat der Erde, nach Russland und Kanada, wechseln sich Traumstrände und kristallblaues Wasser mit bizarren Wüstenlandschaften ab, man trifft auf Metropolen oder verwunschene kleine Dörfer und endlose Highways. Die Vereinigten Staaten sind etwa 25-mal so groß wie Deutschland. Angesichts von «nur» rund 308 Millionen Einwohnern gibt es viel Platz Menschen aus aller Welt und für ihre Träume.

Auch Indianapolis ist typisch für die USA. Die Innenstadt ist von den Denkmalen ihrer militärischen Vergangenheit, Shopping-Malls und traditionellen Restaurants geprägt. Ein Denkmal der anderen Art ist der Indianapolis Motor Speedway. Er liegt im an der Ecke 16th Street und Georgetown Road etwa sechs Meilen von der Innenstadt entfernt inmitten kleinbürgerlicher Wohngebiete, Fast Food Restaurants und Walmart-Filialen.

Der originale Speedway, also die erste Strecke, die diesen Namen trug, wurde 1909 konstruiert. Heute ist auf dem Indianapolis Motor Speedway Platz für 400 000 Zuschauer. Er ist die größte Sportanlage der Welt. An meinem ersten MotoGP-Rennwochenende im Land der unbegrenzten Möglichkeiten fanden sich am verregneten Rennsonntag 67 648 Zuschauer dort ein. Auf dem überdimensionalen Speedway schien es beim Blick aus dem Pressezentrum, als wären die Tribünen nahezu leer.

Trotzdem war der Indy-GP ein besonderes Erlebnis. Philipp Öttl fuhr seinen ersten Podestplatz in der Moto3-WM ein, Dominque Aegerter kämpfte um den Moto2-Sieg, Marc Márquez besiegte Jorge Lorenzo und ein starker Stefan Bradl startete erstmals für das Aprilia-Team. Als Bayerin machte es mir natürlich besonders viel Freude, über das überglückliche Schedl-Team zu berichten. Wobei am Samstag nach dem Sturz von Philipp Öttl und dem letzten Startplatz zunächst sehr gedrückte Stimmung herrschte. Das änderte sich, als Öttl am Sonntag nach der Warm-up-Runde geistesgegenwärtig entschied, mit Slickreifen auf die noch feuchte Strecke zu gehen.

Nachdem Philipp dank der richtigen Entscheidung, der Arbeit seines Teams in Rekordzeit und viel Nervenstärke seinen ersten Podestplatz eingefahren hatte, traf ich vor der offiziellen Pressekoferenz der drei Podestfahrer auf Vater Peter Öttl. Er konnte und wollte seine Freude nicht verbergen. Sein stolzes Lachen und Ansätze von Tränen in den Augen sprachen Bände. Es war auch für mich ein Grund zu großer Freude – ein hart arbeitendes deutsches Talent, ein junger sympathischer Bayer auf dem Moto3-Podest.

Doch der Red Bull Grand Prix war nicht nur wegen der spannenden Rennen eine Reise wert. Man erkannte auch an der Strecke die großen Mentalitätsunterschiede zwischen Europa und den USA.

Während die Internetverbindung für vier Tage bei den meisten Europa-Rennen zwischen 50 und 60 Euro kostet, wurde ich in Indy nur verwundert angesehen, als ich nach dem Preis fragte. «It’s free, honey», lautete die mit einem Lächeln überbrachte Antwort.

In der Etage unter dem Presseraum befand sich eine voll ausgestattete Cafeteria für etwa hundert Personen. «Hier bekommen alle Journalisten und Fotografen jeden Tag ein Mittagessen – kostenlos», ließ mich ein italienischer Kollege wissen. Doch der Service der Amerikaner ging noch weit darüber hinaus. Am Nachmittag standen Obst, Chips und Popcorn bereit. Die vorhandene Getränkeauswahl hätte jeden deutschen Supermarkt vor Neid erblassen lassen.

Mein italienischer Kollege fuhr fort: «Hier ist wirklich alles möglich. Ich hatte vor einigen Jahren keinen passenden Adapter für meinen Laptop. Da im Pressezentrum keiner vorhanden war, haben sie scheinbar alles in Bewegung gesetzt. Nur ein Ausstatter von Theatern und ähnlichem hatte etwas Passendes. Es wurde eine riesige Maschine neben mich gerollt, die einen passenden Adapter besaß. Am Ende des Wochenendes wollte ich wissen, wie hoch die Leihgebühr ist. Sie sahen mich entgeistert an und sagten, dass das ihr Job sei, für mein Wohl hier zu sorgen. Ich musste absolut nichts bezahlen.» Andere Länder, andere Sitten.

«Bigger is better», lautet das Motto vieler Amerikaner. In den meisten Fällen trifft das zu. Das riesige Areal des Indianapolis Motor Speedway umfasst auch das «Hall of Fame»-Museum, worin sich Indycars, das erste Pace Car der Welt, alte Bikes von Harley und Norton sowie eine Zeitleiste mit Bildern aller Sieger der Indy 500, Formel 1 und MotoGP auf dem Speedway befinden. Zudem steht ein original Indycar für ein Fotoandenken zur Verfügung, was natürlich jeder Motorsport-Fan für 5 Dollar Umkostenbeitrag gerne in Anspruch nimmt.

Der Grand Prix in Indianapolis ist ein amerikanischer Traum für Motorsport-Fans. Die Strecke bietet alles: viel Platz, engagierte Mitarbeiter, eine lange Tradition, eine spannende Geschichte und in jedem Jahr spektakuläre Motorsportevents.

Während des MotoGP-Rennwochenendes versammeln sich am Samstagabend tausende Motorradfahrer mit ihren Bikes – traditionell meist Harleys – in Downtown Indianapolis. Es ist der krönende Abschluss des MotoGP-Wochenendes, bevor am Sonntag alle WM-Stars abreisen und die Bikes schnellstmöglich in Kisten verfrachtet und für den Brünn-GP zurück nach Europa transportiert werden.

Wenn man die Themen Politik, Religion, Umweltschutz und Donald Trump ausblendet, sind die USA ein Paradies – auch für Motorsport-Fans.

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