Luca Cadalora: «Zum Glück war Rossi nie mein Rivale»

Von Oliver Feldtweg
Luca Cadalora hat immerhin acht 500-ccm-GP-Siege gefeiert. Seit diesem Jahr agiert er als Fahrlehrer von Valentino Rossi.

«Ich identifiziere mich mit Valentino, wenn ich ihn auf der Strecke sehe. Die Zahlen sagen nicht alles, aber ich gebe alle meine Eindrücke preis», sagte Luca Cadalora, der Riding Coach von Valentino Rossi, im Gespräch mit den Kollegen von gpone.

Die MotoGP-WM besteht aus Details, Eindrücken, Zahlen, Fakten und Daten, aber ohne die Menschen ist sie gar nichts. Deshalb sprechen wir dieses Mal nicht mit dem Rennfahrer selbst, sondern mit demjenigen, der sich um ihn kümmert.

Luca Cadalora, einmal Weltmeister in der Klasse 125 ccm und zweimal in der Klasse 250 ccm, ist das dritte Auge von Valentino, sein «Riding Coach», eine Art Fahrleher. Das ist kein bestimmter Job im Motorsport, aber Rossi hat viele Gründe, Luca als seinen Vertrauten zu schätzen.

Und Cadalora sagt, er sei froh, Rossi in seiner Zeit nie als Gegner gehabt zu haben.

Luca, da du dich bei allen Strecken auf der ganzen Welt wie zu Hause fühlst, war die Zusammenarbeit mit Valentino ein voraussehbarer Schritt?

Zuerst war ich sehr überrascht, als Valentino mir im Winter das Angebot gemacht hat. Aber er hat mich direkt angefragt, da konnte ich einfach nicht «nein» sagen.

Was genau bringt ein Coach im Motorradsport?

Als ich Rennfahrer war, hatte ich einen Traum: Ich wollte mir während des Rennens zusehen. Ich wollte mich von aussen beobachten, wollte mich spalten, um beide Seiten zu erleben: Die des Rennfahrers und die des Zuschauers.

Und das ist das, was du bei Rossi machst?

Ein Ex-Rennfahrer an der Seite der Rennstrecke sieht viel mehr als ein normaler Zuschauer. Die Fahrlinien, das Verhalten des Motorrads, die Reaktion des Motors, solche Sachen. Wie sie sich im Vergleich zu anderen Fahrern und anderen Motorrädern verhalten.

Kannst du einem neunfachen Weltmeister und 114fachen GP-Sieger noch irgendwelche Ratschläge geben?

Valentino hört mir zu und nimmt meine Informationen auf, dann kann er entscheiden, inwiefern er sie umsetzt. Wenn ich an der Strecke bin, identifiziere ich mich mit dem Piloten. Ich fühle mich, als würde ich die Yamaha lenken. Das bewegt mich.

Aber es ist nicht wie selbst zu fahren?

Es hat mich auch bewegt, als ich Valentinos M1, die 800 ccm, gefahren bin. Als ich abgestiegen bin und den Mechanikern gesagt habe, dass die Maschine fantastisch ist, haben sie mir geantwortet: «Die 1000er-Maschine ist halt eine ganz andere Geschichte...»

Mit Valentino bist du auch in Misano gefahren, du hast eine hoch frisierte Yamaha-R1-Superbike-Maschine.

Die Suspension, der Kühler und die Bremsen sind auf dem Stand der Superbike-WM, den Motor habe ich nicht einmal berührt. So kann man schon sehr schnell fahren, aber ich bin nicht zufrieden, wenn ich das Einfahren nicht auf der Strasse gemacht habe.

Wenden wir uns wieder der MotoGP zu. Welches Klima herrscht in der Box?

Am Anfang hatte ich Zweifel. Aber Galbusera, Flamigni und all die anderen haben dafür gesorgt, dass ich mich schnell wie zu Hause gefühlt habe. Ich wurde herzlich in die Gruppe aufgenommen.

Die Mission hat Erfolg, Valentino ist WM-Zweiter. Aber was lehrt man einem Piloten, der schon alles weiss?

Es gibt Dinge, die Zahlen dir nicht sagen können. Den inneren oder äusseren Meter einer Fahrlinie der Ideallinie, zum Beispiel. Das sind Dinge, zu denen ich Ratschläge geben kann. Du kannst einem Rennfahrer nicht sagen, was er zu tun hat. Das muss er aus persönlicher Erfahrung wissen.

Es haben sich in der aktuellen MotoGP viele Dinge geändert, seit du mit der 500er gefahren bist.

Wir hatten die Elektronik nicht, unsere Gasgriffkontrolle war manuell. Zum Beispiel habe ich, damit sich das Motorrad nicht aufbäumt, die Hinterradbremse viel benutzt. Ich habe das instinktiv gemacht, dabei habe ich die Technik der Brembo erkannt, bei der wortwörtlich der Bremsbelag weggeschmolzen ist.

Die Motorräder haben sich verändert. Auch die Art und Weise, wie sie zu lenken sind?

Heutzutage sind die Bikes schwerer und leistungsfähiger. Die Piloten schmeissen sich mit dem ganzen Körper in die Kurven, um dem Gewicht der Bikes entgegenzuwirken. Die Motorräder haben 160 kg. Die 500er hatten am Anfang 115 kg, später 130 kg. Man musste das Motorrad bei der ersten Möglichkeit in der Kurve hochstemmen, um die Beschleunigung auszunutzen. Die 500-ccm-Zweitakter waren giftig, die Kraftentfaltung war brachial im Vergleich zu den heutigen Bikes. Aber die Zeitabstände bei uns waren grösser. Heute liegen die Fahrer nur zwei Zehntel auseinander.

Auch das Training hat sich verändert?

Als Training habe ich Stabhochsprung gemacht. Ich musste auch mental trainieren. Dafür habe ich Billard gespielt. Das hilft mir jetzt, wenn wir eine Runde mit Valentino und seinem Team spielen. (Er lacht).

Auch die Geschwindigkeit hat sich verändert. An welchen Piloten erinnert dich Rossi besonders?

Jeder Fahrer hat seine Charakeristika: Es gibt Fahrer, die ein Motorrad wollen, das sich ihrem Fahrstil anpasst und welche, die mit ihrer eigenen Kraft das Motorrad dazu bringen, das zu machen, was sie wollen. Valentino hat mich überrascht, weil er beiderlei kann. Ich schätze mich glücklich, dass ich mich nicht mit diesen Gegensätzen auseinandersetzen musste, als ich noch Rennen gefahren bin.

Vielleicht kannst du ja nochmals mit Rossis M1-Werksmaschine auf die Rennstecke fahren?

Wenn mich Yamaha am Ende des Jahres in Valencia die Maschine ausprobieren lässt, sage ich bestimmt nicht «nein»!

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