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Katar-GP: Mit weiteren Absagen ist zu rechnen

Kolumne von Günther Wiesinger
In Katar fahren nur die Klassen Moto3 und Moto2 um Punkte

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Das MotoGP-Rennen in Katar vom 8. März wurde heute abgesagt. Der Coronavirus wird die Weltmeisterschaft noch weiter beinträchtigen.

Als inzwischen altersschwacher Motorrad-GP-Berichterstatter hat man schon einiges erlebt. Wir waren wenige Tage vor Ausbruch des Falklandkrieges zwischen Argentinien- und Großbritannien im März 1982 beim Buenos-Aires-GP. Wir haben später miterlebt, wie wegen der Atomreaktor-Katastrophe 1986 von Tschernobyl Veranstaltungen in ganz Europa abgesagt wurden, auch Motorsport-Events. Wir haben miterlebt, wie durch den Vulkanausbruch des Eyjafjallajökull in Island der Japan-GP in Motegi vom April 2010 auf Oktober verschoben wurde – weil in Europa Flugverbot herrschte. Und wir sind 2011 ein halbes Jahr nach dem Fukushima-Reaktor Desaster mit einer Portion Unbehagen zum Motegi-GP gereist, der damals von April auf Oktober verschoben wurde. Manche Teams nahmen Geigerzähler mit, um die Strahlung in Sievert zu messen.

Wir haben auch gesehen, wie MotoGP-Rennen boykottiert wurden, weil die Sicherheitsvorkehrungen nicht ausreichten (Salzburgring 1977), der Belag zu rutschig war (Nogaro 1982, 1979 in Spa-Francorchamps) oder weil der Belag im Nassen zu wenig Haftung offenbarte (Misano 1989). Zuletzt wurden in Silverstone 2018 alle drei GP-Rennen abgesagt, weil im Regen der neue Belag zu tiefe Pfützen hinterließ. Auch die Maul- und Klauen-Seuche, die Schweinegrippe, der Rinderwahnsinn und SARS hinterließen ihre Spuren, dazu die Schnee-Katastrophe samt Absage des Österreich-GP auf dem Salzburgring in den 1980er-Jahren und andere Wettereskapaden – wie in Motegi 2013, in Sepang 2018 und Phillip Island 2019. In Katar musste das MotoGP-Rennen 2009 wegen Dauerregens in der Wüste völlig überraschend auf Montag verschoben werden. Michelin hatte gar keine Regenreifen dabei! Zum Glück war Ostern.

Aber dass ein Grippevirus, dem weltweit bisher 2977 Menschen zum Opfer gefallen sind, eines Tages vielleicht die komplette Motorrad-Weltmeisterschaft gefährden könnte, weil von den ca. 200 Ländern auf der Welt ausgerechnet Italien zu den 13 am stärksten betroffenen Nationen zählt, weil sechs der elf MotoGP-Teams dort beheimatet sind, damit hat niemand gerechnet.

In Italien kamen am 21. Februar die ersten Covid19-Verdachtsfälle aus der Lombardei ans Tageslicht. Inzwischen existieren 1700 bestätigte Fälle; Italien beklagte bisher 34 Tote, vor zwei Tagen war noch von zwölf die Rede. Der Regierung in Italien wird vorgeworfen, sie habe die Bedrohung zu lange nicht ernst genommen.

Kein Wunder, wenn die Vorsichtsmaßnahmen in anderen Ländern immer rigoroser werden. Die Schweiz hat am Freitag alle Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen bis 15. März untersagt.

Italien reagiert mit gehöriger Verspätung ebenfalls. Für die am stärksten betroffenen Regionen Lombardei, Emilia Romagna und Venetien wurden die Maßnahmen bis zum 8.3. verlängert: Schulen gesperrt, Kindergärten und Kitas gesperrt, keine Sportveranstaltungen mit Publikum, Kinos und Discos geschlossen. Sogar der Karneval in Venedig wurde abgesagt. Dabei laufen dort zumindest die Kostümierten mit Gesichtsmasken herum. Die am stärksten betroffenen Gebiete werden von der Außenwelt abgeriegelt.

Der Virus verbreitet sich rasch, wenn keine Vorkehrungen getroffen werden. Deshalb darf man Staaten wie Katar nicht verübeln, wenn sie zu rigorosen Maßnahmen greifen und Italiener sofort bei der Einreise für 14 Tage unter Quarantäne stellen, dazu die Reisenden von sieben weiteren Ländern – von Thailand über Taiwan bis Macao. Flugzeuge aus China, Südkorea und Iran dürfen gar nicht mehr in Doha landen.

Die UAE-Profi-Radrundfahrt in den Vereinigten Arabischen Emiraten wurde zwei Etappen vor dem Ende abgebrochen, weil zwei italienische Teammitglieder den Virus in sich trugen. Der Coronavirus ist also im Mittleren Osten angekommen.

Manche Mediziner rechnen damit, dass der Virus bei höheren Temperaturen nicht überlebt oder sich dann zumindest nicht mehr weiter verbreitet. Vielleicht im April, vielleicht im Mai.

Bis dahin ist Vorsicht geboten.

Nach dem Katar-MotoGP-Rennen wird auch der komplette Thailand-GP abgesagt werden. Das hat sich hinter den Kulissen bereits seit Tagen abgezeichnet und hat sich bereits zu den Teams durchgesprochen.

Man sollte aber die Kirche im Dorf lassen. Jährlich sterben weltweit mindestens 650.000 Menschen an einer Grippe. In Deutschland gab es 2017/2018 nicht weniger als 25.100 Todesfälle durch Grippe. In Österreich sind es im Schnitt 1800 Tote im Jahr, in der Schweiz 2500.

In Australien und in den USA wurde bisher je ein Todesopfer durch Corona gemeldet.

Klar, in zwei Monaten sind weltweit 88.000 Menschen am Coronavirus erkrankt. Viele Menschen sind inzwischen vom Angstvirus befallen. Aber die Politiker und Mediziner reagieren Fakten-basiert, es werden vernünftige Maßnahmen getroffen. Auf Hamsterkäufe kann man bisher getrost verzichten, zumindest außerhalb von Italien.

Doch der MotoGP-WM-Lauf von Losail stellt nur den Anfang einer Serie von Absagen von Motorsport-Events dar.

Zu viele Italiener sind in zu vielen Rennserien engagiert.

Wenn nicht zufällig die GP-Klassen Moto3 und Moto2 jetzt von 28. Februar bis 1. März in Katar ihren letzten Test absolviert hätten und sich deshalb alle Teams schon komplett dort befänden, würden auch in diesen Kategorien zu viele Italiener vom Katar-GP ferngehalten.

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