Stefan Bradl: «Der Brünn-GP war eine Mammutaufgabe»

Von Günther Wiesinger
Rennen in Brünn: Stefan Bradl vor Moto2-Weltmeister Alex Márquez

Rennen in Brünn: Stefan Bradl vor Moto2-Weltmeister Alex Márquez

Stefan Bradl sprang in Brünn kurzfristig für Marc Márquez ein, weil der Spanier ein 2. Mal operiert werden musste. Stefan schildert das mühselige Weekend und berichtet über sein heutiges Gespräch mit Sandro Cortese.

Nach dem 20. Startplatz (vor Alex Márquez) und dem 18. Platz im Rennen beim Brünn-GP will sich Stefan Bradl am kommenden Wochenende in Spielberg als Ersatz für Marc Márquez steigern. «Nach den drei Tagen in Brünn steige ich auf einem höheren Niveau ein», meint der 30-jährige Bayer, der vor dem Tschechien-GP genau sechs Monate lang nie auf seiner Honda RC213V gesessen war.

Stefan Bradl wollte wegen der ungünstigen Voraussetzungen und der fehlenden Fahrpraxis beim GP-Comeback nach fast einem Jahr in Brünn drei Tage lang keinen Unfug machen, wieder in den Rennrhytmus kommen und dann in Spielberg (16. August) aus eigener Kraft besser abschneiden.

Stefan, Honda hat in Brünn ein Desaster erlebt, das sich schon nach dem Quali abgezeichnet hat. Du hast also denkbar schwierige Voraussetzungen vorgefunden. Denn das Bike hat nicht zur Strecke gepasst.

Ja, es war eine Kombination vieler negativer Aspekte. Ich hatte bei der Fahrpraxis massiv viel aufzuholen, fahrerisch und auch vom Speed her, dazu vom Gefühl.

Dazu kam die große Herausforderung, nach so langer Zeit in das kalte Wasser zu springen und mit den Stammfahrern trotzdem auf Anhieb einigermaßen mitzuhalten.

Das war am Freitag schon eine immense Belastung.

Im FP1 wirst du nach dem ersten Run gedacht haben: Ich würde jetzt lieber für ServusTV durch die Boxengasse spazieren.

(Er lacht). Nein, in gewisser Weise habe ich schon gewusst, was auf mich zukommt.

Aber es ist natürlich ein Unterschied, ob du nach einer langen Pause mit zwei Testtagen anfängst oder ob du kurzfristig an einem Rennwochenende für den Weltmeister im Repsol-Honda-Werksteam einspringst.

Da darfst du natürlich nicht ewig brauchen, bis du auf Speed kommst. Das ist mir am Freitag eigentlich ganz gut gelungen.

Das Wochenende war natürlich nicht besonders erfolgreich. Darum ist es mir aber nicht gegangen, sondern für HRC stand im Vordergrund, dass wir beim Set-up Fortschritte machen.

Im Großen und Ganzen haben wir eh versucht, das alles ein bisschen zu filtern und eins nach dem andern zu erledigen.

Aber an so einem GP-Wochenende läuft dir jedes Mal die Zeit davon. Denn nach den beiden Freitag-Sessions ist das FP3 Samstagfrüh schon ein erstes Qualifying. Dann kamen in Brünn Erschwernisse dazu wie die Streckenbedingungen mit der extrem holprigen Piste und dem niedrigen Griplevel.

Der Zustand der Strecke hat schon genug Probleme bereitet. Ich habe dann noch am Set-up und beim Chassis für Honda einiges durchprobieren müssen. Das war schon eine Mammutaufgabe.

Wie hast du die drei GP-Tage konditionell bewältigt? Immerhin hast du im Juli mit der Fireblade fünf «Track days» absolvieren können.

Körperlich war nur der Freitag für mich eine große Belastung, denn da bin ich am Abend ins Bett gegangen und es hat mir schier den Kopf zerrissen. Vom Herz-Kreislauf-System war es überhaupt nicht tragisch. Aber man sitzt dann völlig verkrampft auf dem Motorrad, du brauchst viel unnötige Energie, weil du einfach diese mentale Anspannung hast. Es mischen sich Zweifel in deine Gedanken, und dieser unnötige Druck, den du dir selber auferlegst, führt zu einer Verkrampfung.

Das ist aber am Samstag eh deutlich besser geworden.

Du wolltest am Freitag auch nicht hoffnungslos zwei Sekunden hinter dem Vorletzten rumbummeln.

Ja, eh klar.

Die größte Herausforderung entstand vom Kopf her: Wie schnell bin ich wieder dabei? Und man will ja, wie du sagst, nicht zwei Sekunden auf das Ende des Feldes verlieren.

So gesehen war der Samstag schon viel weniger anstrengend. Auch das Rennen habe körperlich nicht so anstrengend empfunden, da spielte aber mit, dass ich das Motorrad nicht so fahren konnte, wie du es normal am Limit bewegst.

Dadurch habe ich gewisse Reserven gehabt, aber diese Probleme haben es mir auch nicht erlaubt, mit Selbstvertrauen richtig reinzuhalten.

Du warst im Freitag 1,8 und 1,9 sec hinten und wolltest dann den Rückstrand am Samstag verkürzen. Das ist dir gelungen. Im FP3 fehlten nur noch 1,4 sec.

Ja, meine Zeiten im FP3 und Qualifying waren über eine einzelne Runde gesehen das Maximum.

Durch diese ganzen Vorkommnisse und das ausgiebige Testen konnten wir zwei Tage lang wenig am Renn-Set-up und an der Rennpace arbeiten. Das ist mir relativ schnell bewusst geworden. Über eine Runde habe ich das ein wenig kompensieren können.

Aber ich habe gewusst, dass meine Rennpace nicht gut ist. Das hat meine Erwartungen für den Sonntag auch ziemlich gedämpft. Meine Befürchtungen haben sich in der Anfangsphase bald bestätigt. Ich hatte zwar einen guten Start und drei Gegner hinter mir. Ich habe aber in den ersten zwei, drei Runden gleich etliche Vorderradrutscher abfangen müssen. Ich habe also  gleich gemerkt, dass ich das Motorrad mit diesem Speed über die Distanz nicht überfahren kann. Nachher ist mir in Turn 12 ein schwerwiegender Fehler passiert, in der achten Runde, ich bin geradeaus gefahren und habe 21 Sekunden verloren, als ich durchs Kiesbett gefahren bin.

Hast du mit seinem Freund Sandro Cortese seit dessen Unfall in Portimão schon sprechen können?

Ja, ich habe mit Sandro jetzt am Mittwochabend während der Autofahrt nach Spielberg telefoniert. Vorher haben wir noch keinen direkten Kontakt gehabt. Er ist jetzt in der Klinik in Murnau eingetroffen und wird dort gut versorgt.

Ich habe gleich am Sonntag in der Früh mit Antonio Cortese telefoniert. So habe ich vor dem Rennen in Brünn mitgekriegt, dass der Sandro die OP gut überstanden hat. Ich bin am Samstag mit der Nachricht ins Bett gegangen, dass er den schweren Unfall gehabt hat.

Deshalb habe ich Sonntag in der Früh gleich mit seinem Papa Antonio Kontakt aufgenommen. So habe ich die erste Entwarnung gekriegt. Das war mir schon wichtig.

Ergebnis Brünn-GP, MotoGP, 9. August:

1. Binder, KTM, 41:38,764 min
2. Morbidelli, Yamaha, + 5,266 sec
3. Zarco, Ducati, + 6,470
4. Rins, Suzuki, + 6,609
5. Rossi, Yamaha, + 7,517
6. Oliveira, KTM, + 7,969
7. Quartararo, Yamaha, + 11,827
8. Nakagami, Honda, + 12,862
9. Miller, Ducati, + 15,013
10. Aleix Espargaró, Aprilia, + 15,087
11. Dovizioso, Ducati, + 16,455
12. Petrucci, Ducati, + 18,506
13. Crutchlow, Honda, + 18,736
14. Viñales, Yamaha, + 19,720
15. Alex Márquez, Honda, + 24,597
16. Rabat, Ducati, + 29,004
17. Smith, Aprilia, + 32,290
18.
Bradl, Honda, + 55,977

WM-Stand nach 3 von 14 Rennen:

1.Quartararo, 59 Punkte. 2. Viñales 42. 3. Morbidelli 31. 4. Dovizioso 31. 5. Binder 28. 6. Zarco 28. 7. Rossi 27. 8. Nakagami 27. 9. Miller 20. 10. Rins 19. 11. Pol Espargaró 19. 12. Oliveira 18. 13. Alex Márquez 13. 14. Mir 11. 15. Petrucci 11. 16. Bagnaia 9. 17. Rabat 7. 18. Aleix Espargaró 6. 19. Crutchlow 6. 20. Smith 5.

Konstrukteurs-WM nach 3 von 14 Rennen:

1. Yamaha 70. 2. KTM 44. 3. Ducati 42. 4. Honda 27. 5. Suzuki 24. 6. Aprilia 11.

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