Fausto Gresini: Am 26.1. glaubte er, er sei genesen

Von Günther Wiesinger
Fausto Gresini vor der Saison 2003 mit Daijiro Kato (li.) und Sete Gibernau

Fausto Gresini vor der Saison 2003 mit Daijiro Kato (li.) und Sete Gibernau

Am 26. Januar schickte Fausto Gresini eine positive Textnachricht an Lucio Cecchinello. Er meinte, er sei über dem Berg. Doch der Zustand des Ex-Weltmeisters verschlechterte sich bald dramatisch.

Fausto Gresini wurde wegen seiner Covid-19-Infektion am 27. Dezember ins Krankenhaus eingeliefert, wo er wochenlang im künstlichem Koma und auf der Intensivstation verbrachte, meist mit künstlicher Beatmung. Der zweifache 125-ccm-Weltmeister wurde nach wenigen Tagen vom Krankenhaus in Imola auf die Intensivstation des Krankenhauses Carlo Alberto Pizzardi in Bologna verlegt, weil sich sein Zustand verschlechtert hatte und er dort besser versorgt werden konnte.

Am vergangenen Montag wurde aus Italien berichtet, Fausto Gresini habe eine Hirnblutung erlitten. Das bedeutete Lebensgefahr. Denn das ausströmende Blut drückt von innen auf das Gewebe und klemmt andere Blutgefäße in diesem Bereich ab. Dadurch stirbt das umgebende Gehirngewebe ab – wie bei einem Schlaganfall.

Am Dienstag bestätigte Gresini Racing den Tod des 60-jährigen Teambesitzers, vierfachen Vaters und Ehemanns, der gestern im engsten Familienkreis bestattet wurde.

LCR-Honda-Teambesitzer Lucio Cecchinello, als 125-ccm-Rennfahrer und Teambesitzer seit fast 39 Jahren ein Rivale von Gresini, hielt in den letzten zwei Monaten immer Kontakt zu Fausto Gresini und dessen Team.

Hat Lucio in dieser Phase, in der abwechselnd positive Nachrichten und dann wieder besorgniserregenden Meldungen an die Öffentlichkeit drangen, ernsthafte Sorgen um das Leben seines neun Jahre älteren Landsmanns gemacht?

Ceccinello: «Ich habe ein paarmal Textnachrichten mit Fausto ausgetauscht, so sind wir in Kontakt geblieben. Die letzte Textnachricht habe ich von ihm am 26. Januar erhalten. Er hat mir geschrieben, dass er geheilt und happy sei, weil sein Leben nicht mehr in Gefahr sei. Aber ein paar Tage später hat sich sein Zustand leider wieder drastisch verschlechtert.»

Lucio Cecchinello beobachtete mit wachsender Sorge, dass der Zustand von Gresini starken Schwankungen unterworfen war. Es kam mehrmals zu bedrohlichen Rückschlägen. «Fausto wurde im Koma gehalten, sobald sich seine Situation verschlechtert hat. Dann haben ihn die Ärzte wieder aufwachen lassen. Doch dann musste ein Luftröhrenschnitt gemacht werden, das Fieber stieg wieder, sein Zustand hat sich verschlechtert. Es ging auf und ab. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist am Ende noch eine Infektion dazu gekommen.»

Die Motorrad-GP-Gemeinde hat mit Gresini das erste populäre Mitglied wegen Corona verloren. Dabei zählte der 21-fache GP-Sieger mit 60 Jahren noch nicht zur Risikogruppe, es waren keine Vorerkrankungen bekannt.

«Ehrlich gesagt, es versteht niemand, warum es Fausto so schlimm erwischt hat», seufzt Lucio Cecchinello im Gespräch mit SPEEDWEEK.com sichtlich betroffen.

Gestern hat die Familie Gresini bekannt gegeben, dass Gresini Racing auch weiter ein Bestandteil des GP-Sports bleiben werde. Die Teilnahme an den Klassen Moto3, Moto2, MotoGP mit Aprilia und der MotoE sind fixiert.

Doch nach der Saison 2021 kommt es nach sieben Jahren zur Trennung von Aprilia Racing, die Mannschaft muss einen neuen Motorradpartner finden. Suzuki, Ducati oder KTM sind vorstellbar. Dazu muss ein Hauptsponsor für die MotoGP-Klasse gefunden werden, denn bisher wurde das Budget zum Großteil von Aprilia Racing gesichert. Fausto Gresini hat im Dezember betont, dass er 2022 auf keinen Fall mit Aprilia fahren werde. Er hoffte auf einen Deal mit Suzuki.

Bisher war außer Fausto niemand aus der Familie Gresini mit der Teamführung beschäftigt. Fausto führte die Geschäfte mit dem Kaufmännischen Direktor Carlo Merlini.

«Das Team ist kommerziell bei Carlo Merlini wieder in guten Händen», ist Cecchinello überzeugt. «Natürlich war Fausto ein Genie. Er war die beste Person, wenn es um das Entdecken neuer junger Talente ging. Und er hatte ein einmaliges Gespür für die Auswahl erstklassiger Ingenieure und Techniker. Vielleicht braucht Carlo in diesem Bereich künftig etwas Unterstützung und Ratschläge. Aber ich kann mir vorstellen, dass Renningenieur Fabrizio Cecchini, der viele Jahre lang bei Gresini tätig war und jetzt bei Aprilia beschäftigt ist, zu Gresini Racing zurückkehrt. Er ist ein Top-Mann, der sich nicht nur um die Technik, sondern auch um die Fahrerauswahl kümmern kann. Außerdem kennt er die Firma in- und auswendig, er kennt die Familie. Er hat Fausto über viele Jahre hinweg geholfen, diesen Rennstall aufzubauen.»

Voraussichtlich wird auch Sohn Lorenzo Gresini eine Rolle im Team übernehmen. «Lorenzo war selber Rennfahrer, er ist 23 Jahre alt. Ich denke, es ist eine Möglichkeit für ihn, ein neues Kapitel in seinem Leben aufzuschlagen», meint Cecchinello.

Gresinis Erfolge als Rennfahrer:

1983 – 125-ccm-WM-9. auf MBA und Garelli
1984 – 125-ccm-WM-3. auf MBA und Garelli
1985 – 125-ccm-Weltmeister auf Garelli
1986 – 125-ccm-Vizeweltmeister auf Garelli
1987 – 125-ccm-Weltmeister auf Garelli
1988 – 125-ccm-WM-21. auf Garelli
1989 – 125-ccm-WM-5. auf Garelli
1990 – Italienischer 125-ccm-Meister auf Honda
1990 – 125-ccm-WM-7. auf Honda
1991 – 125-ccm-Vizeweltmeister auf Honda
1992 – 125-ccm-Vizeweltmeister auf Honda
1993 – 125-ccm-WM-11. auf Honda
1994 – 125-ccm-WM-16. auf Honda

21 Grand-Prix-Siege

Vier Titelgewinne als Teambesitzer

2001: Daijiro Kato, Honda, 250 ccm
2010: Toni Elias, Moriwaki, Moto2
2018: Jorge Martin, Honda, Moto3

2019: Matteo Ferrari, Energica, MotoE-Weltcup

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