Stefan Bradl (Honda): «Arschbacken zusammenkneifen»

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl

Stefan Bradl

Stefan Bradl verpatzte in Jerez das MotoGP-Qualifying, weil Viñales vor ihm zwei Runden abbrach. Vom 12. Startplatz aus will er die Top-Ten anpeilen. «Zehn Fahrer haben einen ähnlichen Rennspeed. Das ist Wahnsinn.»

Stefan Bradl beendete den Freitag beim «Gran Premio Red Bull de España» auf dem respektablen elften Platz. Im FP3 am Samstagvormittag verblüffte er die Gegner und sein HRC Honda Team mit der drittbesten Zeit. Der deutsche Wildcard-Pilot schaffte 1:37,026 min und verlor nur 0,041 Sekunden auf die Bestzeit. Danach meinte er, im Q2 könne er im besten Fall in die zweite Startreihe fahren, im «worst case» müsse er sich mit Platz 12 begnügen.

Und tatsächlich blieb dem Honda-Testfahrer im 15-Minuten-Quali nur die zwölftbeste Zeit – mit 1:37,502 min. Damit verfehlte er seine FP3-Zeit um 0,476 Sekunden.

Stefan Bradl hatte zwei frische neue Hinterreifen für das Q2 zur Verfügung, doch schon die Zeit aus dem ersten Run reichte nur für Platz 11, obwohl der Bayer anfangs kurz an vierter Stelle hinter Miller, Rins und Bagnaia lag. «Der erste Run war nicht wirklich gut. Da hat auch mitgespielt, dass die Reifenqualität immer wieder etwas variiert. Im FP3 habe ich echt einen Glücksgriff gemacht. Ich will nicht sagen, dass ich in Qualifying schlechte Reifen erwischt habe, aber sie waren vom Potenzial her definitiv nicht ganz so gut. Aber der erste Run ist mir nicht so gut gelungen, und den zweiten habe ich verplant. Ich habe hinter Viñales ein bisschen einen Schmarrn zusammengefahren. Er hat vor mir zweimal eine Runde abgebrochen, als ich hinter ihm war. Und meine dritte Runde war auch nichts Besonderes mehr. Das war taktisch nicht so clever von mir. Ich habe mich zu sehr auf Viñales verlassen. Ich dachte, ich habe eh nichts zu verlieren, ich häng’ mich bei ihm ein. Leider ist der Plan nicht so aufgegangen, wie ich es erhofft habe. Es wäre sicher gescheiter gewesen, allein auf Zeitenjagd zu gehen. Aber in Jerez hilft es schon, wenn du ein gescheites Zugpferd vor dir hast. Die zwei Runden hinter Viñales waren leider kaputt, und die dritte im zweiten Run hat auch keine Steigerung mehr gebracht. Wenn wirklich alles gepasst hätte, wäre es Startplatz 7 oder 8 geworden. Die erhoffte zweite Reihe wäre nur mit ganz viel Glück möglich gewesen.»

Immerhin konnte sich Stefan hinter Katar-1-Sieger Viñales wieder einmal von den Vorzügen der M1-Yamaha überzeugen. «Ihr Kurvenspeed ist Wahnsinn. Es wackelt halt nichts. Es ist alles sehr ruhig, was die Fahrer bei Yamaha machen. Sie fahren wie auf Schienen. Das ist bei Yamaha nichts Neues.»

Bei Honda hingegen wird seit Jahren versucht, die einwandfreien Motoren in ein ebenbürtiges Chassis einzupflanzen. Es gibt dauernd neue Versionen und Updates. Aber im Jerez-Quali gelang Nakagami mit einem 2020-Chassis die beste Zeit aller fünf Honda-Werkspiloten.

Bradl: «Wir tüfteln am Chassis, weil wir grundsätzlich unser Gesamtpaket verbessern wollen. Wir suchen natürlich mehr Grip am Hinterrad, speziell für eine einzelne schnelle Runde. Auf diesem Gebiet sind momentan alle andern Hersteller deutlich besser. Aber wenn wir uns die Rennpace der Honda-Fahrer anschauen, brauchen wir uns keine allzu großen Sorgen zu machen.»

Da die Zeiten extrem eng beisammen liegen, kann Bradl für das Rennen keine zielführende Prognose abgeben. «Quartararo ist immer vorne dabei, er ist schon eine Hausnummer. Aber die Fahrer von Platz 5 bis Platz 15 haben alle denselben Rennspeed. Das ist Wahnsinn.»

Das Beispiel Pol Espargharó verdeutlicht, wie schwierig die Honda RC213V im Grenzbereich zu beherrschen ist – besonders das Vorderrad. Daran ist 2019 schon Jorge Lorenzo verzweifelt. Und LCR-Honda-Pilot Alex Márquez kam über Startplatz 20 auch nicht hinaus. Dabei war er im Herbst schon zweimal Zweiter. Die Startplätze von Honda in Jerez: 5. Nakagami. 12. Bradl. 13. Pol Espargaró. 14. Marc Márquez. 20. Alex Márquez.

«Momentan fühlt sich Taka am wohlsten auf der Honda», weiß Bradl. «Marc hat wegen seiner Verletzung noch erhebliche Probleme. Und Pol hat zwar im FP4 einen Sturz gehabt, aber er war zu diesem Zeitpunkt recht schnell unterwegs. Am Ende war er dort Sechster. Er ist jetzt dabei, das Limit zu finden. Man muss in jeder Runde die Arschbacken extrem zusammenkneifen, dass solche Stürze immer mal wieder vorkommen. Im FP4 sind ja auch Fahrer von Aprilia, Petrucci auf der KTM gestürzt, Binder und Marc hat es im FP3 erwischt, da war schon wieder einiges los.»

«Das wird am Sonntag wieder ein Survival-Rennen», ist Stefan überzeugt. Der Routinier startet bei seinem aus der vierten Reihe vor seinen Repsol-Honda-Kollegen. Und da er im FP4 mit 1 sec Rückstand auf Platz 14 flitzte, traut er sich einen Kampf um die Top-Ten zu. «Ja, das sollte möglich sein. Aber genau weiß ich es nicht. Ich möchte meinen Start im Vergleich zu Katar verbessern, das ist einmal Punkt 1. Dann schauen wir, wie wir uns zurechtfinden und wie es läuft. Denn einen richtigen Plan kann man sich nicht machen, wenn die Top-16 in einer Sekunde liegen und eine ähnliche Pace haben. Es wird im Rennen ganz schön zugehen. Es wird um Überleben gehen. Ich werde mich bemühen, in diesem ‚survival race‘ über die Distanz zu kommen.»

Ob Stefan Bradl auch den Montag-Test bestreiten wird, ist noch offen. «Das wird am Sonntag kurzfristig entschieden. Ich fliege jedenfalls erst am Dienstag heim. Man muss auch abwarten, ob Marc testet oder ob er sich am Montag schont.»

MotoGP-Ergebnis, Q2, Jerez, 1. Mai:

1.Quartararo, Yamaha, 1:36,755 min
2. Morbidelli, Yamaha, 1:36,812, + 0,057 sec
3. Miller, Ducati, 1:36,860, + 0,105
4. Bagnaia, Ducati, 1:36,960, + 0,205
5. Nakagami, Honda, 1:37,008, + 0,253
6. Zarco, Ducati, 1:37,054, + 0,299
7. Viñales, Yamaha, 1:37,070, + 0,315
8. Aleix Espargaró, Aprilia, 1:37,085, + 0,330
9. Rins, Suzuki, 1:37,124, + 0,369
10. Mir, Suzuki, 1:37,154, + 0,0,399
11. Binder, KTM, 1:37,467, + 0,712
12. Bradl, Honda, 1:37,502, + 0,747

Die weitere Startaufstellung:
13. Pol Espargaró, Honda, 1:37,407
14. Marc Márquez, Honda, 1:37,489,
15. Bastianini, Ducati, 1:37,675
16. Oliveira, KTM, 1:37,746
17. Rossi, Yamaha, 1:37,915
18. Marini, Ducati, 1:37,925
19. Petrucci, KTM, 1:38,065
20. Alex Márquez, Honda, 1:38,069
21. Lecuona, KTM, 1:38,139
22. Savadori, Aprilia, 1:38,325
23. Rabat, Ducati, 1:38,641

MotoGP, kombinierte Zeitenliste nach FP3, Jerez:

1. Nakagami, Honda, 1:36,985 min
2. Quartararo, Yamaha, + 0,025 sec
3. Bradl, Honda, + 0,041
4. Mir, Suzuki, + 0,051
5. Aleix Espargaró, Aprilia, + 0,064
6. Viñales, Yamaha, + 0,098
7. Bagnaia, Ducati, + 0,151
8. Zarco, Ducati, + 0,172
9. Rins, Suzuki, + 0,193
10. Miller, Ducati, + 0,203
11. Morbidelli, Yamaha, + 0,235
12. Marc Márquez, Honda, + 0,369
13. Binder, KTM, + 0,375
14. Alex Márquez, Honda, + 0,657
15. Rossi, Yamaha, + 0,719
16. Oliveira, KTM, + 0,725
17. Pol Espargaró, Honda, + 0,768
18. Marini, Ducati, + 0,786
19. Savadori, Aprilia, + 0,829
20. Bastianini, Ducati, + 0,928
21. Petrucci, KTM, + 0,949
22. Rabat, Ducati, + 1,428
23. Lecuona, KTM, + 1,516


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