Stefan Bradl sucht bei «Rookies Days» neue GP-Talente

Von Günther Wiesinger
Der Nachschub an vielversprechenden deutschen GP-Talenten ist vor zehn Jahren versiegt. Die Erfolge von Bradl, Cortese und Folger gehen zu Ende. Stefan Bradl ließ gestern in Hockenheim 9 Talente mit Moto3-Bikes fahren.

Unter der Mitwirkung von Honda-MotoGP-Testfahrer Stefan Bradl wurde gestern auf dem Hockenheimring der erste Tag seiner neuen Nachwuchsförderung namens «Stefan Bradl Rookies Days» abgewickelt. Der Bayer hat dafür von Honda Deutschland vier neue Moto3-Production Racer des Typs NSF 250R erhalten. Bei der Organisation der Veranstaltung und Auswahl der neun deutschen Talente half Ex-GP-Pilot Adi Stadler und HRC-Mitarbeiter tatkräftig mit. Stadler hat für den ADAC in Deutschland schon den Red Bull Rookies-Cup betreut, in dem Stefan Bradl 2003 seine ersten Schritte als Rennfahrer gemacht hat.

SPEEDWEEK.com hat sich mit Stefan Bradl ausführlich über seine Ziele mit den Rookies Days unterhalten, die am 18. August auf dem Sachsenring und dann im September in Hockenheim fortgesetzt werden. Die bisher ausgewählten Teilnehmer sind zwischen 10 und 16 Jahre alt. Ob alle auch bei den nächsten Events dabei sein werden, ist noch offen. Es werden alle deutschen Nachwuchsserien beobachtet und gegebenenfalls neue Talente zu den künftigen «Stefan Bradl Rookies Days» eingeladen.

Der 31-jährige Stefan Bradl schildert das Zusammentreffen mit den neun Rookies mit spürbarer Begeisterung. «Einer war erst zehn Jahre alt. Wir dachten, er sei elf. Er hat uns aber dann versichert, dass er im August elf Jahre alt wird», schmunzelte Bradl.

Es macht dem bayerischen Moto2-Weltmeister von 2012 sichtlich Freude, dank seiner Connections bereits Firmen wie Red Bull, Liqui Moly und die Hockenheimring GmbH für das Projekt begeistert zu haben und sein Wissen und Knowhow an die ehrgeizigen Teenager weitergeben zu können.

Stefan, du hast deine Pläne für diese Nachwuchsförderung im März beim Katar-GP erstmals öffentlich gemacht. Wie ist diese Idee und diese Initiative ursprünglich entstanden?

Wir haben ja immer wieder darüber geredet, dass aus den Bemühungen von DMSB, ADAC und DMV seit zehn Jahren kein GP-Fahrer mehr herausgekommen ist. Von SPEEDWEEK.com werde ich ja auch dauernd auf dieses Thema angesprochen.

Inzwischen fährt mit Marcel Schrötter nur noch ein deutscher Stammfahrer in der WM. Es war also höchste Zeit zu handeln.

Ja, und seit Florian Alt und Philipp Öttl vor zehn Jahren ist kein neuer deutscher GP-Fahrer in die WM gekommen. Die deutschen Fahrer setzen sich nicht einmal im Red Bull Rookies-Cup durch.

In den letzten Jahren habe ich immer gesagt, ich möchte mal etwas probieren. Denn alle reden nur, aber keiner unternimmt was.

Ich habe deshalb im vergangenen Winter viel Kontakt mit Adi Stadler von Honda gehabt. Er hat mitbekommen, dass ich an so einem Programm Interesse hätte und hat mich angerufen.

Adi hat mich nach Bopfingen eingeladen zu einem Minibike und Pocketbike-Rennen. Er hat mich gefragt, ob ich mir das einmal anschauen will. Ich habe eingewilligt.

Als mich die Leute dort erkannt haben, ist es gleich losgegangen: «Warum seid ihr da? Wollt ihr etwas machen?»

Die Buben waren gleich sehr euphorisch. So hat das begonnen.

Wir haben dann im Februar einen Termin bei Honda Deutschland in Frankfurt gehabt und haben gesagt: Wir brauchen Motorräder.
Die Bereitschaft von Honda zur Mitwirkung bei so einem Projekt war von Anfang an erkennbar.

Ich habe dann meine Pläne bei Red Bull vorgelegt. Denn mit Red Bull gab es schon 2019 und 2020 immer wieder Gespräche zum Thema, was man für den deutschen Nachwuchs machen könnte.

Der langen Rede kurzer Sinn: Wir wollen ein Talent entdecken und auf ein Level bringen, damit es dann nicht gleich im Red Bull Rookies Cup durchfällt. Manche Fahre sind dort eh nur durch einen länderspezifischen Bonus reingekommen, weil sie Deutsche, Österreicher oder Schweizer waren und Fahrer aus Mitteleuropa gesucht wurden.

Aber die deutschsprachigen Fahrer waren nicht auf einem Niveau, mit dem sie sich im Rookies-Cup durchsetzen hätten können. Sie waren meist schwer überfordert, weil das nationale deutsche Level stark zu wünschen übrig lässt, wenn man sich gegen die Talent aus Spanien oder Italien durchsetzen will.

Ich habe jetzt gesehen, in der Minibike-Serie ist das Niveau noch gar nicht so schlecht. Aber der nächste Schritt Richtung Moto3-Bikes ist einfach viel zu groß. Wenn sie dann gegen Italiener und Spanier fahren müssen, gehen sie unter.

Ja, deshalb gehen die Deutschen ja seit Jahren auch in der Moto3-Junioren-WM unter. Da feiern die vermeintlichen Talente wie Geiger & Co. schon jeden Punktegewinn als Erfolg. Wie kann man diese Situation verbessern?

Man muss die Talente mit den richtigen Motorrädern so vorbereiten, dass sie in den internationalen Nachwuchs-Meisterschaften nimmer total untergehen.

Man muss gewährleisten, dass sie sich im Red Bull Rookies-Cup gut aus der Affäre ziehen, wenn sie bei der Sichtung berücksichtigt worden sind.

Der Northern Talent Cup ist ja eigentlich eine gute Geschichte. Aber leider ist die KTM RC4 vielleicht nicht das richtige Motorrad. Das ist eine umgebaute Motocross-Maschine.

Dieses Feedback habe ich auch gestern bekommen. Wir hatten in Hockenheim vier NSF-250R-Production Racer. Das ist genau das richtige Bike und die ideale Vorbereitung für den Einstieg in den Rookies-Cup. Das ist die Basis für die Moto3-GP-Maschine NSF 250 RR.

Alle Teilnehmer waren gestern begeistert und haben gesagt: Das ist einfach ein Rennmotorrad, es ist richtig stabil, es ist beim Kurveneingang steif.

Die glaube, die KTM RC4 aus den NTC ist nicht das richtige Material für den nächsten Schritt.

Es ist eine Tatsache, dass aus dem ADAC Junior-Cup viele Talente in die WM gekommen sind, solange mit der Aprilia 125 gefahren wurde. Nach dem Umstieg auf die 450-ccm-KTM mit Offroad-Basis kam kein einziges internationales Talent mit WM-Format mehr zum Vorschein. Die Dorna wollte KTM eine Plattform bieten, weil schon im Asian Talent Cup, im British Talent Cup und im European Talent Cup mit der Honda NSF250R gefahren wird.

Ja, das ist ja irgendwie verständlich.

Wir haben jedenfalls gestern für die neun Teilnehmer vier eigene Motorräder gehabt. Dazu haben zwei Fahrer ihre Honda NSF 250R mitgebracht, also waren es sechs. Beim nächsten Event im August werden wir acht eigene Bikes in der Box haben.

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