Was bedeutet der Rücktritt von Rossi für die MotoGP?

Kolumne von Michael Scott
Spielberg verabschiedete Valentino Rossi mit einem Banner

Spielberg verabschiedete Valentino Rossi mit einem Banner

Diese Frage steht schon länger ihm Raum, spätestens 2022 finden wir es heraus. SPEEDWEEK.com-Kolumnist Michael Scott macht aber jetzt schon Auswirkungen auf das MotoGP-Paddock aus.

Es kam nicht unerwartet, aber vorherzusagen, was Valentino Rossi als nächstes tun würde, war immer schon riskant. Genauso wie seine strahlende Karriere die MotoGP zu etwas Besonderem gemacht hat, so wirkt sich auch sein Rücktritt auf alles und alle rund um den Sport aus.

Am meisten trifft es die Fans. Und Dorna – die Kehrseite derselben Medaille. 24 Jahre sind seit seinem ersten Titelgewinn vergangen, zwölf seit seinem letzten, aber seine gelbe Armee ist deshalb nicht kleiner geworden. Wenn ist das Gegenteil der Fall. Keiner seiner Nachfolger, wie sehr sie es auch versuchen, nimmt die Tribünen so ein, nicht einmal Marc Márquez.

Die Zuschauerzahlen und die TV-Quoten gingen für Rossi in die Höhe, selbst wenn seine Ergebnisse einbrachen. Dorna wird gut zu tun haben, um seine Abwesenheit auszugleichen.

Mit diesem Problem beschäftigt man sich schon länger, immer wieder kam die Frage auf: Was passiert, wenn Rossi geht? Wir werden es bald herausfinden.

Auch für die Fahrer sind die Auswirkungen enorm. Es ist Jahre her, dass er der Mann war, denn alle schlagen wollten. Sein Einfluss reicht aber viel tiefer, sein Abgang rührt einen ohnehin schon unsicheren Transfermarkt weiter auf.

Dass der inzwischen 42-Jährige seinen Rücktritt am selben Wochenende verkündete, an dem der 23-jährige Rookie Jorge Martin seinen ersten MotoGP-Sieg feierte, unterstreicht die Wachablöse. Eine neue Generation hat das Kommando übernommen.

MotoGP ist was für junge Männer. Die Konsequenzen spannen sich über das gesamte Fahrerlager und alle Klassen.

Yamaha muss nun zwei neue Fahrer finden, nicht nur einen Ersatz für  Maverick Viñales. Das neue VR46-Ducati-Team muss ohne seinen Boss als Fahrer auskommen, obwohl es Stimmen gab, die den Sponsoring-Vertrag mit dem zahlungskräftigen Partner aus Saudi-Arabien davon abhängig machten, dass der neunfache Weltmeister im Sattel saß.

Der Domino-Effekt löste eine umgehende Reaktion bei KTM aus, die aufgrund der Avancen von «anderen Herstellern» (in anderen Worten Yamaha) gezwungen waren, die Ankündigung des MotoGP-Aufstiegs von Raul Fernandez vorzuziehen. Er wird in der kommenden Saison neben Remy Gardner das Tech3-Team komplettieren.

KTM fördert und behütet den spanischen Jungstar seit seiner Zeit im Red Bull Rookies Cup. Auf keinen Fall würde sie zulassen, dass ihn jetzt die Konkurrenz wegschnappt, nein danke.

Yamaha wird Franco Morbidelli aus dem Kundenteam ins nächstjährige Werksteam befördern, aber wo wird das Sepang Racing Team Ersatz für den Vizeweltmeister von 2020 und dessen Mentor Valentino Rossi finden?

Yamahas Superbike-Ass Toprak Razgatlioglu war zwar in Spielberg zu Gast, bleibt aber in der seriennahen Weltmeisterschaft. Eine Option in Garrett Gerloffs neuem Vertrag lässt immerhin noch eine Tür in Richtung MotoGP offen.

Teamchef Razlan Razali schaut sich in der Moto2-Klasse um, aber die Top-2 der Tabelle (Gardner und Raul Fernandez), und drei der verbleibenden Top-8 (Bezzecchi, Canet, Di Giannantonio) sind bereits gebucht. Es bleibt der WM-Vierte Sam Lowes, 30 Jahre alt und mit nicht gerade aufregenden MotoGP-Ergebnissen auf der Aprilia im Jahr 2017 im Gepäck. Augusto Fernandez (6.) wurde zwar als Kandidat gehandelt, dürfte aber letztendlich bei Ajo den Platz seines Namensvetters einnehmen. Noch vielversprechender wäre ohnehin Ai Ogura (8.), aber der ist an Honda gebunden.

Zu allem Überfluss springt dem Yamaha-Kundenteam auch noch Titelsponsor Petronas ab. Der Rennstall aus Malaysia muss kleinere Brötchen backen, die Teams in der Moto3 und Moto2 zusperren. Auch deshalb gilt Petronas-Moto3-Pilot Darryn Binder, der in Brünn bereits mit einem 1000-ccm-YART-Yamaha-R1-Superbike unterwegs war, als Kandidat für den MotoGP-Platz.

Aprilia fischt wie erwartet Viñales aus dem Strudel, was wiederum deren aktuellen Testfahrer Andrea Dovizioso auf dem Trockenen sitzen lässt. Mit seinen 35 Jahren ist der dreifache MotoGP-Vizeweltmeister aber auch kein gefundenes Fressen für ein Kunden- bzw. Junior-Team.

Und wie steht es mit den Auswirkungen auf Rossi selbst? Er wirkte in der Pressekonferenz überraschend gefasst, als er seinen Rücktritt verkündete. Trotzdem wird es nach 25 Jahren in der Motorrad-WM eine Lücke in seinem Leben zu füllen geben. Sein neues MotoGP-Team wird ihm dabei helfen, die VR46 Riders Academy genauso – und allen voran natürlich das freudige Ereignis, das er vor zwei Tagen ankündigte: «Vale» und seine Francesca werden erstmals Eltern, ein Mädchen ist auf dem Weg.

Wird er im Fahrerlager weiter eine größere Rolle spielen wollen?

«Du fährst keine Rennen aus Spaß», meinte er bei seiner Rücktrittankündigung. «Du fährst für die Ergebnisse, um zu gewinnen.»

Das muss seine Entscheidung erleichtert haben. Und jene, künftig Autorennen zu fahren, wurde dadurch beschleunigt, wahrscheinlich mit GT2-Wagen. «Nicht auf demselben Level», betonte er.

Abwarten, wir werden es sehen.

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