Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Hervé Poncharal (KTM): «Ein Schock für Remy und Raúl»

Von Günther Wiesinger
Das KTM-Tech3-Team freut sich auf die Saison mit der neuen Fahrerpaarung Remy Gardner & Rául Fernández. Teambesitzer Hervé Poncharal ist begeistert.

Der französische KTM Tech3 Factory Racing Team von Hervé Poncharal geht nächstes Jahr mit einer neuen Fahrerpaarung in die MotoGP-WM, die ihresgleichen sucht. Moto2-Weltmeister Remy Gardner hat in diesem Jahr fünf GP-Siege erobert, der WM-Zweite Rául Fernández als Rookie sogar acht, damit hat er den Rekord von Marc Márquez (sieben Siege im Moto2-Debütjahr 2011) übertroffen.

Gardner und Fernández konnten sich am 22. September in Misano schon einen Tag lang mit den KTM-RC16-Werksmaschinen von Danilo Petrucci und Iker Lecuona anfreunden. Am 18./19. November nahmen sie bereits als neue Stammfahrer am Jerez-Test teil – und zogen sich als Rookies recht respektabel aus der Affäre.

Tech3-Teambesitzer Hervé Poncharal (63) hat bereits viele tüchtige Rookies auf dem Weg in die MotoGP begleitet, von Bradley Smith über Pol Espargaró bis zu Folger, Zarco, Syahrin, Oliveira und Lecuona. Aber er hat noch nie ein Fahrerduo im Team gehabt, das mit 13 Saisonsiegen im Gepäck aufmarschiert ist und deshalb neben dem unbestrittenen Fahrkönnen auch jede Menge Selbstvertrauen und Vorschusslorberen mitbringt.

«Ja, ich bin so stolz und glücklich, mit Remy und Raúl die Nummer 1 und die Nummer 2 der Moto2-Weltmeisterschaft unter meinen Fittichen zu haben», erklärte Poncharal im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Sie sind beide jung, sie sind beide super Fahrer, aber gleichzeitig sind es nette Jungs, mit denen man gern zusammenarbeitet. KTM und Red Bull betreiben gemeinsam das Projekt ‚Road to MotoGP‘, das im Rookies-Cup beginnt und über die Moto3 und Moto2 in die MotoGP-Klasse führt. Das ist die hauptsächliche Mission meines Teams. Ich bilde die jungen Fahrer aus der Moto2 gut für die MotoGP-Klasse aus. Meine Aufgabe ist klar, und ich liebe diesen Auftrag. Für mein Team ist es sinnvoller, wenn ich Talente wie Remy oder Raúl habe als einen bereits etablierten MotoGP-Fahrer. Denn es macht so viel Freude, diese Schritte gemeinsam zu planen.»

Poncharal bezeichnet die beiden Jerez-Testtage als «fantastisch». Denn man habe bei jedem einzelnen Run von Gardner und Fernández gesehen, dass sie wie ein Schwamm alle Informationen und Erkenntnisse dankbar aufsaugen.

«Beide Fahrer waren natürlich beeindruckt von unserem Rennmotorrad, das ist das Beste, was man bekommen kann», hält Poncharal fest. «Remy und Rául waren auch beeindruckt, wie viele KTM-Techniker plötzlich für unser MotoGP-Projekt in der Box standen. Das war einerseits ein erwärmendes Gefühl für sie, anderseits auch ein kleiner Schock. Denn der Unterschied zur Moto2 ist gewaltig. Du hast in der MotoGP so viele Techniker, die dir Fragen stellen. Als Rookie bis du nicht gewohnt, so viele Antworten zu liefern. Und an einem gewissen Punkt kratzt du dich dann als Fahrer am Kopf. Das ist eine neue Situation für die Neulinge. Es ist wichtig, dass sie verstehen, was sie neu lernen müssen. Deshalb waren die zwei Testtage vor der Winterpause so wichtig. Das war von Bedeutung und wichtiger als mit Nachdruck für eine Rundenzeiten zu pushen. Die Rundenzeiten sind zu diesem Zeitpunkt der Saison nicht relevant – schon gar nicht für Neulinge.»

Besonders Raúl Fernández hielt bei der ersten MotoGP-Probefahrt in Misano fest, er betrachte den ersten MotoGP-Tag nicht als Test, sondern eine Belohnung für die außergewöhnliche Moto2-Ergebnisse. Er rechnete damals noch mit einem Moto2-Titelgewinn und kam in Texas wirklich bis auf 9 Punkte an Gardner heran. Am Ende fehlten ihm jedoch vier Punkte zum Titelgewinn.

Poncharal: «Raúl sagte mir, in Misano habe er sich noch als Moto2-Fahrer gefühlt, jetzt sei er ein echter MotoGP-Pilot. Deshalb ging er jetzt mit einer anderen Einstellung ans Werk. Es ging nicht mehr nur darum, Freude mit der MotoGP-KTM zu haben. Er hat verstanden, dass diese zwei Tage auch dazu dienten, die MotoGP-Saison 2022 vorzubereiten.»

MotoGP-Test Jerez, kombinierte Zeiten (18./19. November):

1. Bagnaia, Ducati, 1:36,872 min
2. Nakagami, Honda, + 0,441 sec
3. Quartararo, Yamaha, + 0,452
4. Zarco, Ducati, + 0,484
5. Bastianini, Ducati, + 0,530
6. Rins, Suzuki, + 0,551
7. Pol Espargaró, Honda, + 0,624
8. Viñales, Aprilia, + 0,750
9. Mir, Suzuki, + 0,762
10. Miller, Ducati, + 0,845
11. Alex Márquez, Honda, + 0,888
12. Morbidelli, Yamaha, + 1,012
13. Brad Binder, KTM, + 1,070
14. Marini, Ducati, + 1,153
15. Dovizioso, Yamaha, + 1,157
16. Oliveira, KTM, + 1,213
17. Aleix Espargaró, Aprilia, + 1,277
18. Martin, Ducati, + 1,280
19. Di Giannantonio*, Ducati, + 1,656
20. Raúl Fernández*, KTM, + 1,819
21. Savadori, Aprilia, + 1,852
22. Gardner*, KTM, + 1,856
23. Guintoli, Suzuki, + 2,168
24. Pedrosa, KTM, + 2,313
25. Kallio, KTM, + 2,404
26. Bezzecchi*, Ducati, + 2,440
27. Darryn Binder*, Yamaha, + 3,069
28. Tsuda, Suzuki, + 4,064

* = MotoGP-Rookie


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