Stoner: Setzte Honda zu sehr auf Márquez’ Stärke?

Von Nora Lantschner
Casey Stoner kürte sich 2011 in Repsol-Honda-Farben zum MotoGP-Weltmeister. Der Australier glaubt zu wissen, welchen Fehler Honda angesichts der Erfolge von Marc Márquez beging.

In Abwesenheit von Marc Márquez blieb Honda nach dessen folgenschweren Oberarmbruch am 19. Juli 2020 ungewohnt lange sieglos: Ganze 21 MotoGP-Rennen musste der größte Motorradhersteller der Welt warten, bis Márquez selbst auf dem Sachsenring im Juni dieses Jahres die längste Durststrecke seit Hondas Vollzeit-Rückkehr in die «premier class» im Jahr 1982 beendete. Nach drei Saisonsiegen fiel der 28-jährige Spanier aufgrund eines Trainingsunfalls am 30. Oktober dann allerdings erneut aus.

Immer wieder kam in den vergangenen Monaten daher die Frage auf: War Honda jahrelang zu sehr auf Speerspitze Marc Márquez fokussiert und bezahlt nun dafür?

Als Casey Stoner nach dreieinhalb Jahren erstmals wieder in das MotoGP-Paddock zurückkehrte, wurde er als ehemaliger Repsol-Honda-Weltmeister und Honda-Testfahrer natürlich darauf angesprochen. «Von Marc weiß jeder, dass er unglaublich talentiert ist. Seine Reaktionszeit ist unübertroffen, daher war er auch immer in der Lage, die Vorderradrutscher so schnell abzufangen», schickte Stoner voraus.

«Ich glaube, einen Fehler machten Marc und seine Mannschaft in den ersten Jahren», kam der zweifache MotoGP-Champion dann auf die Frage zurück. «Marc war immer schon sehr stark auf der Bremse, also machten sie das Motorrad zu einem Bike, das nur auf der Bremse gut war. Es ist ja immer eine Kompromiss-Geschichte. Wenn du eine massive Stärke am Motorrad hast, machst du es im Gegenzug in anderen Bereichen extrem schwach. Du kannst nicht alles gleichzeitig haben. So ist es einfach – und daher sehen wir auch viele unterschiedliche Hersteller, die gewinnen, weil keiner das perfekte Paket hat.»

«Als ich für Honda testete, lag der Fokus sehr stark auf der Bremsphase und der Bremsstabilität. Danach ließ sich das Bike aber nur ungern einlenken. Marc war aber sehr gut darin, einige der Probleme zu überdecken», fuhr der 45-fache GP-Sieger fort. «Dann hatten sie aber auch 2015 Mühe, als er die Weltmeisterschaft nicht gewann, und mussten auf ein altes Chassis zurückkehren, um das Gefühl wieder zu finden, damit es mit dem Turning in der Kurvenmitte besser klappte», ergänzte Stoner.

Der 36-jährige Australier betonte allerdings auch: «Ich kann nicht auf dem Sofa sitzen und beurteilen, was zuletzt vor sich ging. Ich weiß aber, dass ich in meinen frühen Jahren bei Ducati so ziemlich der einzige [Ducati-Pilot] an der Spitze war, während die anderen Schwierigkeiten hatten. Ich fand das Motorrad auch nie so schlecht, wir konnten damit schließlich immer noch gewinnen und auf das Podium fahren. Jeder Fahrer ist aber anders und will andere Dinge. Ob es jetzt ein Problem von Honda ist oder wo es liegt, ist sehr schwierig zu sagen. Wie gesagt, ich kann nicht vom Sofa aus beurteilen, was genau vor sich geht. Ich kann nur über die Schwierigkeiten reden, die sich mit einigen Chassis ergaben, als ich für Honda testete.»

Zur Erinnerung: Casey Stoner holte 2011 auf der Repsol-Honda seinen zweiten WM-Titel, ehe er seine Karriere als aktiver Rennfahrer eine Saison später schon im Alter von 27 Jahren beendete. Er testete anschließend für Honda und kehrte Ende 2015 zu Ducati zurück. Für den Hersteller aus Borgo Panigale, dem Stoner 2007 den bis heute einzigen MotoGP-Fahrer-Titel beschert hatte, füllte er die Testfahrerrolle noch bis 2018 aus.

Abschließend hielt Stoner mit Blick auf das aktuelle Repsol-Honda-Duo fest: «Wir wissen, wie talentiert Marc ist. Pol [Espargaró] hat eine Weile gebraucht, aber jetzt kommt er weiter nach vorne – vielleicht hat er gefunden, was er braucht.»

MotoGP Endstand Fahrer-WM (nach 18 Rennen):

1.Quartararo 278 Punkte. 2. Bagnaia 252. 3. Mir 208. 4. Miller 181. 5. Zarco 173. 6. Binder 151. 7. Marc Márquez 142. 8. Aleix Espargaró 120. 9. Martin 111. 10. Viñales 106. 11.Bastianini 102. 12. Pol Espargaró 100. 13. Rins 99. 14. Oliveira 94. 15. Nakagami 76. 16. Alex Márquez 70. 17. Morbidelli 47. 18. Rossi 44. 19. Marini 41. 20. Lecuona 39. 21. Petrucci 37. 22. Bradl 14. 23. Pirro 12. 24. Dovizioso 12. 25. Pedrosa 6. 26. Savadori 4. 27. Rabat 1.

Konstrukteurs-WM:
1. Ducati 357 Punkte. 2. Yamaha 309. 3. Suzuki 240. 4. Honda 214. 5. KTM 205. 6. Aprilia 121.

Team-WM:
1. Ducati Lenovo 433 Punkte. 2. Monster Energy Yamaha 380. 3. Suzuki Ecstar 307. 4. Pramac Racing 288. 5. Repsol Honda 250. 6. Red Bull KTM Factory Racing 245. 7. LCR Honda 146. 8. Esponsorama Racing 143. 9. Aprilia Racing Team Gresini 135. 10. Petronas Yamaha SRT 96. 11. Tech3 KTM Factory Racing 76.

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