Yamaha steht vor Einigung mit neuem Kundenteam

«King Kenny» Roberts wird 70: «Wollte der Beste sein»

Von Günther Wiesinger
Kenny Roberts senior wird heute 70 Jahre alt. Der dreifache 500-ccm-Weltmeister war auch als Teambesitzer und Motorradhersteller erfolgreich – mit Modenas und Proton. «Es war eine andere Ära. Ich bereue nichts.»

Der Kalifornier «King Kenny» Roberts hat 1978, 1979 und 1980 die Halbliter-Weltmeisterschaft gewonnen und den Siegeszug der Amerikaner in der Königsklasse eingeleitet. Kenny schreckte nie vor neuen Herausforderungen zurück. 20 Jahre lang galt der Ausnahmekönner als Yamaha-Ikone. Er gewann vor der ersten WM-Saison 1978 in den USA schon die «Number One Plate» als Aushängeschild von Yamaha. Er gewann diese US-Meisterschaft dreimal – sie setzte sich aus fünf Disziplinen (Road Racing, Short Track, Mile, Half Mile und TT Steeple Chase) und 27 Wettbewerben im Jahr zusammen.

Der zweifache Daytona-200-Gewinner Steve McLaughlin (73) attestiert deshalb: «Kenny war sicherlich der am höchsten talentierte ‘allround rider‘, den ich je in meinem Leben gesehen habe. Er hatte auch beim Dirt Track einen besonders Fahrstil und ein außergewöhnliches Talent.»

Denn wer in den USA damals die Number One Plate gewinnen wollte, musste als Road Racer sattelfest sein, dazu als Crossfahrer (TT Steeple Chase mit Sprüngen), Sandbahn-Drifter (Mile-Races mit 750-ccm-Bikes mit mehr als 160 km/h Schnitt und Half Mile) sowie als Speedwaykönner beim Short-Track.  

Roberts gewann 22 Halbliter-GP und führte nach Beendigung seiner aktiven GP-Karriere noch Yamaha-WM-Teams in den Klassen 250 und 500 ccm mit Stars wie Lawson, Kocinski, Rainey, Mamola, Baldwin, Bayle und Abe.

Aber nach der Saison 1996 trennte er sich von Yamaha – nicht gerade im besten Einvernehmen.

Roberts ließ dann in seiner Firma in England eigene GP-Maschinen bauen. Für 1997 brachte er die 500-ccm-Dreizylinder-Modenas zum Vorschein. Die Inspiration für das V3-Konzept kam von Honda, nachdem er 1982 gegen Freddie Spencers 500-ccm-Triple die WM um 2 Punkte verspielt hatte.

Das Geld für den Bau steuerte der malaysische Zweiradhersteller Modenas bei. Den verantwortlichen Marketingchef hatte «King Kenny» in Kuala Lumpur beim Golfspielen kennengelernt.

Ralf Waldmann landete mit der Modenas-V3 beim GP von Deutschland 1998 auf dem Sachsenring auf dem siebten Platz. Sein Teamkollege war Kenny Roberts junior, der die 500er-WM 2000 auf der Werks-Suzuki gewann. «Little Kenny» wurde in Sachsen Sechster.

Kenny 1997 in Shah Alam: Enttäuscht von Yamaha

Als ich Teambesitzer Kenny Roberts senior 1997 beim Saisonauftakt in Shah Alam/Malaysia fragte, wie es nach der Trennung um sein Verhältnis zu Yamaha bestellt sei, antwortete Roberts in seiner offenherzigen Art: «Bei Yamaha gibt es einige Leute, auf die würde ich nicht einmal pinkeln, wenn sie lichterloh brennen.»

Modenas trat in der 500er-WM in den Jahren 1997, 1998, 1999 und 2000 an. In der Marken-WM wurden die Ränge 5, 4, 7 und 6 erreicht.

Dann wurde das 500-ccm-Rennmotorrad auf Proton-KR umgetauft, weil nun der malaysische Automobilhersteller Proton (damals 65 Prozent Marktanteil in Malaysia) als Namensgeber auftrat.

Das letzte Highlight: In der Saison 2002, als die 990-ccm-MotoGP-Viertakter gegen die letzten 500-ccm-Zweitakt-Mohikaner um die Wette fuhren, zauberte Jeremy McWilliams beim Australien-GP auf Phillip Island mit der Proton-KR-Dreizylindermaschine eine Pole-Position herbei.

Es sollte die letzte 500-ccm-Trainingsbestzeit eines Zweitakters in der «premier class» bleiben.

Für die Viertakt-Ära (2002 fuhren noch die 500er-2T gegen die 990er-4T) ließ Roberts von seiner KR Engineering Company in Banbury/GB einen V5-Motor bauen. Er wollte damit vermeiden, dass sein Konzept wieder unter PS-Mangel litt – wie die 500-ccm-Dreizylinder-Modenas gegen die ganzen Vierzylinder von Suzuki, Honda, Yamaha und Suzuki.

Honda hatte in der neuen MotoGP-Viertakt-Klasse 2002 mit dem Fünfzylinder-Bike RC211V groß aufgetrumpft. Roberts versuchte, dieses Konzept zu kopieren – und scheiterte als Bastelfirma wegen Budget- und Manpower-Mangel gegen die japanischen Giganten sowie Ducati grandios.

Aber zwischen 2002 und 2005 schaffte Proton immerhin in der Konstrukteurs-WM die Ränge 4, 4, 6, 7 und 7.

Danach beendete Roberts das V5-Projekt – und besorgte für seinen Rennstall zuerst V4-KTM und dann Honda-Motoren.

Trotz der schwierigen Zeiten verlor King Kenny seinen Humor nicht. «Unsere V5-Motoren sind durchaus brauchbar», grinste er. «Zumindest als Anker für mein Motorboot...»

Kenny Roberts: «Ich war immer der Zeit voraus»

Doch Kenny Roberts senior bereut seine Experimente und Alleingänge nicht, auch wenn sie ihn viel Geld und einen Großteil seiner Ersparnisse gekostet haben.

«Als Rennfahrer habe ich mich immer bemüht, in meinem Job als Racer noch besser zu werden», betonte Roberts. «Als Teambesitzer hat sich mein Ehrgeiz nicht verändert. Ich wollte unbedingt der beste und erfolgreichste Teamowner sein. Als ich dazu noch in die Rolle eines Motorradherstellers geschlüpft bin, wollte ich der beste Hersteller in der Königsklasse sein. Bei diesen Aufgaben habe ich eine Lernkurve durchgemacht, die mir Freude gemacht hat. Ich wollte immer besser und besser werden. Das hat mich angetrieben.»

Offenbar hat Roberts diesen Ehrgeiz und diese Entschlossenheit bei Yamaha nach 20 Jahren vermisst.

«Ich hatte es satt, immer die gleiche Trommel zu schlagen», betont King Kenny. «Deshalb habe ich mir gesagt: ‚Hör auf damit. Genug ist genug. Ich kann nicht mehr schlafen, also werde ich das verändern.’ Deshalb habe ich mich entschieden, meine eigenen Rennmotorräder zu bauen. Zwei, drei Leute haben mir bei diesem Projekt wirklich geholfen, sie haben mich unterstützt. Das hat mich gefreut.»

Heute würde man in der MotoGP-WM mit diesen bescheidenen Mitteln längst keinen Blumentopf mehr gewinnen. Roberts weiß das. Heute sind die so genannten Hinterhof-Bastler aus der «premier class» verschwunden, auch Chassis-Hersteller wie ROC, Harris, FTR, Moriwaki, Suter und viele andere.

«Es war eine andere Zeit und eine andere Ära. Ich war mir bewusst, was ich machen wollte und habe diesen Plan umgesetzt. Der Rest hat keine Rolle gespielt. Immerhin haben wir 2002 in Australien als letzter Zweitakt-Hersteller eine Pole-Position erobert – mit 500 ccm gegen alle 990-ccm-Viertakter! Unsere 500-ccm-Triple war also kein schlechtes Motorrad. Aber die Entwicklung und der Bau haben länger gedauert, als ich erwartet habe. Damals war der GP-Sport nicht auf dem Level, auf dem er heute ist. Vielleicht wollte ich manche Dinge in meinem Leben zu früh verändern. Das habe ich immer gemacht… Ich war der Zeit immer voraus.»

Übrigens: Die Wogen zwischen Kenny (er beendete seine GP-Karriere mit 32 Jahren) und Yamaha haben sich längst wieder geglättet. Beim Texas-GP in Austin 2019 war die Versöhnung spürbar: Kenny marschierte in Yamaha-Teamkleidung in der Box von Rossi und Viñales herum.

Roberts: «Vielleicht habe ich das Eigenbau-Projekt ein bisschen zu früh zugesperrt. Es gab ein paar unglückliche Umstände bei diesem Modenas-Konzept. Ich war mit ein paar Angelegenheiten konfrontiert, die nicht unter meine Kontrolle standen und das Projekt behindert haben. Wenn man mich im Nachhinein fragt, ob ich es noch einmal auf mich nehmen würde, gebe ich eine klare Antwort – ja. Ja, ich würde alles noch einmal genau so machen.»

Die 500-ccm-Bilanz von Kenny Roberts 

1978: Platz 1 mit 110 Punkten, 4 GP-Siege (Yamaha)
1979: Platz 1 mit 113 Punkten, 5 GP-Siege (Yamaha)
1980: Platz 1 mit 87 Punkten, 3 GP-Siege (Yamaha)
1981: Platz 3 mit 74 Punkten, 2 GP-Siege (Yamaha)
1982: Platz 4 mit 68 Punkten, 2 GP-Siege  (Yamaha)
1983: Platz 2 mit 142 Punkten, 6 GP-Siege (Yamaha)

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