Stefan Bradl: Springt er wieder für Marc Márquez ein?

Von Günther Wiesinger
Ob der unter Sehstörungen leidende Marc Márquez zum Saisonstart wieder einsatzfähig sein wird, ist ungewiss. Stefan Bradl, der Vaterfreuden entgegen sieht, steht jedenfalls als Ersatzfahrer bereit.

Am 5./6. Februar beginnen die MotoGP-IRTA-Tests in Sepang/Malaysia, von 11. bis 13. Februar wird danach auf dem neuen Mandalika Street Circuit auf der Ferieninsel Lombok in Indonesien gefahren. Bisher kann niemand abschätzen, ob der sechsfache MotoGP-Weltmeister Marc Márquez bis dahin einsatzfähig sein wird. Es vermag auch niemand zu beurteilen, ob sich der Repsol-Honda-Star wenigstens beim Saisonauftakt in Doha/Katar (4. bis 6. März) wieder auf seine Honda RC213V schwingen kann.

Fest steht nur, dass im Bedarfsfall wieder einmal Testfahrer Stefan Bradl (32) in die Bresche springen wird. Der Bayer hat im Dezember in Jerez getestet und wird auch beim Superbike-WM-Test im Januar wieder auf dem «Circuito de Jerez – Ángel Nieto» mit dem MotoGP-Bike aufmarschieren.

Stefan Bradl hat schon 2020 bei Repsol-Honda nicht weniger als 11 der insgesamt 14 Saisonrennen bestritten. Er fehlte damals nur bei den ersten zwei Grands Prix in Jerez und ersetzte dann den verletzten Marc Márquez nach dessen Oberarmbruch ab dem Tschechien-GP in Brünn. In Misano-1 trainierte Bradl zwar, musste aber damals wegen einer muskulären Überbelastung im rechten Ellenbogen auf das erste Misano-Rennen verzichten. Beim zweiten Misano-GP stand er wieder am Start, nachdem sich der überbeanspruchte «nervus ulnaris» wieder beruhigt hatte.

In der MotoGP-Saison 2021 nahm Bradl statt Marc Márquez an den beiden Katar-Rennen teil. Danach fuhr der Zahlinger, der inzwischen Vaterfreuden entgegen sieht, in Jerez und Misano-1 mit einer Wildcard für das HRC Test Team, ehe er im November beim Algarve-GP von Portimão für den neuerlich verletzten Márquez einsprang.

Das bedeutet: Marc Márquez hat für Repsol-Honda in den Jahren 2020 und 2021 insgesamt an 15 Rennen teilgenommen, denn er gab bei Jerez-2 im Vorjahr schon am Samstag auf, Bradl bei Repsol an 14 Wettkämpfen – plus zwei Wildcard-Einsätzen.

Der Offroad-Unfall von Marc Márquez passierte für Honda Ende Oktober zum ungünstigen Zeitpunkt. Der Spanier hatte soeben zwei Rennen in Serie (Texas und Misano-2) für sich entschieden, die Honda war wieder konkurrenzfähig geworden, wie der zweite Platz von Pol Espargaró hinter Marc verdeutlichte.

Marc Márquez hatte zuvor eindrucksvoll vorgeführt, dass 2022 beim Titelkampf wieder ein ernsthaftes Wort mitreden würde. Er hatte in seinen letzten vier Rennen 2021 inklusive Misano-2 nicht weniger als 83 von 100 möglichen Punkten erzielt, Bagnaia 66, Quartararo nur 61.

Doch bei einer Untersuchung in der Dexeus-Klinik in Barcelona stellte Dr. Sánchez Dalmau am 8. November jedoch bei Marc Márquez eine Diplopie fest. Das bedeutet, dass der 59-fache MotoGP-Sieger zwei Bilder eines einzelnen Objekts erkennt, also binokulare Doppelbilder.

Die Untersuchung hat zudem eine Lähmung des vierten rechten Nervs mit Beteiligung des rechten Musculus obliquus superior ergeben. Es wurde eine konservative Behandlung mit regelmäßigen Aktualisierungen gewählt, um die klinische Entwicklung zu verfolgen. Dieser Nerv ist derjenige, der bei Marc bereits im Jahr 2011 beim FP1-Crash in Sepang verletzt wurde.

Stefan Bradl kennt keine aktuellen Einzelheiten zum Zustand von Marc Márquez. Und er muss nicht abwarten, ob er den Marschbefehl für den Sepang-Test bekommt, weil er als Testfahrer dort sowieso von 31. Januar bis 2. Februar am Shake-down-Test mitfahren wird.

Bradl rechnet auf jeden Fall für 2022 wieder mit zwei Wildcard-Einsätzen, er hat im Sommer erstmals einen Zwei-Jahres-Vertrag mit HRC unterschrieben. Und da er weiterhin mit Herz und Seele Rennfahrer ist, bereitet er sich gewissenhaft auf die Saison vor.
Denn er will nicht mehr ins kalte Wasser geworfen werden wie im August 2020, als er vor dem Brünn-GP sechs Monate keinen Meter mit der Honda RC213V gefahren war.

Bradl weiß, wie wertvoll und unersetzlich Marc Márquez für Honda ist. Deshalb hofft er auf eine rechtzeitige Genesung seines ehemaligen Moto2-Rivalen.

Aber falls der spanische Superstar wie im Vorjahr verspätet in die Saison einsteigt, wird der siebenfache GP-Sieger bereit sein. «Ich kenne die Jungs aus dem Repsol-Team mittlerweile gut, auch Marcs Crew-Chief Santi Hernandez. Ich will mir keinen Druck machen, aus diesem Alter bin ich raus. Die Position, die ich bei HRC habe, ist gefestigt. Ich muss niemanden irgendwas beweisen – außer mir selber. Und da sind die Ansprüche sowieso vorhanden», erklärte Stefan Bradl gegenüber SPEEDWEEK.com.

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