Pit Beirer: «KTM brachte viele Talente in den Sport»

Von Günther Wiesinger
Pit Beirer

Pit Beirer

«Die Jugendarbeit in den Nachwuchsklassen kostet uns im Jahr Millionen von Euro», sagt KTM-Motorsportchef Pit Beirer. Deshalb versteht er die Vorwürfe von Ducati-Manager Tardozzi nicht, der von Knebelverträgen sprach.

Im Herbst prangerte der Ducati-MotoGP-Teamkoordinator Davide Tardozzi bei einem Interview an, KTM verfügte über eine unrechtmäßige Vormachtstellung bei der Verpflichtung von Nachwuchspiloten, weil die Österreicher die Talente schon im Red Bull Rookies Cup und in der Moto3-WM unter Vertrag nehmen und quasi durch Knebelverträge für alle Zukunft an die österreichische Marke binden.

Diese Aussage war auf Talente wie Raúl Fernández und Pedro Acosta gemünzt, aber auch auf Oliveira und Binder, die bei KTM schon im Rookies-Cup und in den kleinen Klassen aktiv waren. Bwei genauer Betrachtung erwiesen sich aber alle Aussagen von Tardozzi als Unsinn, denn erstens macht KTM für den Rookies-Cup keine Fahrerverträge, sie werden von Red Bull abgeschlossen. Und zweitens existiert kein Fahrer, der nicht nach dem Red Bull Rookies-Cup irgendwann ein anderes Fabrikat fuhr, ehe er dann womöglich KTM zurückkehrte. Das gilt Zarco, Oliveira, Binder und alle anderen Talente, die der Ducati-Mann im Kopf hatte.

Außerdem: Ducati hatte letztes Jahr fünf MotoGP-Fahrer unter Vertrag, vier davon waren vorher bei Red Bull KTM: Miller, Zarco, Martin und Bastianini. Pecco Bagnia bildet die einzige Ausnahme, er kommt aus der VR46 Riders Academy.

Pit Beirer, Motorsport-Direktor der Pierer Mobility mit den Marken KTM, Husqvarna und GASGAS, kann sich über die seltsamen Gedankengänge von Tardozzi nur heftig wundern. «Wenn ich ganz ehrlich bin, verblüffen mich solche Aussagen natürlich schon, ärgern will ich mich darüber nicht. Denn um die Fruchte einer Jugendarbeit zu ernten, musst du zuerst einmal 15 Jahre Jugendarbeit betreiben. Denn Rookies-Cup machen wir jetzt gemeinsam mit Red Bull seit 2007. Wir haben dann bis 2017 kein MotoGP-Team gehabt, weshalb uns das Herz geblutet hat, denn die jungen Burschen sind uns im Rookies-Cup und in der Moto2 ans Herz gewachsen. Aber sie haben sich dann nach den ersten Erfolgen bei uns im ganzen Fahrerlager bei der Konkurrenz verteilt, denn bis 2017 hatten wir auch kein eigenes Moto2-Team. Inzwischen kamen 2017 die Teams in der Moto2 und MotoGP neu dazu, damit hatten wir zunächst einmal eine Riesenfreude. Denn jetzt können die jungen Burschen den Weg vom Rookies-Cup mit uns bis hoch in die MotoGP gehen.»

«Da entwickeln sich dann auch Freundschaften, das sieht man bei langjährigen Partnerschaften wie bei Miguel Oliveira und Brad Binder. Natürlich passt nicht jeder zu uns. Und von diesen Fahrern trennen wir uns dann auch. Wir werden nicht versuchen, jeden Fahrer mit einem Knebelvertrag bei KTM zu halten. Aber jene Fahrer, die wir aufbauen und mit denen wir zusammenwachsen, mit denen wollen wir den gemeinsamen Weg weitergehen. Wir wollen statt unseren Eigenbau-Talenten keine anderen Topfahrer über irgendwelche Manager zu uns holen. Unser Konzept ist es, die über Jahre hinweg getätigten Investitionen bei unserem Nachwuchs eines Tages als Zusatzwert zu nutzen.»

Beirer weiter: «Es hat sich über dieses System irgendwer beschwert, es gab verwunderliche Aussagen zu lesen. Aber diese Herrschaften müssen bedenken: Die Jugendarbeit kostet uns im Jahr Millionen von Euro, nicht ein paar 100.000. Wenn man das auf zehn und mehr Jahre hochrechnet, dann sind das Riesensummen. Und ich bin der Meinung, dass wir mit diesen Investitionen dem ganzen GP-Fahrerlager einen Gefallen getan haben, weil wir bei KTM viele Talente ins Fahrerlager gebracht haben. Und fast jedes Team und jedes Werk hat sich irgendwann an den Talenten bedient, wie wir über den Rookies-Cup und die Moto3 in den GP-Sport aufgebaut haben. Aber bei den Fahrern, auf die wir Wert legen, werden wir uns sicher das erste Zugriffsrecht vorbehalten. Das gilt genauso für Red Bull. Unser Sponsor-Partner macht dann auch Verträge, die ihnen langfristige Zugriffsrechte zusichern. Aber wenn ein Fahrer unbedingt in ein anders Team will, kannst du ihn nicht festhalten. Das will weder Red Bull noch KTM. Deshalb ist es ein völliger Schwachsinn, zu sagen, wir vereinbaren irgendwelche Knebelverträge.»

KTM und Red Bull haben auch in den letzten Jahren immer wieder Fahrer an die Konkurrenz abgetreten: 2019 zum Beispiel Johann Zarco an LCR-Honda, nach 2020 Jorge Martin an Pramac-Ducati, 2021 durfte Andrea Dovizioso von Aprilia zu Petronas-Yamaha wechseln, obwohl dort auf dem Bike für Monster geworben wurde.


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