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Rossi und seine Vorgänger: Auf zwei und vier Rädern

Kolumne von Michael Scott
Während in Sepang die Testfahrten für die erste MotoGP-Saison nach der Ära Valentino Rossi laufen, bereitet sich der neunfache Motorrad-Weltmeister auf seine zweite Karriere vor. Ein Kommentar von Michael Scott.

Von vier auf zwei wird nicht funktionieren. Umgekehrt ist es schon eher okay, genauso oft wie eben nicht, aber mindestens zwei Allzeitgrößen aus dem Motorradsport bewiesen es deutlich.

Jetzt begibt sich Valentino Rossi auf eine ähnliche Reise. Tatsache ist, dass er die Chance ausließ, wie sein großer Vorgänger John Surtees nach den Motorrad-WM-Titelgewinnen auch Formel-1-Ruhm zu erlangen – trotz des Flehens von Ferrari, nach vielversprechenden Testfahrten in den Jahren 2006 und 2008. Das Angebot lag vor, aber Rossi wusste, dass er auf zwei Rädern noch mehr Rennen und Titel gewinnen würde. Das Risiko, an der Spitze des Automobilsports zu scheitern, war dagegen weniger attraktiv.

Wie auch immer, Rossi «schmeckte» das Motorradrennfahren besser. Eine Auffassung, die er mit dem sechsfachen Weltmeister Geoff Duke teilte. Der große Innovator und Stylist der 1950er-Jahre versuchte sich ein oder zwei Mal im Sportwagen-Team von Aston Martin, aber befand, dass der Snobismus der Betreiber schwerer wog als die Freude, die ihm das Übertragen seiner Rennfahrer-Begabung und Intelligenz auf die vier Räder bereitete.

Rossis bisherige Erfahrungen im Auto fanden hauptsächlich abseits der asphaltierten Rundkurse statt: Zwei weit zurückliegende Top-15 in der Rallye-WM in Wales und Neuseeland und eine Siegesserie bei der Monza Rallye Show, die zwar «Show» heißt, tatsächlich aber Top-Fahrer aus mehreren Weltmeisterschaften anzieht, die einen Ruf zu verteidigen haben. Valentino gewann zwischen 2006 und 2018 sieben Mal.

Rossi absolvierte 2013 zudem einen einmaligen und beeindruckenden Test im NASCAR-Oval und umrundete den Charlotte Motor Speedway im Standard-Toyota von Kyle Busch im 185-mph-Bereich (knapp 298 km/h).

Im Straßenrennsport versuchte Vale sich in der Blancpain-Langstreckenserie, 2012 saß er ein paar Mal im Ferrari F458 und hielt sich in der Kategorie Pro-Am im Mittelfeld. Das Cockpit teilte er sich mit seinem Kumpel Alessio «Uccio» Salucci. Die beiden bestritten mit Rossi-Bruder Luca Marini auch schon die 12 h Gulf im Ferrari 488 GT3 von Kessel Racing.

Mitte Januar bestätigte Rossi offiziell, dass er nach dem Ende seiner MotoGP-Karriere für eine volle Saison in der Fanatec GT World Challenge Europe (vormals Blancpain) unterzeichnet hat. Er wird im Team WRT einen Audi R8 steuern.

Aufregende Aussichten, aber auch etwas enttäuschend für all jene in der MotoGP, die davon ausgegangen waren, dass Vale im Fahrerlager praktisch allgegenwärtig bleiben würde, immerhin ist er Besitzer des VR46-Teams. Beinahe jedes seiner zehn Autorennen fällt 2022 aber mit einem Grand Prix der Motorrad-WM zusammen. Wenn die MotoGP in Argentinien fährt, wird Vale zum Beispiel ein Heimrennen in Italien bestreiten; danach ist er in Brands Hatch, während seine Zweirad-Schützlinge in Jerez in die Europarennen starten. Und so weiter.

Für den Frankreich-GP wird er sich immerhin im selben Land aufhalten, wenn er auch seinen feuerfesten Overall in Magny-Cours tragen wird, während die Motorräder den Bugatti Circuit von Le Mans umrunden.

Aus seiner Sicht ist das aber sicherlich angenehmer, als zu den Grand Prix zu kommen, ohne selbst auf die Strecke gehen zu können.

Wie gut aber wird er auf vier Rädern abschneiden?

Es gibt keinen Grund, keine Spitzenleistungen zu erwarten, auch wenn der «Dottore» noch vor seinem ersten Rennen 43 Jahre alt wird.

Das Alter brachte ihn in seinen letzten WM-Jahren als Motorradfahrer definitiv um die Ergebnisse, obwohl er selbst es zunächst nur ungern wahrhaben wollte. Aber vielleicht ist es nicht so ein großer Nachteil, wenn man bequem und sicher in einen Sitz geschnallt wird.

Immerhin war die Autorennsport-Legende Juan Manuel Fangio 40 Jahre alt, als er 1951 seinen ersten von fünf Formel-1-Titeln holte, und reife 46 bei seinem letzten Titelgewinn.

Surtees stellt für die Motorradfahrer, die auf vier Räder wechseln, die Benchmark dar. Er ist der Einzige, der sich in beiden Königskassen zum Weltmeister kürte – zwischen 1956 und 1960 siebenmal auf zwei Rädern (dreimal 350 ccm, viermal 500 ccm) und einmal in der Formel 1, 1964 im Ferrari.

Es gibt aber auch andere prominente Beispiele. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg war Tazio Nuvolari ein Gigant auf vier Rädern, aber er sammelte in beiden Disziplinen Erfahrung und gewann 1925 die Europameisterschaft (damals der Gipfel des Sports) auf einer 350er-Bianchi.

Der neunfache Weltmeister Mike Hailwood war wohl der Mann, den Rossi als den Größten aller Zeiten ablöste. Eine Verletzung setzte zwar dessen Formel-1-Karriere ein abruptes Ende, Hailwood stand aber zweimal auf dem Podest und war ein ernsthafter Anwärter.

Johnny Cecotto, Motorrad-Weltmeister 350 und 750 ccm, gewann im Vierradsport die Formel-2-EM und schaffte es bis in die Formel 1 – bei Ensign. 

Weniger bekannt sind viele andere Umsteiger, zum Beispiel der Exploit von Bill Ivy, der in den 1960er-Jahren als Yamaha-Werkspilot 21 GP-Siege eroberte; 1967 wurde er 125-ccm-Vizeweltmeister. Er verfügte über minimale Erfahrung im Formel-2-Brabham, aber er  hinterließ einen starken Eindruck – nicht zuletzt als sensationeller Trainingszweiter in seinem ersten Rennen, bei dem Kaliber wie die Fomel-1-Champions Jackie Stewart, Jochen Rindt und Graham Hill zur Konkurrenz zählten. Er brauchte aber Geld für seine neue Karriere und kehrte auf das Motorrad zurück, um es zu beschaffen. Allerdings verunglückte er dann beim Deutschland-GP 1969 auf dem Sachsenring tödlich, als seine 350-ccm-Jawa festging.

Nicht das erfreulichste Beispiel, wenn man an Valentinos Wechsel in den Automobilsport denkt, aber vielleicht eine Warnung, dass er gut daran tut, dort zu bleiben.

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