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Brivio ersetzt Puig bei Honda: Nur ein Sommermärchen

Von Günther Wiesinger
Die Berichte, der ehemalige Suzuki-Teamchef Davide Brivio werde Honda-Teamprinzipal Alberto Puig ersetzen, entbehren jeder Grundlage.

Nur drei Siege in den letzten drei MotoGP-Jahren, kein halbwegs brauchbarer Ersatz für den dauerverletzten Superstar Marc Márquez, deprimierende Ergebnisse 2022 in der Fahrer-, Team- und Marken-WM: Es ist kein Wunder, wenn es im Management der Honda Racing Corporation und bei den obersten Chefs von Honda Motor rumort und Auswege aus der Affäre gesucht werden.

Seit fast zwei Jahren darf man sich wundern, warum bei HRC bisher keine Köpfe gerollt sind und das herrschende Triumvirat mit Takeo Yogoyama, Kokubu und Kuwata, das nach der Saison 2017 den in die Frühpension geschickten HRC-Vizepräsidenten Shuhei Nakamoto abgelöst hat, ungestört weitermachen darf. Dabei werden weder in der Superbike-WM die erhofften Ziele erreicht, noch in der Moto3. Der Sieg bei Dakar-Rallye 2022 ging an GASGAS, lediglich Tim Gajsers Erfolge in der MXGP-WM sind ein kleiner Trost.

Jetzt berichten einzelne Medien, Repsol-Honda-Teamprinzipal Alberto Puig stehe vor der Ablöse. Der ehemalige Suzuki-Teamchef Davide Brivio werde ihn ersetzen, war zu lesen. «Das ist ein Sommermärchen», versicherte ein Dorna-Spitzenfunktionär.

Tatsächlich gibt es regelmäßig Gerüchte über eine Rückkehr von Brivio in das MotoGP-Fahrerlager, der im Juni den Catalunya-GP besucht hat, aber seit 1. Januar beim Alpine-F1-Team beschäftigt ist und dort einen hoch dotierten Drei-Jahres-Vertrag bis Ende 2023 unterschrieben hat.

Alberto Puig hat sich zwar bei den Medien nicht beliebt gemacht, weil er im Gegensatz zu anderen Teammanagern selten Interviews gibt und bei hartnäckigen Fragen manchmal ungehalten reagiert. Aber er trägt keine große Schuld an der Misere, denn das Marc-Márquez-System bestand schon vor seiner Amtszeit, schon von 2013 bis 2018 wurde bei HRC alles auf den sechsfachen MotoGP-Weltmeister zu geschnitten.

Klar, es gab Flops (Lorenzo, Alex Márquez, Pol Espargaró) bei der Auswahl der Repsol-Fahrer, aber diese spielten keine Rolle, solange Márquez wie im Jahr 2019 noch zwölf Siege und sechs zweite Ränge bei 19 Rennen einkassierte. Außerdem gab es irgendwann nicht mehr viele Fahrer, die sich Marc Márquez als Teamkollegen antun wollten. Und bei der Fahrerwahl entschieden die Japaner mit, auch auf Repsol wurde Rücksicht genommen – und auf die Zustimmung von Marc Márquez. 

Wie auch immer: Davide Brivio kam als strahlender Weltmeister-Macher (Suzuki Ecstar gewann die MotoGP-WM 2020 mit Joan Mir) zu Alpine. Doch er bekam bei den Franzosen (es handelt sich um das ehemalige Renault-Werksteam) nie jenen Einfluss auf höchster Management-Ebene, den man ihm offenbar in Aussicht gestellt hatte. Inzwischen wurde er mit dem Titel des «Director of Racing Expansion Projects» abgespeist und auf ein Nebengeleise abgeschoben.

Schon letztes Jahr wurde kolportiert, Brivio werde eventuell zu Suzuki zurückkehren, aber die Formel 1 ist finanziell sicher wesentlich lukrativer.

Beim Alpine-F1-Team fährt 2022 wie im Vorjahr mit Alonso und Ocon, eigentlich sollten sich Brivio als Sportdirektor und Marcin Budkowski die operativen Management-Aufgaben teilen und direkt Alpine-CEO Laurent Rossi unterstellt sein. Dieser wiederum berichtet direkt an Renault CEO Luca de Meo.

Aber aus der steilen F1-Karriere von Brivio wurde nichts.

Brivios Herz schlägt zwar weiter für MotoGP, aber bei Honda wollen die verantwortlichen Manager jetzt einmal selbst alles tun, um erstens für 2023 wieder ein konkurrenzfähiges Motorrad auf die Rennstrecke zu bringen und zweitens beim fahrerischen Personal besser aufgestellt zu sein.

Deshalb wird demnächst Ex-Weltmeister Joan Mir als neuer Repsol-Honda-Werkspilot präsentiert. Bei LCR-Honda wird Alex Rins den Platz von Alex Márquez übernehmen, der zu Gresini Ducati wechselt. Ob Taka Nakagami durch den Moto2-WM-Dritten Ai Ogura aus dem Idemitsu Honda Asia-Team von Hiroshi Aoyama ersetzt wird, wurde bei HRC noch nicht entschieden.

Dani Pedrosa-Entdecker Puig sitzt bei HRC fest im Sattel. Er bestritt seine ganze Karriere (500-ccm-GP-Sieg im Pons-Honda-Team 1995 in Jerez) auf Honda, er trägt auch die Verantwortung für das Superbike-Werksteam und kümmert sich auch um die verschiedenen Talent-Cups von Honda. Dazu geniesst er seit vielen Jahren das volle Vertrauen von Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta. 


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