SARI: Details zu den kostbaren MV-Agusta-Exemplaren

Von Günther Wiesinger
Manche Prunkstücke wurden in mehr als 1500 Arbeitsstunden restauriert, die seltensten MV Agusta kosten mehr als 1 Mio €. Die technischen Daten sind eindrucksvoll.

Zu den technischen Leckerbissen für Zehntausende Fans gehören an diesem Wochenende bei den «ADAC Sachsenring Classics» zweifellos die betagten MV Agusta-Werksmaschinen verschiedene leidenschaftliche Sammler. Diese wertvollen Unikate begeistern die Fans nicht nur durch ihren unnachahmlichen Sound, sondern sie erinnern auch an legendäre Zeiten mit den MV-Agusta-Stars von Agostini über Hailwood, Bergamonti, Pagani und Bonera bis zu Read.

Giacomo Agostini kam fünf Wochen nach seinem 80. Geburtstag zum Sachsenring, wo «Ago nazionale» begeistert empfangen wurde. Der beliebte Italiener, der 13 seiner 15 Weltmeistertitel auf den MV-Viertaktern gewonnen hat (und zwei auf den Zweitaktern von Yamaha) rückt an diesem Wochenende mit verschiedenen MV-Agusta-Geräten aus.

Der leidenschaftliche deutsche Sammler Bernd Wagner hat drei kostbare MV Agusta-Werksmaschinen mitgebracht: Eine 350-ccm-Sechszylinder, eine 500-ccm-Dreizylinder und eine 500-ccm-Vierzylinder.

Wagner besitzt auch exakt jenes Motorrad, mit dem Agostini 1976 im Marlboro-Design auf dem Nürburgring in der 500-ccm-Klasse für den letzten MV-Sieg der Geschichte gesorgt hat. Dieses Unikat wurde von Wagner in den USA gekauft und muss noch komplett renoviert werden; es fehlt deshalb in Sachsen.

Bernd Wagner führt erfolgreich die Firma L&W Compressors, Er ist gelernter Werkzeugmachermeister und kümmert sich deshalb am Abend und an den Wochenenden selber unermüdlich und leidenschaftlich um die perfekte Restauration seiner beachtlichen Sammlung an kostbaren Classic Bikes, zu denen auch zwei 500-ccm-König aus den 1970er-Jahren gehören.

Wagner wird sehr einsilbig, wenn man sich bei ihm nach dem Wert seiner Schätze erkundigt. Aber wenn man sich in Sachsen unter den Experten umhört, dann wird klar, dass für jede MV Agusta-Werksmaschine ein hoher sechsstelliger Betrag bezahlt werden muss.

Und für die kostbarsten Exemplare überschreiten die Preise nicht selten die 1-Millionen-€-Grenze.

Wagner erzählt, er habe allein für die Restaurierung der 350-ccm-MV Agusta-Sechszylinder mehr als 1500 Arbeitsstunden investiert. Nachfolgend die technischen Daten und Details zu jenen drei MV-Maschine, die Bernd Wagner in Sachsen präsentiert.

MV Agusta Corse 350 Sei Cilindri

Baujahr: 1969
Motor: Sechszylinder, Viertakt
Getriebe: Kassette, 7 Gänge, begrenzt auf 6
Hubraum/Verdichtung: 348,8 ccm
Leistung: 72 PS bei 16.000/min
Top-Speed: bis 250 km/h

Diese 350-ccm-Sechszylinder von MV Agusta zählt zu den seltensten Exemplaren, die in Gallarate je entstanden sind. Bereits Mitte der 1950er-Jahre hatte MV eine 500-ccm-Sechszylinder-Machine entwickelt, die aber nur sporadisch zum Einsatz kam. Bei der neuen Sei zogen die Konstrukteure alle Register ihres Könnens. Der technisch hoch interessante Reihenmotor wies die typischen MV-Merkmale auf: zwei obenliegende zahnradgetriebene Nockenwellen, die auf einem Bankett aufgebauten Zylinder und vier Ventile pro Zylinder. Leistungsmäßig war die Sei dem Dreizylinder-Bike überlegen, der damals in der WM dominierte. Agostini testete das Motorrad im Frühjahr 1969 mehrmals, dich im Fahrverhalten. Und bei der Handlichkeit war sie der wesentlich kompakteren «Tre» unterlegen. Deshalb kehrte bei diesem Projekt wieder Ruhe ein. 1971 setzen Agostini und Bergamonti die Sechszylinder noch ein letztes Mal beim Training zum italienischen Meisterschaftslauf in Modena ein. Doch international war das Projekt bereits ad acta gelegt worden, weil der Weltverband FIM die Zylinderanzahl für die Klassen 350 und 500 ccm nach 1967 auf maximal vier begrenzt hatte. Denn die meisten europäischen Hersteller konnten beim kostspieligen Wettrüsten der Giganten Honda und MV Agusta nicht mithalten. Honda baute sogar eine 125-ccm-Viertakt-Fünfzylinder und eine 250-ccm-Sechszylinder. Und Suzuki experimentierte mit einem 50-ccm-Zweitakt-Dreizylinder-Motor für Hans-Georg Anscheidt.

MV Agusta Corse 500 Tre

Baujahr: 1966 bis 1974
Motor: Dreizylinder, Viertakt DOHC, vier Ventile pro Zylinder
Getriebe: Kassette, 7 Gänge, begrenzt auf 6
Hubraum/Verdichtung: 500 ccm, / 11,2:1
Leistung: 78 PS bei 12.000/min
Gewicht: 118 kg
Top-Speed: bis 280 km/h

Das Motorrad wurde von seinem italienischen Besitzer 2013 nach Deutschland verkauft. Mit der 500 Tre wurden insgesamt 63 GP-Siege errungen. Der erste Sieg gelang 1966 beim GP von Belgien in Spa-Francorchamps, der letzte beim 1973 ebenfalls in Spa. Mit der 500-ccm-Dreizylinder gewann das MV-Werk sieben Fahrer-Weltmeisterschaften und sechs Konstrukteurs-WM-Titel. Die Fahrer-WM gewann Agostini 1966 und dann von 1967 bis 1972. Zurzeit wird dieses Motorrad bei Sonderläufen und im Rahmen von Oldtimer-Veranstaltungen eingesetzt.

MV Agusta Corse 500 Quattro

Baujahr: 1974
Motor: Vierzylinder, Viertakt DOHC, vier Ventile pro Zylinder
Getriebe: Kassette, 7 Gänge, begrenzt auf 6
Hubraum/Verdichtung: 500 ccm, / 11,2:1
Leistung: 102 PS bei 14.600/min
Top-Speed: über 250 km/h

Das Motorrad wurde im Juni 2013 von seinem italienischen Besitzer nach Deutschland verkauft. Mit dieser 500 Quattro wurden elf Grand Prix gewonnen. Erster GP-Sieg 1973 beim Deutschland-GP in Hockenheim mit Phil Read; letzter Sieg beim GP von Deutschland in Hockenheim 1976 mit Agostini. Mit der 500 Quattro wurden zwei Fahrer-WM-Titel und ein Marken-WM-Titel gewonnen. 1973 die Fahrer-WM durch Read, dazu die Marken-WM. 1974 wieder die Marken-WM durch Read. Zurzeit wird dieses Motorrad bei Sonderläufen und im Rahmen von Oldtimer-Veranstaltungen eingesetzt.

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