In Hockenheim werden 250 Millionen Euro investiert

Aprilia ist überzeugt: «Das erhöht die Sicherheit»

Von Manuel Pecino
Aprilia geht in der MotoGP bei der Aerodynamik einen ganz eigenen Weg

Aprilia geht in der MotoGP bei der Aerodynamik einen ganz eigenen Weg

Romano Albesiano ist Technical Director bei Aprilia Racing. Mit «Ride Height Devices», Aerodynamik-Paketen und sonstigen technischen Fragen kennt er sich also vorzüglich aus.

SPEEDWEEK.com sprach mit Romano Albesiano über die technischen Einzelheiten in der MotoGP-Weltmeisterschaft. Zuvor hatte sich der Italiener bereits über die bisherige Saison, die Fortschritte in den letzten Jahren und über die Weiterentwicklung der Fahrer geäußert.

Nun erklärte der 58-Jährige, wie wichtig er die Entwicklung der Aerodynamik in der «premier class» findet und warum es nicht nur auf die Motorleistung in der MotoGP ankommt. Außerdem hat das Thema Sicherheit bei Aprilia einen sehr hohen Stellenwert.

Als Ingenieur, ganz ehrlich, wie sehr hat es dich getroffen, als am Motorrad von Viñales das «Rear Ride Height Device» mitten im Rennen kaputt ging?

Sagen wir mal so: Es wäre besser gewesen, wenn das im Training passiert wäre. (Er lacht) Aber du musst auf solche Situationen vorbereitet sein. In meiner Profikarriere habe ich sehr viel Zeit mit der Entwicklung von Bikes verbracht. Wenn du ein Motorrad für die Straße entwickelst, machst du zunächst zwei oder drei Prototypen. Dann fährst du 30.000 Kilometer mit ihnen, baust alles auseinander, kontrollierst die Teile, dann wird ein weiterer Prototyp gebaut, mit dem 30.000 Kilometer zurückgelegt werden. Erst danach geht das Motorrad in den Verkauf. Hier hast du jeden Sonntag neue Teile, das Risiko besteht.

In den letzten Monaten stand die technologische Entwicklung der MotoGP im Rampenlicht. Unter den Fahrern gibt es diejenigen, die befürworten, dies zu verlangsamen oder sogar einen Schritt zurückzumachen. Aber es gibt andere, die keinen Grund sehen, die Entwicklung der Aerodynamik und der «Ride Height Devices» einzuschränken. Wie ist deine Position dazu?

Wir müssen hier unterscheiden. Wie ich bei mehreren Gelegenheiten gesagt habe, ist das «Ride Height Device» ein großer Verdienst für jeden, der diese Idee hatte. Verbessert es die Performance? Ja, es verbessert sie ein wenig, aber es ist etwas, das ich nicht mag, und ich glaube nicht, dass es überhaupt jemand tut. Meiner Meinung nach sollte es so schnell wie möglich beseitigt werden. Eine Sünde wegen der Kosten und weil wir so hart daran gearbeitet haben. Man kann sich nicht vorstellen, wie viel wir für die Entwicklung dieses Systems ausgegeben haben.

Aber ist das System, das das Bike beim Beschleunigen absenkt, nicht auch irgendwie ein Fahrsicherheitssystem?

Kann sein, ich weiß es nicht. Aber ich glaube nicht, dass es in der MotoGP nützlich ist.

Was ist mit der Aerodynamik?

Die Aerodynamik ist ein viel komplexeres Thema. Aerodynamik ist meiner Meinung nach direkt mit der Sicherheit verbunden. Das große Thema bei Motorrädern, einschließlich Rennmotorrädern, ist das Bremsen. Im Vergleich zum Auto ist die Verzögerung sehr gering. Alles, was möglich ist, um das Bremsniveau zu verbessern, erhöht die Sicherheit. Meiner Meinung nach ist es richtig, die Aerodynamik weiterzuentwickeln.

Dann gibt es noch andere Themen, die in den Werken der Hersteller diskutiert werden, etwa ob die Motorräder zu schnell sind oder nicht. Carmelo Ezpeleta selbst hat sich dazu geäußert. Ich weiß nicht, ich sehe die gefährlichsten Zwischenfälle in der Moto3.

Was bringt es, wenn man mit 36 Motorrädern auf der Rennstrecke fährt, wo die Wände zu nah sind, die Höchstgeschwindigkeit auf 300 km/h zu begrenzen? Wenn die Mauern zu nah sind, ist es egal, ob es 300 oder 350 km/h sind.

... Es ist ein sehr kompliziertes Thema.

Luca Marmorini, Yamahas neuester Neuzugang für die Entwicklung der Motoren; Fabiano Sterlacchini an der Spitze des KTM-Projekts, du bei Aprilia, Dall'Igna bei Ducati... Im Moment hat nur eine Fabrik in der Weltmeisterschaft keinen Italiener an der Spitze ihres MotoGP-Projekts. Was macht euch Ingenieure in Italien so besonders?

(Er lacht) Wir haben das sogenannte Motor-Valley in Italien. Es ist eine Region mit langer Motorradtradition. In Spanien gab es so etwas Ähnliches, doch es existiert jetzt nicht mehr.

Hat das mit der guten Ausbildung der Ingenieure an italienischen Universitäten zu tun?

Die Universitäten für Ingenieure in Italien sind sehr gut, aber das ist nicht die Antwort. Die Uni bereitet dich vor, gibt dir die Basis, aber erst in deinem Job beginnst du zu wachsen. Wenn man an einem Ort lebt, an dem es viele Möglichkeiten gibt, sich beruflich weiterzuentwickeln, steigt die Wettbewerbsfähigkeit. Und im Motor Valley gibt es viele Unternehmen, die sich technologisch mit Rennsport beschäftigen, egal ob es sich um Autos oder Motorräder handelt.

Lass uns das Thema wechseln. Fabio Quartararo und Yamaha beweisen, dass es nicht die schnellsten Motorräder sind, die die Rennen gewinnen, was wie ein Paradoxon klingen mag.

Ich gebe dir einige Daten. Im Laufe einer Saison liegt die durchschnittliche Zeit, die MotoGP-Motorräder mit voll geöffnetem Gasgriff verbringen, zwischen 8 und 14 Prozent. Dann gibt es die Ausnahmen von Spielberg und ich glaube Buriram, die etwa 24 Prozent ausmachen.

Hinzu kommt, dass die Bikes die ganze Saison über zu mehr als 30 Prozent in Schräglage sind. Mit anderen Worten, zwölf Prozent im Durchschnitt pro Runde, kommt es auf die Performance der Motorleistung an. Während der restlichen Runde hängt die Performance des Motorrads von einem anderen Faktor ab.

Aber klar, ein starker Motor ist wichtig, denn 12 Prozent sind kein zu vernachlässigender Prozentsatz und man muss auch berücksichtigen, dass ein starker Motor beim Überholen hilft.

Ihr aerodynamisches Paket der Aprilia unterscheidet sich mit bloßem Auge völlig von dem der anderen fünf Hersteller; warum?

Jeder hat seinen eigenen Weg, wie man bestimmte Situationen angeht und sie löst. Natürlich haben wir Simulationen mit den Varianten unserer Konkurrenten durchgeführt, aber die Ergebnisse haben uns gezeigt, dass unser Paket für unser Motorrad effektiver ist.

Liegt das daran, dass das RS-GP das neueste Motorrad ist, das entwickelt wurde, während bei den anderen die Winglets nachträglich zu den Motorrädern hinzugefügt wurden?

Nein, ich glaube nicht. Ich würde sagen, dass es am Anfang vielleicht so war, aber nicht aktuell. Jetzt ist die Aerodynamik ein wichtiger Teil des Designs und der Entwicklung eines jeden MotoGP-Motorrads.

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Dr. Helmut Marko: «So ist Max Verstappen unschlagbar»

Dr. Helmut Marko
​Exklusiv auf SPEEDWEEK.com: Dr. Helmut Marko, Motorsport-Berater von Red Bull, analysiert den jüngsten Grand Prix. Max Verstappen mit Saisonsieg No. 4, auf dem Weg zur erfolgreichen Titelverteidigung.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Fr.. 26.04., 10:15, Hamburg 1
    car port
  • Fr.. 26.04., 11:45, Motorvision TV
    Bike World
  • Fr.. 26.04., 12:40, Motorvision TV
    Tuning - Tiefer geht's nicht!
  • Fr.. 26.04., 14:05, Motorvision TV
    G-Series Andorra
  • Fr.. 26.04., 14:55, SPORT1+
    Motorsport: FIA-Langstrecken-WM
  • Fr.. 26.04., 15:05, Motorvision TV
    Extreme E: Electric Odyssey
  • Fr.. 26.04., 16:20, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Fr.. 26.04., 16:45, Motorvision TV
    Rally Classic Mallorca
  • Fr.. 26.04., 17:15, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Fr.. 26.04., 17:40, Motorvision TV
    Classic Races
» zum TV-Programm
11