Martin Wimmer träumt von MZ-Comeback und MotoGP

Von Günther Wiesinger
Vor zehn Jahren musste MZ-Geschäftsführer Martin Wimmer Insolvenz anmelden. Jetzt steckt der ehemalige GP-Sieger wieder voller Ideen und Pläne.

Die ostdeutsche Motorradmarke MZ war in den letzten 25 Jahren mehrmals mit unterschiedlichen Konzepten und unter wechselnden Eigentümern und Bezeichnungen in der «Königsklasse» vertreten. Zum Beispiel 1978 unter dem MZ-Banner auf Betreiben des unseligen Geschäftsführers Petr Karel Korous, der das nach der Wende wiederbelebte Unternehmen in Zschopau für den Eigentümer und Investor Hong Leong aus Malaysia führte.

Der Italiener Doriano Romboni und später Eskil Suter als Ersatzfahrer, seine Schweizer Firma baute zugleich das Rolling Chassis für MZ, setzten die Bikes in der Halbliter-WM 1998 ein. Die 500-ccm-V4-Zweitakt-Motoren stammten wie schon 1997 beim elf-500-Projekt von Michel Métraux und Serge Rosset von swissauto im schweizerischen Burgdorf und hatten bereits Rolf Biland zu beachtlichen Erfolgen in der Gespann-WM geführt – zu 29 GP-Siegen und drei WM-Titelgewinnen. 

Eskil Suter heimste mit der MZ 500 im Jahr 1998 immerhin sieben WM-Punkte ein, Romboni vier.

In der Saison 1999 wurde das Projekt in MuZ-Weber umgetauft, Jurgen van den Goorbergh heimste 40 Punkte ein, landete in der Fahrer-WM auf Rang 16, in der Marken-WM sicherte sich das Team den fünften Rang. Teammanager Rolf Biland und swissauto-Konstrukteur Urs Wenger jubelten beim Barcelona- und beim Brünn-GP sogar über die sensationelle Pole-Position des Niederländers.

Als zweiter Fahrer war Luca Cadalora vorgesehen, der als WM-20. nur 14 Punkte holte und teilweise durch «enfant terrible» Anthony Gobert ersetzt wurde.

Für die Viertakt-990-ccm-MotoGP-Ära 2002 plante Korous dann einen Prototyp mit einem hauseigenen MZ-V4-Motor. Ralf Waldmann und der Spanier José Luis Cardoso sollten das Gerät in der WM einsetzen. Aber dieses Fahrzeug wurde nie einsatzbereit, es schaffte nie den Sprung auf eine GP-Rennstrecke.

Unter dem neuen MZ-Geschäftsführer Martin Wimmer (Ralf Waldmann stieg als Partner ein und bald wieder aus) kam 2009 wieder Leben in die Motorradwerke Zschopau. Der dreifache 250-ccm-GP-Sieger setzte von 2010 bis 2012 ein Moto2-Team (mit Fahrern wie West, Neukirchner, Lundh und so weiter) ein und im dritten Jahr auch ein Moto3-MZ-Team mit Toni Finsterbusch, das mit einem Honda NSF-250-R-Motorrad antrat. In der Moto2 setzte MZ überwiegend das übergewichtige Bike mit dem hauseigenen Stahlrahmen an. Die Wandstärke der Rohre lag bei 1,5 mm, weil Hunderte Meter dieser Rohre beim MZ-Neustart in den Hallen aufgefunden wurde. Sie waren ursprünglich für das MZ-Superbike MZ1000S vorgesehen gewesen...

Doch wie unter Korous und Hong Leong schlitterte MZ auch unter Wimmer in die Pleite. Der Bayer musste im September 2012 Insolvenz anmelden.

Wimmer: «Es ist utopisch, aber nicht unmöglich»

Beim Sachsenring-GP 2022 trat Wimmer mit einem T-Shirt mit der Aufschrift «MZ lebt» auf. Bei der ADAC Sachsenring Classic steuerte der ehemalige 250-ccm-GP-Pilot und vierfache deutsche Meister eine Moto2-MZ, die jetzt den Brüdern Rolf und Klaus Lippmann gehört und einst von Anthony West gefahren wurde.

Im Besitz dieser Sammler befindet sich auch ein seltener (und nicht ganz vollständiger) Prototyp des 990-ccm-V4-MotoGP-Motors, mit dem MZ-Chef Korous vor ca. 20 Jahren in der «premier class» gegen Werke wie Honda, Yamaha, Suzuki und Ducati antreten wollte.

Martin Wimmer, einerseits leidenschaftlicher Motorradsportler, dazu ein unverbesserlicher Optimist mit starker Tendenz zur Realitätsverweigerung, hat sich für die Markenrechte an MZ bis Ende August 2023 ein Vorkaufsrecht gesichert.

Er träumt von einem Neustart – und am liebsten würde er als Teamprinzipal auch in der MotoGP-WM mitmischen.

Dass BMW für einen MotoGP-Einstieg pro Jahr Kosten von 40 bis 50 Millionen Euro veranschlagt, schreckt den selbstbewussten Wimmer offenbar nicht ab.

«In der MotoGP-Klasse ist zwar die Bohrung heute auf 81 mm limitiert, unser Motor hat noch 84 mm. Aber das ließe sich ändern», wischte Wimmer im Gespräch mit SPEEDWEEK.com alle Einwände weg. 

Immerhin räumt Wimmer inzwischen betriebswirtschaftliche Fehler im Zusammenhang mit seiner MZ-Insolvenz zu. «Ich war zu blauäugig. Wir haben damals für den Neuanfang nur 5 Millionen Euro gehabt. Heute weiß ich: Mit 5 Millionen kann man eine solche Firma nicht neu aufbauen. Dazu kam ein Extra-Budget von Investor Peter Ertel für die Moto2-Saison 2010 von 300.000 Euro, inklusive der Gage von Anthony West.» 

Auch dieser Betrag reichte natürlich hinten und vorne nicht. Andere Privatteams verfügten damals über 1 bis 1,2 Millionen Euro für ein Ein-Fahrer-Team. 

Trotzdem: Am liebsten würde Martin Wimmer mit frischem Geld bei MZ zum zweiten Mal neu starten – und gleich mit einem revidierten Projekt in die MotoGP-WM einsteigen.

Aber angesichts von Energiekrise, Inflationsängsten und wirtschaftlicher Unsicherheit wird sich kein vernünftiges Motorradwerk finden, das Geld in ein völlig antiquiertes MotoGP-Konzept investiert.

«Ich weiß, das sind utopische Pläne. Aber nichts ist unmöglich», macht sich Wimmer Mut.

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