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Andrea Dovizioso: «Vielleicht bin ich zu freundlich»

Von Frank Weeink
Für den Routinier Andrea Dovizioso endet nach dem Misano-GP in der kommenden Woche die großartige MotoGP-Karriere. Im Interview wurde er noch einmal persönlicher.

Für Andrea Dovizioso war die Saison 2022 keine leichte. Der Italiener, der für das WithU RNF Yamaha Team antritt, kam in 13 Rennen nicht über einen elften Platz hinaus. Nach der Sommerpause kündigte er den Rückzug aus der Motorrad-WM an – nach 21 Jahren. In Misano wird er sein letztes Rennen in Angriff nehmen. SPEEDWEEK.com sprach vorher mit dem 36-jährigen Haudegen.

Du hast 15 MotoGP-Rennen gewonnen. Einige sogar nach gefährlichen Attacken von Marc Márquez in der letzten Kurve. Welcher war dein bester Sieg?

Es ist schwierig, einen davon herauszustellen, aber Misano (2018, Anm. d. Red.) war ein perfektes Rennen. Alles war einfach perfekt für mich. Geschwindigkeitstechnisch, das Überholmanöver (gegen Jorge Lorenzo, Anm. d. Red.) genau zum richtigen Zeitpunkt. Besser als das war unmöglich. Aber der Sieg in Silverstone 2017 war verrückt, weil ich alles perfekt machte. Ich war nicht der Schnellste, aber wenn du gewinnst, obwohl du nicht der Schnellste bist, dann hast du alles richtig gemacht. Du bist am Limit, aber du fühlst: «Okay, ich habe alles perfekt gemacht.» Das war verrückt.

Ich dachte an Österreich 2017, Motegi 2017 im Regen… 

Motegi! Motegi! Motegi ist das einzige Rennen meiner Karriere, bei dem ich realisiert habe, wie schnell Marc und ich eigentlich waren, als ich es mir noch einmal angesehen habe. Nicht nur mit den anderen Fahrern verglichen, aber für uns beide war es normal, auf diesem Niveau zu fahren. Weil es ein Kampf um die Meisterschaft war. Beim Grip waren wir über dem Limit, die Reifen waren am Ende, aber wir haben vom Anfang bis zum Ende gepusht. Die letzten zwei Runden haben wir bis zur letzten Kurve ausgefochten. Allerdings glaube ich, dass mein Bike in diesem Rennen besser war.

War Marc der Gegner, dem du den meisten Respekt entgegengebracht hast?

Was zwischen Marc und mir passierte, das war etwas seltsam, denn ich glaube, er war immer sehr nah am Limit, manchmal auch darüber. Auch mit mir. Aber wenn ich gegen ihn gekämpft habe, ist dabei nichts Schlechtes herausgekommen. Ich denke, es war eine Konsequenz daraus, wie ich gegen ihn gefahren bin. Es war etwas komisch, aber am Ende war es sehr schön, denn zwischen uns ist nie etwas passiert. Meistens war es knapp, aber meine Art und Weise, wie ich gegen ihn gekämpft habe, war anders als bei den anderen.

Mit den meisten Fahrern war es nach dem Motto: «Du bremst spät, ich bremse später. Du bist aggressiv, ich bin aggressiver.» Ich denke, das ist das schlimmste, was du mit Marc machen konntest. Dessen war ich mir bewusst, also habe ich nicht so gehandelt. Das war psychologisch. Mindestens 95 Prozent davon.

Was ist das größte Missverständnis über Andrea Dovizioso? Ich meine, die Leute sagen, du bist schnell, aber nicht aggressiv.

Das ist wahr, aber ich sehe das nicht negativ. Jeder will jeden aggressiv sehen, aber das ist mir egal. Lass mich das erklären. Ich studiere immer meinen Gegner. Und wenn du auf das Ende der Karrieren von Capirossi und Rossi schaust, da wurden sie diplomatisch. Meiner Meinung nach haben sie das getan, weil sie bemerkt haben, obwohl sie viel gewonnen haben und zwei der besten Fahrer der Welt waren, dass es unmöglich ist, allen die Wahrheit zu zeigen. Am Ende realisierst du: «Warum muss ich kämpfen und meine Energie verbrauchen und etwas erklären, was sie niemals verstehen werden.»

Für mich ist es nicht wichtig zu hören, was andere Leute denken, denn sie können die Wahrheit im Detail nicht kennen. Sie können ein paar Dinge verstehen, aber wenn du nicht die Person bist, kannst du es niemals wissen. Letztendlich… was ist wichtig? Versuche klug zu sein. Es ist wichtig, gut zu den Leuten zu sein. Ich versuche entspannt gegenüber anderen Menschen zu sein. Sofern du nichts gegen mich tust, werde ich niemals schlecht zu dir sein. Niemals. Vielleicht bin ich zu freundlich. Aber ansonsten ist es mir egal. Wenn Leute schlecht über dich denken (Er zuckt mit den Schultern, Anm. d. Red.)… wie auch immer. Es ist wirklich nicht wichtig.

Die GP-Karriere von «Dovi»:

345 Rennen
24 Siege
39 zweite Plätze
40 dritte Plätze
20 Pole-Positions
22 schnellste Rennrunden
125-ccm-Weltmeister 2004 auf Honda
Fünfmal Vizeweltmeister (2006/07 in der 250-ccm-Klasse & 2017 - 2019 in der MotoGP)
Zweimal WM-Dritter (2005 in der 250-ccm-Klasse & 2011 in der MotoGP)

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