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Ducati-CEO Claudio Domenicali: Wieder sinnlose Kritik

Von Günther Wiesinger
Ducati-Geschäftsführer Claudio Domenicali tritt bei TV-Interviews gerne in Fettnäpfchen. Seine Aussagen zum Duell Bagnaia gegen Bastianini vergiften das Klima.

Claudio Domenicali, der CEO der Ducati Motor Holding, ist schon öfters mit unüberlegten Aussagen ins Fettnäpfchen getreten. Auch am Sonntag ließ er sich nach dem spannenden MotoGP-Finale in Misano bei einem TV-Interview zu einer Aussage hinreissen. Der oberste Ducati-Chef bezeichnete die Attacke gegen den führenden Pecco Bagnaia in der letzten Runde durch Bastianini als «unerwünscht».

Die Herzschläge gingen dann bei Ducati weiter in die Höhe, als Bastianini-Manager Carlo Pernat in der Ducati-Box grinsend vorschlug, man möge dem knapp unterlegenen Enea die Hälfte des Siegerpreisgelds aushändigen.

Pernat versicherte auf Anfrage von SPEEDWEEK.com am Sonntag kurz nach dem Rennen, Bastianini sei voll auf Sieg gefahren. Das heisst: Er hat auf die WM-Situation von Bagnaia wenig Rücksicht genommen.

Bagnaia und «La Bestia» Bastianini werden 2023 und 2024 die Ducati-Lenovo-Box teilen, aber die beiden Italiener werden keine so friedliche Koexistenz erreichen wie Bagnaia und Jack Miller.

Bagnaia gewann zwar 0,034 Sekunden vor der Bestie, außerdem feierte Ducati beim Heimrennen einen Doppelsieg – und Pecco reduzierte mit dem vierten Sieg in Serie den Rückstand auf Quartararo (Yamaha) von 44 auf 30 Punkte.

Trotzdem: Dieses nervenaufreibende Finale brachte die Ducati-Corse-Manager Gigi Dall’Igna, Paolo Ciabatti und Davide Tardozzi an ihre koronare Belastungsgrenze.

Natürlich ging den Ducati-Managern der Argentinien-GP 2016 durch den Kopf, als Iannone seinen Teamkollegen Dovizioso in der vorletzten Kurve der letzten Runde und auch gleich sich selbst aus dem Sattel befördert hatte. Bis dahin lag das Ducati-Duo souverän auf den Plätzen 1 und 2.

Domencali stand am Sonntag während der ganzen letzten Runde auf den Zehenspitzen wie eine Balletttänzerin.

Doch der Ducati-CEO fand nicht den geringsten Gefallen an der Sieger-Mentalität von Bastianini, der in diesem Jahr schon drei Rennen gewonnen hat. Denn Bastianini hatte Bagnaia schon in Le Mans stark unter Druck gesetzt.

Domenicali: «Wir haben vor Misano mit unseren Jungs gesprochen. Sie wissen, dass sie sich gegenseitig nicht zu aggressiv behandeln sollen. Ich denke, Enea hat sich bis zur letzten Runde gut verhalten. Doch das letzte Ausbremsmanöver in der Schlussrunde war unerwünscht, denn er musste viel Risiko eingehen. Das hat uns nicht gefallen.»

Carlo Pernat, Manager des Zweitplatzierten Bastianini, begeisterte sich hingegen an der Angriffslust seines 24-jährigen Schützlings.

Denn Enea zeigte, dass er vor keinem Gegner zurückschreckt und sich vor allem nicht sieben Rennen vor Schluss der Saison schon eine Art Stallorder zu Herzen nehmen will.

Pernat forderte im Spass das halbe Preisgeld für Enea und macht sich jetzt auf eine nervenaufreibende Zeit bei Ducati gefasst, wo Bagnaia momentan als erster Titelkandidat die klare Hoffnung Nr. 1 ist und womöglich auch 2023 als aussichtsreichster Fahrer in die WM gehen wird. 

Denn drei MotoGP-Marken-WM-Gewinne in Serie sind für Ducati ein schwacher Trost. Es zählt nur die Fahrer-WM. 15 Jahre nach Casey Stoner wäre es höchste Zeit, dass das inzwischen beste Motorrad auch die wichtigste Meisterschaft gewinnt.

Carlo Pernat sieht die Zukunft bei Ducati nach den jüngsten Aussagen von Domenicali offenbar nicht nur rosig, eher ein bisschen düster.

Aber er verhält sich diplomatisch. «Das war doch ein wundervoller Sonntag für Ducati. Die nächstjährigen Werksfahrer haben einen prächtigen Doppelsieg errungen, nur durch 34 Tausendstel getrennt», rechnete Carlo im Gespräch mit SPEEDWEEK.com vor. «Wir haben die Plätze 1 und 2 kassiert und Marini auf den 4. Platz gebracht. Ein ausgezeichnetes Resultat für Ducati in Misano, das unsere Piste ist. Mehr gibt es nicht zu sagen. Basta.» 

Es ist für viel Zündstoff gesorgt, wenn 2023 insgesamt fünf Italiener (Bagnaia, Bastianini, Marini, Bezzechi und Di Giannantonio) mit Ducati aufmarschieren und dazu ein Franzose (Zarco) und zwei Spanier (Jorge Martin und Alex Márquez).

Claudio Domencali wäre also gut beraten, nicht ständig Öl ins Feuer zu giessen. Denn mit einer Handvoll Titelanwärter ist bei Ducati für genug Sprengstoff gesorgt. 

Aber offenbar hat der Ducati-CEO aus der teuren Lorenzo-Ära (Jorge bekam 25 Millionen Euro Gage für zwei Jahre) keine Lehren gezogen. Domenicali hat den stolzen Jorge Lorenzo durch eine unnötige und voreilige Kritik vor dem Mugello-GP 2018 blossgestellt und zur Konkurrenz vertrieben. Er wetterte damals öffentlich, Jorge komme mit der Desmosedici auch nach fast eineinhalb Jahren leider nicht zurecht.

Eine Woche später triumphierte Lorenzo jedoch souverän beim wichtigen Ducati-Heim-GP in Mugello.

Als Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti Lorenzos Manager Albert Valera dann im Parc Fermé ein Gespräch über einen neuen Vertrag anbieten wollte, entgegnete der Manager des dreifachen MotoGP-Weltmeisters kühl: «Zu spät.»

Er hatte sich nämlich inzwischen mit Repsol-Honda geeinigt. Er gewann aber 2018 zwei weitere Rennen für Ducati. Ducati-Renndirektor Gigi Dall'Igna wollte Lorenzo im Sommer 2019 noch einmal zurückholen und Miller gehen lassen. Aber HRC gab Lorenzo nicht frei.

Bezüglich der Domenicali-Plaudereien kann man nur den Sinnspruch von Boethius in Erinnerung rufen, der sagte: «Hättest du geschwiegen, wärst du Philosoph geblieben.»


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