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Nur Träume: MotoGP-Einstieg von MV Agusta zu teuer

Von Günther Wiesinger
Die rot-weiß-rote Pierer Mobility AG hat mit MV Agusta eine Zusammenarbeit vereinbart. Aber die Wünsche der Fans nach einem MotoGP-Engagement der Edelmarke bleibt eine Illusion.

Am Donnerstag wird die Pierer Mobility AG die Übernahme des italienischen Motoradherstellers MV Agusta Motor S.p.a. mit Firmensitz in Schiranna, einem Vorort von Varese, eine Ausweitung des Generalvertriebs mit dem italienischen Partner bestätigen. Und natürlich wuchern nach dem ersten Bericht von SPEEDWEEK.com die Mutmassungen, ob, wann und wie MV Agusta unter den neuen Voraussetzungen und der profunden Vorwärts-Strategie erstmals nach dem Nürburgring-GP 1976 (Sieg durch Giacomo Agostini) wieder in der «premier class» zu sehen sein könnte

Leider dürfen sich die zahlreichen Anhänger der ruhmreichen Marke, die von der Grafen Giovanni Agusta 1927 gegründet wurde, vorläufig keine großen Hoffnungen auf neue glorreiche Zeiten machen. Der Flugzeughersteller Conte Agusta hatte als Hobby und Leidenschaft die Marke MV Agusta gegründet, das stand für Mecchanica Verghere Agusta, das heisst so viel wie «mechanischer Betrieb Agusta». Das Werk befand sich zuerst in Verghera, später in Gallarate, immer in der Provinz Varese.

Natürlich träumen viele MV-Fans jetzt davon, möglichst bald eine Werks-MV Agusta mit einem 1000-ccm-Vierzylinder-Motor in der Königsklasse zu erleben.

Doch die Pierer Mobility AG bringt jetzt 2023 einmal mit dem GASGAS Factory Team erstmals eine zweite Marke in die MotoGP-WM, und zwar beim Tech3-Team von Hervé Poncharal mit den Piloten Pol Espargaró und Augusto Fernández.

Es bleiben zwar im MotoGP-Feld die beiden Suzuki-Ecstar-Plätze vakant, die nach dem Rückzug der Japaner per Saisonende nicht mehr beansprucht werden. Aber Kawasaki hat nie Interesse gezeigt, BMW hat abgelehnt und konzentriert sich lieber weiter auf mittelmäßige und teilweise blamable Ergebnisse in der Superbike-WM.

Bei MV Agusta hingegen fehlen die wirtschaftlichen Voraussetzungen für ein MotoGP-Engagement, denn die Verkaufszahlen pro Jahr dürften nicht über 10.000 Einheiten liegen.

Selbst die Pierer Mobility AG mit 270.000 verkauften Motorrädern im Jahr leistet sich keine eigene MotoGP-Entwicklung für das GASGAS-Konzept. Es wird mit blaugleichen KTM-RC16-Machinen gefahren. Die Tech3-Kunden-Mannschaft steigt innerhalb der Konzern-Strategie nach drei Jahren einfach von KTM auf GASGAS um.

Auf die Frage von SPEEDWEEK.com, ob in absehbarer Zeit eine eigene Entwicklung für eine GASGAS-MotoGP-Maschine geplant sei, erklärte Stefan Pierer: «Nein, das ist zu teuer, das ist sinnlos. Unser Erfolg im Seriengeschäft basiert darauf, dass wir nach dem Vorbild der Automobilindustrie technische Plattformen, also Motoren-Plattformen nutzen und über entsprechende Designs und Ausrichtung des Produktes unterschiedliche Zielgruppen ansprechen.»

«Unsere Strategie im Motorradgeschäft ist die folgende: Wir haben im Seriengeschäft und im Motorsport eine technische Plattform. Auf diesen Plattformen promoten wir die verschiedenen Konzernmarken. Das funktioniert wunderbar und ist effizient», erklärte Pierer-Mobility-AG-Vorstand Hubert Trunkenpolz im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Wir müssen ja mit dem Geld auch ein bisschen haushalten.»

«Wir müssen grundsätzlich schauen, wie wir in der MotoGP-WM die Show aufrechterhalten», betont Stefan Pierer. «Es kommt eine Rezession auf uns zu. Deshalb müssen wir die Entwicklung in der MotoGP im Auge behalten. Wir dürfen es zu keiner Kostenexplosion kommen lassen, zum Beispiel bei der Aerodynamik. Ich bin gespannt, wie das in ein, zwei Jahren ausschauen wird. Der Ausstieg von Suzuki ist ein Warnzeichen. Es kann durchaus der Fall sein, dass auch andere Werke aus der MotoGP aussteigen, wenn es mit der Kostensteigerung so weitergeht…»

Deshalb hat die Pierer-Gruppe momentan nicht die Absicht, einen neuen 1000-ccm-Vierzylinder-Motor für eine andere Konzernmarke in der «premier class» zu entwickeln. «Allein die Aerodynamik ist eine ‚black box‘. Man muss sich nur die Formel 1 anschauen. Die Investitionen auf diesem Gebiet haben riesige Ausmasse angenommen», betont Vorstand Hubert Trunkenpolz.

Zwei Zahlen: Mercedes beschäftigt in der Formel 1 ca. 2000 Personen, Red Bull Racing allein in der Formel 1-Aerodynamik-Abteilung ca. 230.

Selbst wenn sich die Pierer-Gruppe eines Tages als Aktionär am neuen Vertriebspartner MV Agusta beteiligt, kann sich Hubert Trunkenpolz kein eigenes MV-Agusta-Werksteam mit separater Motorenentwicklung in der MotoGP-WM vorstellen. «Dazu wäre ein Budget von bis zu 45 Millionen Euro nötig», rechnete der Oberösterreicher vor. «Das ist ungefähr ein Zehntel des Aufwands, den die Top-Team in der Formel 1 betreiben.»

MV Agusta wird also im GP-Sport planlos weiterwursteln. Das Forward-Team hat in der laufenden Moto2-Saison mit zwei Piloten (Corsi, Ramirez) erst fünf karge Punkte eingesammelt.

Im Herbst 2016 fantasierte der mehrlichtige Forward-Teamchef Cuzari noch, er werde als Teamprinzipal 2018 mit MV Agusta in die MotoGP-WM kommen und außerdem künftig die Moto2-Einheitsmotoren liefern.

Doch aus den hochtrabenden Plänen wurde nichts. Sogar aus der Superbike-WM ist MV Agusta nach 2018 wieder ausgestiegen – nach vier Jahren ohne Podestplatz. 

Red Bull-KTM hingegen hat nach sechs MotoGP-Jahren bereits sechs Siege (2x Binder, 4x Oliveira) vorzuweisen, außerdem liegen die beiden Piloten in der Fahrer-WM 2022 auf den Rängen 6 und 9. 


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