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Der KTM-Testfahrer Dani Pedrosa bricht sein Schweigen

Von Günther Wiesinger
Erstmals in seinen vier KTM-Jahren gab Dani Pedrosa heute ein Exklusiv-Interview. Der Red Bull-KTM-Edeltester spricht offen über die Schwächen der RC16 und über die Lehren aus der Saison 2022.

Dani Pedrosa (37) vollendet demnächst seine vierte Saison als Red Bull-KTM-Testfahrer. Sein Anteil an den Erfolgen der Österreicher ist unbestritten, die Verpflichtung des Spaniers als Edeltester wird als Glücksgriff bewertet, an dem der langjährige Teammanager Mike Leitner großen Anteil hatte, weil er bei dem dreifachen Weltmeister (2003/125 ccm auf Honda, 2004 und 2005/250 ccm auf Honda) von 2004 bis Ende 2014 bei Pedrosa elf Jahre lang als Crew-Chief tätig und in diesem Zeitraum eine enge Freundschaft entstanden war. «Dani hat während unserer Zusammenarbeit zwei 250-ccm-WM-Titel gewonnen und die MotoGP dreimal als Vizeweltmeister beendet», hält Mike Leitner zufrieden fest.  

Dani Pedrosa hat von 2004 bis Ende 2018 für Repsol-Honda die MotoGP-WM bestritten und jedes Jahr mindestens ein Rennen gewonnen, nur 2018 nicht mehr. Beim Wechsel zu KTM ließ er sich vertraglich zusichern, dass er keine Interviews mehr geben muss.

Und der 31-fache MotoGP-Sieger hat sich eisern an diese Absicht gehalten, zum Beispiel auch nach seiner drittbesten Zeit am Sonntag beim großen Sepang-Test 2019.

Dani Pedrosa wollte nach dem GP-Rücktritt 2018 auch keine Rennen mehr fahren, trat aber dann 2021 in Spielberg mit einer Wildcard an und sicherte sich beim Steiermark-GP den starken zehnten Platz.

Der populäre Katalane aus Sabadell bei Barcelona lässt also durchaus mit sich reden.

Trotzdem kam es überraschend, als sich Dani Pedrosa im Rahmen des Valencia-Tests vor zwei Wochen zu einem Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com bereit erklärte und dann Ende letzter Woche den heutigen Montag als konkreten Gesprächstermin vorzuschlagen.

Dani, in den letzten vier Jahren haben sich viele Fragen gestapelt. KTM hat inzwischen mit Miguel Oliveira fünf und mit Brad Binder zwei MotoGP-Rennen gewonnen. Aber es mangelt an Konstanz. Was fehlt am Motorrad noch, um ernsthaft um den Titel fighten zu können?

Ja, die Fahrer wissen sehr genau, wo die Schwächen des Bikes liegen und warum es ihnen schwer fällt, auf allen Pisten konstant vorne zu sein und warum sie im Qualifying manchmal Mühe haben.

Aber es ist nicht so einfach, den Technikern ein Bild von den Problemen der Fahrer zu vermitteln, denn sie fahren ja nicht mit dem Motorrad. Sie wissen nicht aus erster Hand, was sich für den Fahrer auf der Piste abspielt und wie die Lösung ausschauen kann für die Zukunft.

Deshalb hat sich unser MotoGP-Technikchef Fabiano Sterlacchini bemüht, eine auf Daten basierte Strategie zu entwickeln, damit die Ingenieure durch die Zahlen besser verstehen, worum es geht, welche Informationen wir Fahrer und das Motorrad vermitteln.

Welche Lehren wurden daraus gezogen? Für den Misano-Test und den Aragón-GP gab es dann Technik-Updates für das Red Bull-KTM-Team, die sich gut bewährt haben.

Es gibt zwei Punkte, die hervorstechen.

Wenn wir auf die letzten zwei Jahre zurückblicken, war das Qualifying bei uns häufig ein Schwachstelle.

Denn man hat gesehen, dass es den Ducati-Piloten mit neuen, weichen Reifen leichter fällt, eine Sekunde schneller zu fahren. Dadurch platzieren sie alle acht Ducati am Grid sehr weit vorne. Für die restlichen Teams ist es schwieriger, am Startplatz vorne zu sein.

Die KTM ließ sich mit gebrauchten Reifen gut beherrschen und managen. Aber mit neuen Reifen konnten wir keine starken Zeit-Verbesserungen erzielen. Dieser Schwachpunkt hat verhindert, dass wir die vorderen Startplätze erreichen.

Du weißt ja: Es gibt Probleme mit den Vorderreifen, wenn du einem Gegner im Windschatten folgst. Dann steigt der Reifendruck in verrückte Höhen – und du verlierst Grip.

Du kannst dann nicht mehr überholen und keine Plätze mehr wettmachen.

Brad Binder ist eine Ausnahme. Er hat gegenüber seiner Startposition in den Rennen oft trotzdem zehn Plätze aufgeholt.

(Er schmunzelt). Ja, das ist gut für uns. Brad Binder war während der ganzen Saison super stark. Er hat in den Rennen immer vorbildliche Aufholjagden gezeigt.

Doch wir wissen: Wir müssen unser Bike für das Qualifying konkurrenzfähiger machen. Das ist eines der Schlüsselelemente.
Ich kann technisch nicht so tief in die Details gehen. Aber wir haben zwei Problemfelder entdeckt, die mit unserer Quali-Schwäche zu tun haben. Ich denke, eines der zwei Probleme können wir für 2023 lösen. Das ist meine Hoffnung.

Beim zweiten Problem haben wir noch Zweifel. Da suchen wir noch nach einer Lösung; wir arbeiten noch daran.

Und die fehlende Beständigkeit: Wie kann da eine Verbesserung erreicht werden?

Dieses Problem steht im Zusammenhang mit der Qualifying-Schwäche, vermute ich. Ich bin zuversichtlich, dass auch die Konstanz zunehmen wird, wenn wir bessere Startplätze erreichen. Da zeichnet sich bereits eine Verbesserung ab.

Aber im November lässt sich so eine Prognose nur unter Vorbehalt abgeben, weil alle anderen Hersteller ihre Bikes im Winter auch verbessern.

Ducati wird beim Saisonstart sicher wieder stark sein. Bei den restlichen Werken lassen sich die Kräfteverhältnisse schwer einschätzen.

Keiner weiß momentan, wo die anderen Werke nach dem Winter stehen werden.

Ducati hat 15 Jahre gebraucht, um wieder eine Fahrer-WM zu gewinnen. Auch Aprilia, Honda und Suzuki hatten 2022 ihre Höhen und Tiefen. Diese Ups und Downs haben viel mit den Reifen zu tun, nicht wahr?

Die Reifen sind sicher ein Schlüsselpunkt. Man sieht oft, dass der Compound auf einer gewissen Strecke am besten zu einem bestimmten Motorradtyp passt. Dann kommt auf der nächsten Strecke eine andere Mischung in die Allocation; dadurch wird ein anderes Werk stärker bevorzugt.

Ducati profitiert einerseits, weil sie die meisten Motorräder im Feld haben. Und offenbar nutzen sie die Reifen besser aus als die Konkurrenz.

Die restlichen Hersteller können nur konkurrenzfähig sein, wenn der Compound zum Bike passt.

Aber wenn der Compound nicht so perfekt mit dem Motorrad harmoniert, gibt es Probleme. Das trifft auch auf KTM zu.
Vielleicht hat Ducati eine bessere Balance zwischen der harten und der weichen Mischung gefunden. Dadurch kommen sie bessere zurecht.

Aber das ist nur meine Überlegung. Ob sie richtig ist, weiß ich nicht.

Die besten KTM -MotoGP Quali-Ergebnisse

Johann Zarco: Platz 3 Brünn 2019
Pol Espargaró: Platz 2 in Misano 2019
Pol Espargaró: Pole-Position Steiermark-GP 2020
Pol Espargaró: Pole-Position Valencia-GP 2020
Miguel Oliveira: Pole-Position Portimão-GP 2020
Brad Binder: Platz 6 Mugello 2021
Miguel Oliveira: Platz 4 Catalunya-GP 2021
Brad Binder: Platz 3 beim Motegi-GP 2022
Brad Binder: Platz 4 beim Mandalika-GP 2022

Die besten Rennergebnisse von KTM in der MotoGP

Valencia 2022: Binder Platz 2, Oliveira Platz 5
Motegi 2022: Binder Platz 2, Oliveira Platz 5
Sachsenring 2021: Oliveira Platz 2, Binder Platz 4
Mugello 2021: Oliveira Platz 2, Binder Platz 5
Spielberg-2 2020: Oliveira Platz 1, Pol Espargaró 3, Binder Platz 8
Valencia-1 2020: Pol Espargaró Platz 3, Oliveira Platz 5, Binder P7
Valencia-2 2020: Pol Espargaró Platz3, Binder Platz 5, Oliveira

Die Bilanz von Dani Pedrosa in der Königsklasse

2006: WM-5. auf Honda 800, 215 Punkte, zwei Siege
2007: WM-2. auf Honda 800, 242 Punkte, zwei Siege
2008: WM-3. auf Honda 800, 249 Punkte, zwei Siege
2009: WM-3. auf Honda 800, 234 Punkte, zwei Siege
2010: WM-2. auf Honda 800, 245 Punkte, vier Siege
2011: WM-4. auf Honda 800, 219 Punkte, drei Siege
2012: WM-2. auf Honda 1000, 332 Punkte, sieben Siege
2013: WM-3. auf Honda 1000, 300 Punkte, drei Siege
2014: WM-4. auf Honda 1000, 246 Punkte, ein Sieg
2015: WM-4. auf Honda 1000, 206 Punkte, zwei Siege
2016: WM-6. auf Honda 1000, 155 Punkte, ein Sieg
2017: WM-4. auf Honda 1000, 210 Punkte, zwei Siege
2018: WM-11. auf Honda 1000, 117 Punkte, kein Sieg
2021: WM-25. auf KTM 1000, 6 Punkte, kein Sieg

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