Helmut Marko hält Verstappen für unschlagbar

Jürgen Lingg zu Schrötter: Tapetenwechsel war fällig

Von Günther Wiesinger
Ende Juni in Assen waren sich das Liqui-Moly-Team und Marcel Schrötter so gut wie einig, doch es kam trotzdem zur Trennung. Dabei wurden die gemeinsamen Ziele nicht erreicht. Teamchef Jürgen Lingg zu den Hintergründen.

Marcel Schrötter hat die erste Moto3-Saison 2012 als Mitglied des Mahindra-Werksteams begonnen. Doch die neuen bei Engines Engineering in Italien gebauten 250-ccm-Viertakt-Einzylinder-Motoren entpuppten sich als Rohrkrepierer – sie fielen in erster Linie durch Kraftlosigkeit und mangelhafte Haltbarkeit auf. Nicht selten bildete sich schon beim Warmlaufen ein Ölleck von erstaunlicher Größe. Schrötter trennte sich im Sommer entnervt von Mahindra – und heuerte dann beim Moto2-Team von Bimota an. Dort führte Marina Rossi Regie, die heute beim erfolgreichen ELF Marc VDS-Rennstall (mit Sam Lowes und Tony Arbolino) als Teamchef tätig ist.

Über die Stationen SAG (2013), Tech3 (2014 und 2015) und AGR (2016) stieß Marcel Schrötter 2017 zum deutschen Liqui-Moly-Team, das nach der Trennung von Sandro Cortese einen vielversprechenden deutschen Fahrer suchte.

Die Moto2-WM-Piloten bei Intact

2013: Sandro Cortese
2014: Sandro Cortese
2015: Sandro Cortese
2016: Sandro Cortese, Jonas Folger
2017: Sandro Cortese, Marcel Schrötter
2018: Marcel Schrötter, Xavi Vierge
2019: Marcel Schrötter, Tom Lüthi
2020: Marcel Schrötter, Tom Lüthi
2021: Marcel Schrötter, Tony Arbolino
2022: Marcel Schrötter, Jeremy Alcoba
2023: Darryn Binder, Lukas Tulovic

Der Pflugdorfer, der am 2. Januar 30 Jahre alt wird, sicherte sich in diesem Team immerhin fünf Podestplätze. In Texas 2019 unterlag er nur seinem Teamkollegen Tom Lüthi, dazu kommen vier dritte Plätze in den Jahren 2018 bis 2020, darunter Platz 3 beim Sachsenring-GP 2019.

2022 peilte Schrötter bei der Dutch-TT seinen ersten GP-Sieg an, er stürzte jedoch in Führung liegend.

Damals schien sich eine Vertragsverlängerung anzubahnen, aber es kam im Sommer trotzdem zur Trennung. Marcel Schrötter wird 2023 für MV Agusta die Supersport-WM bestreiten. Der Traum von der Superbike-WM ließ sich nicht verwirklichen, genau so wie einst die Hoffnung, seinem Kumpel Jonas Folger in die MotoGP-WM folgen zu können, an die er im Sommer 2019 noch felsenfest glaubte.

Damals schlug der Bayer sogar ein Angebot von KTM für die Moto2-WM 2020 aus, das ihm die Tür in die MotoGP hätte öffnen können, zumal sein ehemaliges Tech3-Team inzwischen ein MotoGP-Kundenteam für KTM betrieb.

Ironie des Schicksals: Die Pierer Mobility AG hat sich für 2023 über Peter Öttls Moto3-Rennstall mit Liqui Moly verbündet und bringt mit der deutschen Mannschaft erstmals die Marke Husqvarna in die Moto2-WM. Aber Schrötter fehlt jetzt im Aufgebot…

Im November nahm Schrötter für MV Agusta bereits am SSP-WM-Lauf in Phillip Island teil, er stürzte im ersten Lauf und sicherte sich im zweiten den siebten Platz.

Jürgen Lingg, Technical Director, Teamteilhaber und Teamprinzipal beim Liqui-Moly-Moto2-Team, spricht im Interview mit SPEEDWEEK.com über den schmerzhaften Abgang von Marcel Schrötter, der in der Moto2 eigentlich noch eine Rechnung offen hätte. Denn es fehlt ein GP-Sieg.

Jürgen, du warst in der Sommerpause überzeugt, Schrötter werde einen neuen Vertrag unterschreiben. Er war in Assen offenbar bereit dazu. Aber du wolltest ihn nicht frühzeitig engagieren, damit er in der zweiten Saisonhälfte nicht zu genügsam wird.

Es war in den vergangenen Jahren auch so, dass wir mit Marcel recht gut in die Sommerpause gegangen sind, aber nachher sind die Leistungen immer schleppend gewesen. Wir haben die Gründe nie so richtig analysieren können.

Deshalb wollte ich einfach warten.

Es war dann in Silverstone nach der Sommerpause eigentlich auch wieder schleppend.

Ich denke, nach sechs Jahren brauchte Marcel einen Tapetenwechsel, wir auch. Alle haben das gebraucht. Wir haben das jetzt in gutem Einvernehmen gelöst.

In solchen Fällen gibt es unterschiedliche Strategien. Ex-Aprilia-Rennchef Jan Witteveen wollte die Verträge immer möglichst früh verlängern, weil dadurch Gewissheit entsteht. Andere Teams warten so lange wie möglich zu. Das führt aber oft zu Stürzen, Misstrauen, Ablenkung wegen Verhandlungen mit anderen Teams und so weiter.

Wie man es macht, macht man’s verkehrt. So schaut’s aus.

Das kann ich nur bestätigen. Es gibt halt viele Theorien.
Wir haben uns jetzt für dieses Vorgehen entschieden. Ich denke, es war richtig so.

Es ist auch wichtig für den Marcel, dass er eine neue Herausforderung kriegt. Bei uns ist auch eine Aufbruchstimmung zu spüren, erstmals mit zwei WM-Klassen, erstmals mit Unterstützung von Husqvarna.

Es wäre aber für die Pierer-Gruppe sicher attraktiv gewesen, mit Schrötter und Tulovic eine komplett deutsche Fahrerpaarung zu verpflichten. Die Dorna sucht ebenfalls krampfhaft nach deutschen GP-Piloten.

Natürlich war auch ein Weitermachen mit Marcel eine Überlegung.

Aber wir haben über eine lange Zeit zusammengearbeitet, und irgendwann muss man eine Entscheidung treffen.

Wir haben uns jetzt für die Trennung entschieden. Ob das richtig war oder falsch, darüber können wir lang diskutieren.

Es wäre sicher schön gewesen mit zwei deutschen Fahrern in der Moto2-WM zu fahren. Aber ab und zu brauchst du auch einen frischen Wind im Team.

Das haben wir jetzt gemacht und das ganze Projekt auf eine neue Basis gestellt – inklusive Moto3.

Moto2-Ergebnis, Valencia (6.11.):

1. Acosta, Kalex, 25 Rdn in 39:52,413 min (= 150,6 km/h)
2. Augusto Fernández, Kalex, + 1,232 sec
3. Arbolino, Kalex, + 10,163
4. Aldeguer, Boscoscuro, + 14,407
5. Arenas, Kalex, + 18,904
6. Gonzalez, Kalex, + 20,554
7. Dixon, Kalex, + 21,244
8. Alcoba, Kalex, + 25,868
9. Agius, Kalex, + 33,763
10. Schrötter, Kalex, + 35,177
11. Bendsneyder, Kalex, + 35,598
12. Gomez, Kalex, + 36,336
13. Salac, Kalex, + 38,942
14. Dalla Porta, Kalex, + 41,710
15. Roberts, Kalex, + 45,238

Moto2-WM-Endstand (nach 20 Rennen):

1. Augusto Fernández 271,5 Punkte. 2. Ogura 242. 3. Canet 200. 4. Arbolino 191,5. 5. Acosta 177. 6. Dixon 168,5. 7. Vietti 165. 8. Lopez 155,5. 9. Roberts 131. 10. Chantra 128. 11. Schrötter 123,5. 12. Arenas 90. 13. Bendsneyder 87. 14. Navarro 83. 15. Aldeguer 80. 16. Gonzalez 76. 17. Beaubier 73. 18. Alcoba 72. 19. Lowes 55. 20. Salac 45. 21. Baltus 30. 22. Dalla Porta 21. 23. Manzi 9. 24. Zaccone 9. 25. Kubo 7,5. 26. Agius 7. 27. Fenati 7. 28. Rodrigo 6. 29. Kelly 5,5. 30. Ramirez 5. 31. Gomez 4. 32. Hada 3,5. 33. Pasini 1.

Konstrukteurs-WM:
1. Kalex 477,5 Punkte. 2 Boscoscuro 200,5. 3. MV Agusta 5.

Team-WM:
1. Red Bull KTM Ajo 448,5 Punkte. 2. Idemitsu Honda Team Asia 370. 3. Flexbox HP40 287. 4. GASGAS Team Aspar 258,5. 5.Elf Marc VDS Racing 253,5. 6. Beta Tools Speed up 242,5. 7. Liqui Moly Intact GP Team 195,5. 8. Mooney VR46 Racing 165. 9. Italtrans Racing 152. 10. Pertamina Mandalika SAG 96,5. 11. Yamaha VR46 Master Camp 92,5. 12. American Racing 78,5. 13. Gresini Racing 54. 14. RW Racing GP 30. 15. MV Agusta Forward 5.


Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Dr. Helmut Marko: «So ist Max Verstappen unschlagbar»

Dr. Helmut Marko
​Exklusiv auf SPEEDWEEK.com: Dr. Helmut Marko, Motorsport-Berater von Red Bull, analysiert den jüngsten Grand Prix. Max Verstappen mit Saisonsieg No. 4, auf dem Weg zur erfolgreichen Titelverteidigung.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Mi.. 24.04., 10:00, Hamburg 1
    car port
  • Mi.. 24.04., 11:00, Eurosport 2
    Motorradsport: 24-Stunden-Rennen von Le Mans
  • Mi.. 24.04., 11:40, Motorvision TV
    Bike World
  • Mi.. 24.04., 14:00, Motorvision TV
    Gearing Up
  • Mi.. 24.04., 14:55, Motorvision TV
    Extreme E: Electric Odyssey
  • Mi.. 24.04., 16:10, Motorvision TV
    Gearing Up
  • Mi.. 24.04., 16:40, Motorvision TV
    Motocross: FIM-Weltmeisterschaft
  • Mi.. 24.04., 19:15, ServusTV
    Servus Sport aktuell
  • Mi.. 24.04., 20:30, Eurosport 2
    Motorsport: FIA-Langstrecken-WM
  • Mi.. 24.04., 20:55, Motorvision TV
    New Zealand Jetsprint Championship
» zum TV-Programm
5