Indien: Überforderte und durstige Streckenposten
Am ersten Trainingstag beim IndianOil-GP auf dem Buddh International Circuit in Greater Noida zeigte sich mehrmals die Unerfahrenheit und die unzureichende Schulung und Ausbildung der lokalen Streckenposten. Zum Beispiel gab es nach den zahlreichen Stürzen offenbar Probleme mit der rechtzeitigen Information der nachfolgenden Fahrer. «Wir wurden über die gelbe Flagge informiert, aber der Streckenposten hat die Warnung nie aufgehoben», ärgerte sich Brad Binder, dessen viertbeste Zeit im Zeittraining gestrichen wurde. Er fiel auf Platz 12 zurück und verpasste dadurch mit der Red Bull-KTM den direkten Einzug ins Qualifying 2. «Die Race Direction hat mir meine beste Rundenzeit trotzdem nicht zurückgegeben», beschwerte er sich.
LCR-Honda-Pilot Stefan Bradl klärt für die SPEEDWEEK.com-Leser auf: «Wir bekommen die Nachrichten wegen gelber Flaggen nicht ins Dashboard. Aber wir sehen die gelben Flaggen der Streckenposten. Die besten Indikatoren sind jedoch die ‘light panels’ an der Strecke, die man von weitem sehen kann. Es kommt natürlich darauf an, wann der Crash vor dir passiert und wie schnell die Marshals die Infos aussenden. Aber sobald eine gelbe Flagge heraussen ist, wird die Rundenzeit eh gestrichen, wenn man vorbeikommt.»
Aus der Race Direction erfuhr SPEEDWEEK.com: «Die Unfallstelle von Taka Nakagami war noch nicht geräumt, sein Bike und die Marshals waren noch am Unfallort neben der Piste. Wir haben Bilder, die Brad Binder dort bei der gelben Flagge zeigen. Wir haben sie Brad gezeigt. Der einzige Fehler war, dass der 'light panel operator' die Anzeigelichter zu früh ausgeschaltet hat. Aber zum Glück sind die gelben Flaggen weiter korrekt gezeigt worden, sie haben vor der Gefahr gewarnt. Gelb ist gelb, ob Licht oder Flagge.»
Aufmerksamen TV-Zuschauern wie dem Schweizer Erwin Plüss fiel auf: «Die Marshals in Indien sind unglaublich. Sie rennen flott an die Unfallstelle, aber sobald sie beim Fahrer und dem gestürzten Bike eingetroffen sind, herrscht Ratlosigkeit. Ich habe einen Sanitäter gesehen, um dessen Hals ein Stethoskop baumelte. Der will offenbar sofort abhören, ob der gestürzte Fahrer noch Lebenszeichen von sich gibt. Da kann man nur den Kopf schütteln.»
Zur Erinnerung: Bei den ersten GP-Events in Malaysia wurden zum Beispiel noch die routinierten Marshals vom Club der Salzburger Streckenfunktionäre (CdSF) eingeflogen. Später wurden auch die Streckenposten von Aragón nach Katar gebracht und Marshal von Valencia nach Shanghai.
Das Streckenposten stehen unter der Kontrolle der FIM. Aber oft meinen die lokalen Motorradverbände, ihre Streckenposten seien kompetent genug. Jedenfalls gibt es regelmäßig Schulungen und Weiterbildungen. Aber bei einem neuen Grand Prix muss trotzdem mit Anlaufschwierigkeiten gerechnet werden.
«Aber in der Realität haben die Streckenposten hier am ersten Tag so gut gearbeitet wie bei den meisten anderen Grand Prix», lautet das Resümee der Rennleitung. «Sie sind besser als manche, die mehr Übung haben. Klar, Brad hätte seine Runde gern zurück gehabt. Aber es wurden gelbe Flaggen gezeigt, sorry.»
Die ehrenamtlichen indischen Marshals haben auf dem Buddh Circuit kein leichtes Leben. Nach dem ersten Training kam es deshalb zu einer Unterbrechung.
Unglaublich: Die Streckenposten streikten, weil ihnen trotz der Hitze kein Mineralwasser und auch kein Imbiss für die Mittagspause geliefert wurde. Das MotoGP-Zeittraining begann deshalb um 45 Minuten verspätet um 12.45 Uhr und dauerte bis 13.55 Uhr.
Übrigens: Beim ersten Indien-GP auf dem Buddh International Circuit sind nach dem Freitag-Training wegen der Hitze und Luftfeuchtigkeit die Renndistanzen für alle drei GP-Klassen gekürzt worden. In der Moto3 werden neu 16 Runden (vorher 17) gefahren, in der Moto2 18 statt 19. Der Tissot-Sprint geht über 11 Runden (statt 12). Der MotoGP-Wettkampf am Sonntag wurde von 24 auf 21 Runden reduziert.