MotoGP: Marquez oder Martin ins Ducati-Werksteam?

Marc Márquez: «Wollte kein weiteres Jahr verlieren»

Von Günther Wiesinger
Marc Márquez sagt, er habe sich erst am Dienstag nach dem Japan-GP endgültig entschieden, Honda zu verlassen.

Marc Márquez stand heute in Indonesien natürlich im Mittelpunkt des Interesses, als sich die üblichen MotoGP-Protagonisten den Journalistenfragen stellten. Nicht jeden Tag gibt ein sechsfacher MotoGP-Weltmeister nach elf Jahren einen Markenwechsel bekannt. Und nicht jeden Tag wechselt ein gut bezahlter Werksfahrer in ein Privatteam, praktisch zum Nulltarif.

Barry Sheene hat nach seinen zwei Weltmeistertitel mit dem Suzuki-Werksteam nach der Saison 1979 und seinem dritten WM-Rang das Factory Team freiwillig verlassen und sein privates Yamaha-500-Team mit Sponsor Akai gegründet. Er musste sich im folgenden Jahr mit dem 15. WM-Rang begnügen, weil der Production Racer nicht konkurrenzfähig war.

Aber Sheenes Kalkül ging trotzdem auf: Er wurde von Yamaha 1981 neben Kenny Roberts ins Werksteam befördert – und trumpfte in der Halbliterklasse wieder als WM-Vierter auf.

Marc Márquez hat in diesem Jahr in Portimão beim Saisonauftakt 2023 die Pole-Position erobert und dazu Platz 3 im Sprint. Doch am Tag danach setzte sich der Leidensweg für Marc Márquez fort, denn diese Performance konnte nur mit einem gewaltigen Risiko erkauft werden – und vor allem mit extrem waghalsigen Spätbremsmanövern. Deshalb räumte er Oliveira am Sonntag gleich in der Anfangsphase ab, Jorge Martin musste ausweichen und fiel durch einen erzwungenen Umweg zurück.

Trotzdem zeichnete sich damals kein Markenwechsel von Marc Márquez ab – schon gar nicht zum Kundenteam Gresini.

Doch nach den Desasters in Sachsen (fünf Stürze) und Assen (er nahm auch dort am Sonntag am Rennen nicht teil) reifte beim Honda-Star in der Sommerpause der Plan, den für 2024 gültigen Honda-Vertrag aufzulösen.

«Es stimmt, ich war im ersten Teil der Saison konkurrenzfähig», räumt Marc ein. «Aber das war mit sehr, sehr viel Risiko verbunden. Deshalb habe ich die zweite Saisonhälfte mit einer anderen Einstellung begonnen. Ich gehe auch seit Silverstone Anfang August Risiken ein, aber nicht mehr so starke wie zum Saisonbeginn. Ich war vor der Sommerpause verletzt, ich habe mir oft wehgetan. Wenn du so viele Verletzungen hast, hast du keinen klaren Kopf. In solch schwierigen Situationen kannst du keine wichtigen Entscheidungen treffen. In solchen Phasen musst du Geduld haben; das habe ich in der Vergangenheit gelernt.»

Márquez weiter: «Nach der Sommerpause habe ich einige nette Gespräche mit Honda geführt. Aber jedes Rennen war besonders mühsam, denn an jedem GP-Wochenende hat sich meine Mentalität geändert. Es kamen viele Zweifel auf. Gleichzeitig hatte ich zu diesem Zeitpunkt Kontakt mit Gresini. Ich habe ihnen aber mitgeteilt: ‘Ich werde zum jetzigen Zeitpunkt noch keinen Vertrag unterzeichnen. Aber wenn ihr auf meine Entscheidung warten wollt, dann wartet auf mich.’ Ich habe ihnen jedoch nichts versprochen.»

«Denn meine endgültige Entscheidung habe ich am vorletzten Dienstag getroffen, zwei Tage nach dem Japan-GP», setzte Marc fort. «Ja, wie gesagt, ich musste meine Komfortzone verlassen. Der einfachste Weg wäre gewesen, bei Honda zu bleiben. Mein Team ist dort, ich habe das Bike und die Situation dort unter Kontrolle. Dazu bekomme ich ein dickes Salär. Das wäre die einfache Lösung gewesen. Aber ich wusste: Wenn ich mich um mein Wohlbefinden und meine Karriere kümmern muss, muss ich eine neue Herausforderung suchen. Der beste Platz für meine Zukunft ist das Gresini-Team, glaube ich. Deshalb habe ich diese Wahl getroffen. Es geht dort familiär zu, sie haben das beste Motorrad im Feld, außerdem ist mein Bruder dort. Es wird zwar eine große Herausforderung für mich und das Gresini-Team. Aber sie haben in der Vergangenheit mit Enea Bastianini große Erfolge erzielt, dazu in diesem Jahr mit meinem Bruder Alex gut abgeschnitten. Deshalb habe ich diese Entscheidung getroffen. Wichtig wird sein, dass ich die Freude am Rennfahren wieder finde.»

Marc Márquez macht kein Geheimnis daraus, dass er auch über ein «Sabbatical» nachdachte, also über ein Jahr Rennpause. Denn er sprach immer von einem Plan A, Plan B und Plan C.

«Ja, ein Jahr Pause zu machen, war eine der Möglichkeiten», sagt der Honda-Werkspilot. «Für mich war klar: Rennfahren ohne Freude kommt für mich nicht mehr in Frage. Das ist zwecklos. Das habe ich in den letzten vier Jahren oft genug getan. Ich will in der Gegenwart kämpfen und konkurrenzfähig sein. Es spielte keine Rolle, ob du einen Weltmeistertitel hast oder acht. Du musst in der Gegenwart schnell sein, nicht in der Vergangenheit. Und das war mein Ziel. Es gab unterschiedliche Optionen für 2024. Mehr möchte und werde ich dazu nicht sagen, aus Respekt vor all diesen Teams. Das Team, das geduldig auf ich gewartet hat, war Gresini Racing. Sie haben diesen Poker akzeptiert, obwohl ich ihnen nichts versprochen habe.»

Übrigens: Marc und Alex Márquez traten schon 2020 in der MotoGP-WM bei Repsol-Honda als Teamkollegen an. Doch damals bekam Pol Espargaró bereits vor dem Saisonstart eine Zwei-Jahres-Vertrag für 2021 und 2022... Alex wurde von HRC zum LCR-Honda-Team abgeschoben – und trennte sich Ende 2022 von den Japanern.  

«Ich habe am Dienstag nach dem Motegi-GP bei Gresini zugesagt, dann habe ich mit Honda in Japan telefoniert», berichtete Marc. «Die Trennung war auch für HRC die beste Lösung für dieses Projekt. Denn sie brauchen jetzt Zeit und müssen das ganze Budget in das Motorrad investieren. Ein Motorradwerk und eine Marke haben Zeit. Aber wir Fahrer haben nicht so viel Zeit. Ich wollte nicht noch eine weitere Saison verlieren.»

MotoGP-Ergebnisse GP-Rennen, Motegi (1.10.):

1. Martin, Ducati, 12 Rdn in 24:06,314 min
2. Bagnaia, Ducati, + 1,413 sec
3. Marc Márquez, Honda, + 2,013
4. Bezzecchi, Ducati, + 2,943
5. Aleix Espargaró, Aprilia, + 3,181
6. Miller, KTM, + 6,837
7. Augusto Fernández, KTM, + 7,587
8. Di Giannantonio, Ducati, + 8,602
9. Raúl Fernández, Aprilia, + 11,229
10. Quartararo, Yamaha, + 12,244
11. Nakagami, Honda, + 14,714
12. Mir, Honda, + 14,924
13. Crutchlow, Yamaha, + 16,057
14. Bradl, Honda, + 17,253
15. Pol Espargaró, KTM, + 24,921
16. Pirro, Ducati, + 33,962
17. Morbidelli, Yamaha, + 1:14,934 min
18. Oliveira, Aprilia, 1 Runde zurück
19. Viñales, Aprilia, 1 Runde zurück
– Zarco, Ducati, nach Sturz nicht klassifiziert
– Binder, KTM, 7 Runden zurück

MotoGP-Ergebnisse Sprint, Motegi (30.9.):

1. Martin, Ducati, 12 Rdn in 21:00,734 min
2. Binder, KTM, + 1,390 sec
3. Bagnaia, Ducati, + 5,276
4. Miller, KTM, + 6,194
5. Zarco, Ducati, + 6,315
6. Bezzecchi, Ducati, + 8,919
7. Marc Márquez, Honda, + 9,298
8. Di Giannantonio, Ducati, + 10,189
9. Viñales, Aprilia, + 12,404
10. Raúl Fernández, Aprilia, + 15,366
11. Pol Espargaró, KTM, + 15,473
12. Augusto Fernández, KTM, + 15,592
13. Mir, Honda, + 17,052
14. Oliveira, Aprilia, + 18,092
15. Quartararo, Yamaha, + 19,333
16. Morbidelli, Yamaha, + 19,645
17. Nakagami, Honda, + 21,862
18. Crutchlow, Yamaha, + 26,026
19. Pirro, Ducati, + 27,911
20. Bradl, Honda, + 28,178
– Aleix Espargaró, Aprilia, 4 Runden zurück

WM-Stand nach 28 von 40 Rennen:

1. Bagnaia, 319 Punkte. 2. Martin 316. 3. Bezzecchi 265. 4. Binder 201. 5. Aleix Espargaró 171. 6. Zarco 162. 6. 7. Viñales 139. 8. Marini 135. 9. Miller 125. 10. Quartararo 111. 11. Alex Márquez 108. 12. Morbidelli 77. 13. Oliveira 69. 14. Augusto Fernández 67. 15. Marc Márquez 64. 16. Di Giannantonio 52. 17. Rins 47. 18. Nakagami 45. 19. Raúl Fernández 36. 20. Pedrosa 32. 21. Bastianini 25. 22. Mir 20. 23. Pol Espargaró 12. 24. Savadori 9. 25. Folger 9. 26. Bradl 8. 27. Pirro 5. 28. Petrucci 5. 29. Crutchlow 3.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 490 Punkte. 2. KTM 272. 3. Aprilia 240. 4. Honda 142. 5. Yamaha 131.

Team-WM:

1. Prima Pramac Racing 478 Punkte. 2. Mooney VR46 Racing 400. 3. Ducati Lenovo Team 354. 4. Red Bull KTM Factory Racing 326. 5. Aprilia Racing 310. 6. Monster Energy Yamaha 188. 7. Gresini Racing 161. 8. CryptoDATA RNF 109. 9. LCR Honda 98. 10. GASGAS Factory Racing Tech3, 88. 11. Repsol Honda 84.

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