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Exklusiv: GP-Fahrer planen neue «Riders Association»

Von Günther Wiesinger
Bei den MotoGP-Piloten war in letzter Zeit Kritik wegen der Sprints zu hören, wegen der Kiesbetten in Portimão, wegen der vielen Verletzungen. Deshalb soll eine neue Interessensvertretung entstehen.

Seit vielen Jahren können die GP-Fahrer zwar in der Safety Commission, die bei jedem Grand Prix am Freitag um 18.30 Uhr tagt, ihre Meinung sagen, ihre Wünsche vortragen, Anregungen für die Verbesserung der Sicherheit geben und konkrete Vorschläge machen. Aber im Gegensatz zu den Veranstaltern, zum Weltverband, zur Teamvereinigung IRTA und der Dorna Sports S.L. als Inhaber der kommerziellen GP-Rechte haben die Fahrer keine organisierte Interessensvertretung und keine «Riders Association» mehr wie früher.

Ihre Gesprächspartner bei der Dorna, FIM und den Teams haben oft andere kommerzielle Interessen – zum Beispiel wegen der TV-Rechte. Und bei den Teams und Werken kann es zu Interessenskonflikten kommen, wenn es zum Beispiel um GP-Absagen wegen Wetterkapriolen geht, weil der eigene Fahrer dadurch seine WM-Chancen schmälern oder gar einbüssen würde.

Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta und sein Sohn Carlos als Chief Sporting Officer haben zwar immer ein offenes Ohr für die Anliegen der Fahrer, besonders Valentino Rossi fand durch seine Popularität und seine Persönlichkeit immer viel Gehör.

Trotzdem kam es zuletzt immer wieder zu Kritik der Fahrer, vor allem bei neuen Rennstrecken wie dem KymiRing und bei den illegalen Kiesbetten in Portimão 2023, obwohl dort der Portugal-GP schon seit 2020 Grand Prix ausgetragen wird, aber wegen des portugiesischen FIM-Präsidenten Jorge Viegas anscheinend nicht so genau hingeschaut wurde.

Auch bei der Sicherheit des Buddh Circuit in Indien kam es zu Diskussionen. Die Strecke wurde in den Kalender aufgenommen, obwohl der neue FIM Safety Officer Tomé Alonso im vergangenen August einräumte, er sei im November 2022 dort gewesen und er habe damals die Kurven 1, 2, 3, 4, 5, 7, 13 und 14 beanstandet.

Aleix Espargaró erklärte in Misano zwei Wochen vor dem Indien-GP. «Wenn die Strecke nicht sicher ist, fahren wir nicht.»

Die GP-Fahrer waren etwas hellhörig geworden, weil Tomé Alonso vor der Saison 2023 den Italiener Franco Uncini nach 18 Jahren als FIM Safety Officer abgelöst hatte – und ein Neffe von Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta ist.

Auch die überfallsartige Einführung der Sprint-Races bei allen Grand Prix 2023 sorgte bei der Mehrheit der MotoGP-Fahrer für Unmut. Die Fahrer der Klassen Moto3 und Moto2 hingegen ärgerten sich über die Streichung der Warm-up-Trainings am Sonntag.

Bevor die Dorna der FIM die Verantwortung für den GP-Sport abkaufte und den Verband jetzt für MotoGP und SBK mit ca. 12 Millionen im Jahr finanziert, existierte eine starke Fahrervertretung mit Rädelsführern wie Kenny Roberts und Barry Sheene, die 1979 sogar eine Piratenserie ohne FIM-Sanktus namens «World Series» gründen wollten, weil die selbstgefälligen FIM-Funktionäre damals immer noch ohne Rücksicht auf Fahrer, Teams und Werke agierten und die Weltmeisterschaft so dilettantisch wie einen Maiaufmarsch oder eine Pflüger-WM organisierten.

Nach der Saison 1991 war es dann endgültig so weit: Die Teams und Fahrer machten einen Putsch, sie holten die Dorna und Bernie Ecclestone an Bord, die Anzahl der WM-Klassen wurde von einst sechs auf drei reduziert, die FIM verlor 1992 ihre Macht – und verkaufte sie an die Dorna und Ecclestones Firma Two Wheel Promotions, die ein Jahr später für 52 Millionen US-Dollar von der Dorna geschluckt wurde. Seither macht die Dorna auch die Verträge mit den Veranstaltern, die FIM darf sich nur noch bei den Siegerehrungen einmischen.

Im Laufe der vergangenen Saison kam es auch häufig zu Meinungsverschiedenheiten der Fahrer mit den oft unverständlichen Entscheidungen des «FIM MotoGP Steward Panels», weil dieses Gremium bei vergleichbaren Vergehen immer wieder unterschiedliche Maßstäbe anlegt.

Auch die wachsende Anzahl der Grand Prix und die immer häufiger auftretenden Verletzungen sorgen bei den Stars für Unmut. 2023 fand nach 17 Grand Prix noch kein einziges Volldistanz-MotoGP-Rennen mit allen 22 Stammpiloten statt!

Deshalb ist jetzt bei den Übersee-Events durchgesickert, dass die Fahrer wieder eine neue «Riders Association» gründen wollen. Als Fahrersprecher ist Sylvain Guintoli vorgesehen, 2014 Superbike-Weltmeister auf Aprilia, bis Ende 2022 MotoGP-Testfahrer bei Suzuki Ecstar und jetzt als TV-Experte beim britischen PayTV-Sender TNT Sports (vormals BT Sports) tätig, weil der Franzose auch perfekt Englisch spricht. Dazu ist er als Fahrer in der Langstrecken-WM beschäftigt. 

Der Dorna sind diese Pläne nicht verborgen geblieben. «Ich habe Kenntnis von diesen Plänen, aber ich kenne die genauen Absichten nicht», erklärte Carlos Ezpeleta auf Anfrage von SPEEDWEEK.com.

Franco Uncini, 500-ccm-Weltmeister 1982 auf Suzuki und einst schon zu seiner aktiven Zeit mit Kollegen wie Sito Pons und Jorge «Aspar» Martinez einer der Vorkämpfer für sichere Rennstrecken, will die Pläne der aktuellen GP-Fahrer nicht wahrhaben. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass das der Wahrheit entspricht. Die Wünsche der MotoGP-Piloten werden heute sehr stark berücksichtigt. Die Safety Commission ist ihr Sprachrohr; dort können alle Anliegen vorgetragen werden.»

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