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Moderner Fünfkampf der MotoGP-Hersteller beim Auftakt

Von Thomas Kuttruf
Auch wenn es nach einem reinen Kampf der Hersteller aus Europa ausschaut, der Wettbewerb aller fünf MotoGP-Marken war nie enger als im Frühjahr 2024. Ein Lagebericht nach der ersten Technologie-Schlacht 2024.

Verantwortlich dafür, die mit gewaltigem Aufwand an die Startlinie gebrachte Technologie ins Ziel zu bringen, sind die Fahrer der im schärfsten Motor-Setting rund 300 PS starken Prototypen. Den Helden an den tiefen Stummeln, ihren erreichten und verpassten Zielen und wie sich das erste Match auf das mentale Befinden ausgewirkt hat, damit haben wir uns gestern gewidmet.

Aber Bediener und Werkzeug müssen als Einheit funktionieren. Ein Rennfahrer kann sein Glück im Profisport nur auf einem konkurrenzfähigen Untersatz finden. Die Ergebnisse von Katar 2024 zeigen, welche Hersteller die besten Schlüsse aus dem Verlauf der letzten Saison gezogen haben. Zum Teil wurden Entscheidungen für Änderungen bereits vor noch längerer Zeit getroffen, die erst jetzt ihre Wirkung zeigen. In einem technischen Umfeld, das nur minimale Toleranzen erlaubt, lassen sich im Schnellschuss keine messbaren Fortschritte herausfahren.

Blicken wir genauer auf den Status quo der fünf engagierten Marken. Nach dem Ausstieg von Suzuki Ende 2022 geriet das Match Europa gegen Japan in eine weitere Schieflage. Qualitativ und zahlenmäßig. 16 der 22 Maschinen werden in Italien und Österreich entwickelt und betreut. Aufgefüllt wird das Feld mit vier Bikes des weltweit größten Motorradherstellers Honda. Yamaha, trotz Ambitionen im nächsten wieder mit einem zweiten Team zu agieren, stellt heuer wieder nur zwei MotoGP-Bikes in die Aufstellung.

Nach Runde 1 stehen die Hersteller in der gleichen Reihenfolge zum Finale des letzten Jahres. Ducati vor KTM vor Aprilia vor Yamaha vor Honda. Auf den ersten Blick ist also alles beim Alten geblieben. Steckt man das Makro-Objektiv auf, so gibt es andere interessante Unterschiede und Entwicklungen.

Ducati. MotoGP ist Ducati. Der Hersteller aus der Emilia Romagna bleibt die Marke, die es zu schlagen gilt. Mit Pecco Bagnaia, Jorge Martin, Marc Márquez und Enea Bastianini tauchen nur in den Top 5 vier Dompteure der Desmosedici auf. Nur Márquez sitzt nicht auf der jüngsten Spezifikation.

Bologna profitiert weiterhin davon, dass die fahrerische Spitze des MotoGP-Eisbergs unter Vertrag ist. Und die Helden nach wie vor ein sehr ausgewogenes Bike einsetzen. Ducati hat es am besten verstanden, einen MotoGP-Renner für die «Masse» zu entwickeln. Ausnahmslos jeder der acht Piloten lobt, dass die Desmosedici, ganz gleich, ob in aktueller oder letztjähriger Ausbaustufe, ohne eine gravierende Schwäche ist und fast überall gleich gut funktioniert. Vor allem die immer wieder von den Piloten als Kernkompetenz eines siegfähigen Bikes genannten Eigenschaften «machanical Grip» und «turning» werden von der Mannschaft um Cheftechniker Gigi Dall’Igna geliefert. Auch bei der negativen Beschleunigung ist Ducati absolut top.

Zu der in den letzten Jahren stark verbesserten Chassis-Kompetenz kommt der starke Antrieb. Zuverlässig, gut bedienbar und mit reichlich Power in der Spitze. Doch beim Stichwort «Top end» hat das Imperium verloren. Die Analyse der jüngsten Ergebnisse reiner Geradeaus-Betrachtung ordnet die Ducati nur noch im Mittelfeld ein. Dazu ist aber zu sagen, das Feld ist insgesamt enger zusammen gerückt bei der Disziplin «Topspeed». Die Differenz zwischen Schnellstem und langsamstem Piloten hat sich in den letzten 5 Jahren ungefähr halbiert. Die Top 10 eines Wochenendes sind nur rund 3 km/h in der Spitze getrennt. Von Überlegenheit in dieser Kategorie ist keine Rede mehr. Die Führungsqualität der Desmosedici definiert sich 2024 über die noch beste Harmonie aller relevanten Baugruppen. Diese Harmonie ist auch ein Resultat der immensen Datenwellen, die sich über die vier Teams mit jedem Einsatz aufbauen. Fazit: Ducati hat die führende Technologie, aber der Wissens-Vorsprung schmilzt langsam.

Das hat auch KTM mitbekommen. Zwar verfolgt jeder Hersteller eine eigene Philosophie, aber natürlich wird auch genau studiert, was die Konkurrenz macht. KTM hat über den Winter in allen Bereichen leicht zugelegt und dabei an Ausgewogenheit zugelegt. Veränderungen in der Zusammenarbeit der einzelnen Entwicklungsgruppen greifen jetzt. Auch KTM versucht mit Erfolg, die RC16 nicht alleine auf einen Superstar maßzuschneidern.

Innerhalb des Gesamtpaktes haben die Österreicher bei Aerodynamik-Zusammenhängen schnell gelernt. Motorseitig war das Bike bei den Topspeed-Werten ganz vorne. Die weiteren Ressourcen, die in Munderfing freigesetzt wurden, bringen zusammen mit wachsender Erfahrung und einer guten Fahrerwahl das Projekt aus Österreich heute näher an die Spitze als je zuvor. Zufrieden ist die leidenschaftlich verbissene Mannschaft aber deswegen noch nicht. Und die letzten Millimeter zum Sieg sind bekanntlich die härtesten.

Apropos Millimeter. Die trennt KTM vom nächsten Verfolger Aprilia. Wie gut die Werksmaschinen aus Noale mittlerweile funktionieren, zeigt sich in der Konstanz, mit der vor allem Aleix Espargaro und Maverick Vinales in den Trainings und im Sprint an der Spitze mitfahren. Die größten Fortschritte machte die RS-GP für 2024 im Bereich Aerodynamik, die geringsten in Sachen Motor-Power. Ein noch limitierender Faktor ist die Teamstruktur. Durch die Veränderungen im wichtigen zweiten Team fehlt es noch an Durchschlagskraft. Sobald die Lernkurve der Trackhouse-Akteure angeglichen ist, dürfte das Feld noch enger zusammenrücken. Die technische Basis ist vorhanden, um auf Augenhöhe mit KTM die Lücke zum Konkurrenten aus Italien zu schließen.

Blicken wir in Richtung Osten. Yamaha leidet. Hier zeigt sich die Gnadenlosigkeit des MotoGP-Wettbewerbs. Trotz klarer Fortschritte in Sachen Motor – die aktuelle M1 gehört zu den schnellsten Bikes auf der Geraden – ist der Gesamtentwicklungsschritt nicht ausreichend. Yamaha hat die großen Defizite im Bereich Aerodynamik. Was vor zwei Jahren noch als zweischneidiges Feature diskutiert wurde, ist heute unverzichtbarer Standard. Während Ducati, KTM und Aprilia gut eine halbe Sekunde aus ihren Power-Paketen herausgeschält haben, gelang Yamaha nur ein kleiner Schritt nach vorne. Wenige Zehntel bedeuten dann wieder eine Startreihe nach hinten. Oder zwei.

Die Entwicklung ist auch ein Spiel auf Zeit. Denn auch die Loyalität eines Fabio Quartararo ist nicht unlimitiert. Die Gefahr ist, dass der noch junge Franzose die Felle seiner Karriere davon schwimmen sieht, bevor die Optimierungen an der Yamaha Basis auch in punkto Rundenzeiten sichtbar werden. Was helfen kann, ist der «Concessions-Joker». Das Regelwerk gestattet alle Test- und mehr Entwicklungsfreiheit. Im Sinn des Sports ist ein flinkes Aufholen der Japaner erwünscht. Hilfreich wären neben dem Vorantreiben einer Satelitenstruktur, auch mutigere Entscheidungen. Klingt einfach, ist es aber nicht. Eine Neuerfindung braucht Zeit, und die hat im Profi-Rennsport niemand.

Dessen ist man sich in der HRC-Zentrale auch bewusst. Honda weiß alles über MotoGP und ist der Theorie auch in der Lage, jede Technologie zu beherrschen. Honda, ein Konzern, der stets eine gefühlte ganze Generation vor den anderen Herstellern existierte, ist Gefangener im MotoGP High-Tech-Kosmos.
Mit scheinbar unbegrenzten Mitteln ausgestattet wäre es fatal, die mit XL-Abstand erfolgreichste Marke des Sports abzuschreiben. Selbst wenn die Änderungen, die in kürzester Zeit bei HRC stattfanden, nach dem Katar-GP noch nicht am Rennergebnis ablesbar sind, in einzelnen Bereichen ist bereits ein Effekt sichtbar. Das bezieht sich nicht nur auf schiere Motor-Power, welche die Meute mit dem Flügel im Mittel zum schnellsten Hersteller in Losail machte. Bemerkenswert ist die Steigerung der Pace bei den Tests, bei gleichzeitigem Rückgang der Abflüge. Am Kurveneingang wurden Fortschritte dank sichtbaren Aero-Paketen und unsichtbaren Rahmen-Updates gemacht. Gelingt es Honda, sich in diesem Stil auch in den hinteren Teil vorzuarbeiten und die RC213V komplett in Einklang zu bringen, dann werden Marini, Zarco und Co. schneller wieder um in den Top 5 auftauchen, als den Europäern recht ist. Auch hier gilt die Concessions-Regel.

Bei einer weitgehend stabilen Lage des Regelwerks bis Ende 2026, stehen die Chancen gut, dass sich der Dreikampf mindestens zu einem Vierkampf ausweitet.

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