Nico Rosberg: Verzicht auf 100 Millionen Euro

MotoGP in Austin und der große Honda-Ausfall

Von Thomas Kuttruf
Seit der Premiere auf dem «Circuit of The Americas» 2013 stiegen in der Honda-Box acht große Siegesfeiern. 2024 reisen die beiden Teams mit viel Schrott und null Punkten niedergeschlagen aus Texas ab.

Die Vorstellung der vier Honda-Fahrer beim US-GP ist nur schwer in Worte zu fassen. Johann Zarco, Joan Mir, Taka Nakagami und Luca Marini belegten im Qualifying die letzten vier Plätze. Über zwei Sekunden betrug der Rückstand auf die Spitze des Feldes.

Im Sprintrennen stürzten sich außer Luca Marini alle anderen RC213V-Piloten ins Aus. Wie in einem schlechten Film wiederholten sich die Ereignisse am GP-Sonntag – mit der einzigen Abweichung, dass Johann Zarco seine LCR-Honda bereits frühzeitig mit technischen Gebrechen abstellen musste. Null Punkte für das gesamte Honda-MotoGP-Projekt. Die psychologische Höchststrafe: Ausgerechnet in Texas, dem Ort an dem die Honda-Welt immer in Ordnung schien – selbst 2023 reichte die Performance für einen COTA-Sieg aus – gab es jetzt die sportliche Maximal-Klatsche.

Der Franzose Zarco zeigte sich nach zwei Ausfällen als gefasster Profi: «Ich bin weiter positiv eingestellt und habe keinen Grund, pessimistisch zu sein. Man muss verstehen, wie groß das Projekt ist, das Honda vorantreibt. Es gibt so viele neue Aspekte und so komisch es klingt, es ist eine Frage der Zeit. Korrekt ist, Honda hat in der Vergangenheit sehr viele Erfolge gehabt und jetzt ist es genau andersherum. Tatsache ist, Honda hat die Kapazitäten, das in den Griff zu bekommen. Ich kann mich nicht zu den technischen Details äußern, denn das ist der Job der Ingenieure, aber wie gesagt, wir arbeiten daran und wir schauen nach vorne.»

Zu seinem Ausfall im Grand Prix-Rennen sagte der Routinier: «Es war eine Frage der Vibrationen. Diese sind sehr schnell, sehr heftig geworden. Ich dachte zunächst, das hintere Device (Anm. Ride Height; Absenkung und Anheben des Hecks) ist defekt, aber die Ursache war eine andere. Ich habe jedenfalls entschieden, das Rennen zu beenden, weil es keinen Sinn macht, mit den starken Vibrationen weiterzufahren.»

Deutlich schärfer die Worte des japanischen Piloten. Taka Nakagami, der auf der RC213V am meisten Erfahrungen mitbringt, sprach in Texas unverblümt vom sportlich schwärzesten Rennwochenende seiner Karriere. «Es ist wirklich ein tragischer Moment, ich bin so enttäuscht von allem. Ich habe keine Worte. Wir sind nirgendwo. Das hätte ich so niemals erwartet. Dass wir über zwei Sekunden verlieren, das ist eigentlich unmöglich. Es ist der Job der Techniker das Problem zu verstehen. Wir Fahrer werden immer ans Limit gehen.»

Noch schlimmer – der LCR-Pilot sieht auch keinen direkten Ausweg aus der Situation: «Ich habe das Gefühl, niemand hat eine Lösung parat. Es ist so komplex, auch weil es eben nicht einen Punkt gibt, auf den wir hinzeigen und dann angehen können. Alles passt nicht zusammen und das Schlimmste ist, dass ich nicht einmal fühlen kann, wo es Probleme macht.»

Als größtes Drama beschreibt Nakagami das Kurvenverhalten der aktuellen MotoGP-Honda: «In dem Moment, in dem ich das Bike einlenke, ist das komplette Gefühl für die Front der Maschine weg. Es fühlt sich unmöglich an, aber ich habe in Schräglage überhaupt keine Ahnung, was das Bike macht. Ich versuche viel mit dem Körper zu arbeiten, aber das ist keine Lösung des Problems.»

Ebenfalls frustriert aber mit deutlich mehr Galgenhumor äußerte sich Repsol Honda-Pilot Joan Mir zur großen Pleite.
Zu seinem Rennen sagte der Ex-Weltmeister mit einem Grinsen: «Mein Start wir richtig mies, aber wenn du hinten stehst, dann macht es auch keinen großen Unterschied. Ich habe mich sehr bemüht, die Gruppe vor mir mit Fabio und den Aprilia-Jungs einzuholen. Leider bin dabei in Kurve sechs gestürzt und das wars. Ich habe es versucht.»

Zu der generellen Lage fügte Mir hinzu: «Die Situation ist derzeit wirklich sehr schwierig. Wir wollen nach vorne, sind aber limitiert. Und wenn wir pushen und das Bike nach ein paar Runden den Dienst quittiert, das macht es sehr kompliziert.»
Im Rahmen des Pressegesprächs bestätigte Mir, der in seinem zweiten Jahr für das erfolgreichste Team der Grand Prix-Geschichte und das erfolgloseste der Gegenwart unterwegs ist, dass Honda auch an einem neuen Triebwerk arbeitet. «Korrekt ist, dass Honda an einer neuen Spezifikation noch für dieses Jahr arbeitet.»

Den Test am kommenden Freitag auf der GP-Strecke von Catalunya werden nur die offiziellen Werks- und Testfahrer bestreiten. Nakagami und Zarco greifen in Jerez zum Training des spanischen GP wieder an die Lenkerstummel.
Nach den im wahrsten Sinne niederschmetternden Erfahrungen in Austin ist der kollektive Tiefpunkt aus Sicht des weltgrößten Motorradherstellers erreicht. Es kann nur besser werden.

Ergebnis US-GP:
1. Maverick Viñales (E) Aprilia 41:09,503 min.
2. Pedro Acosta (E) GASGAS +1,728 sec.
3. Enea Bastianini (I) Ducati +2,703 sec.
4. Jorge Martín (E) Pramac Ducati +4,690 sec.
5. Francesco Bagnaia (I) Ducati +7,392 sec.
6. Fabio Di Giannantonio (I) VR46 Ducati +9,980 sec.
7. Aleix Espargaró (E) Aprilia +12,208 sec.
8. Marco Bezzecchi (I) VR46 Ducati +13,343 sec.
9. Brad Binder (ZA) KTM +14,931 sec.
10. Raúl Fernández (E) Trackhouse Aprilia +16,656 sec.
11. Miguel Oliveira (P) Trackhouse Aprilia +18,542 sec.
12. Fabio Quartararo (F) Yamaha +22,899 sec.
13. Jack Miller (AUS) KTM +24,011 sec.
14. Augusto Fernandez (E) GASGAS +27,652 sec.
15. Alex Márquez (E) Gresini Ducati +32,855 sec.
16. Luca Marini (I) Repsol Honda +33,528 sec.
17. Marc Márquez (ESP) Gresini Ducati out
18. Alex Rins (E) Yamaha out
19. Joan Mir (E) Repsol Honda out
20. Franco Morbidelli (I) Pramac Ducati out
21. Takaaki Nakagami (J) LCR Honda out
22. Johann Zarco (F) LCR Honda out

Fahrer-WM nach Austin:
1. Martín 80
2. Bastianini 59
3. Viñales 56
4. Acosta 54
5. Bagnaia 50
6. Binder 49
7. Espargaro 39
8. Marc Márquez 36
9. Di Giannantonio 25
10. Miller 22
11. Bezzecchi 20
12. Quartararo 19
13. Alex Márquez 14
14. Oliveira 13
15. Raúl Fernández 7
16. Augusto Fernández 7
17. Mir 7
18. Zarco 5
19. Rins 3
20. Nakagami 2
21. Morbidelli 0
22. Marini 0

Konstrukteure:
1. Ducati 96
2. KTM 76
3. Aprilia 72
4. Yamaha 19
5. Honda 8
Teams:
1. Ducati Lenovo 109
2. Aprilia 95
3. Pramac 80
4. KTM 71
5. GASGAS 61
6. Gresini 50
7. VR46 45
8. Yamaha 22
9. Trackhouse 20
10. Honda 7
11. LCR 7

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Dr. Helmut Marko: «So ist Max Verstappen unschlagbar»

Dr. Helmut Marko
​Exklusiv auf SPEEDWEEK.com: Dr. Helmut Marko, Motorsport-Berater von Red Bull, analysiert den jüngsten Grand Prix. Max Verstappen mit Saisonsieg No. 4, auf dem Weg zur erfolgreichen Titelverteidigung.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Mo.. 29.04., 21:55, ORF Sport+
    Formel 1 Motorhome
  • Mo.. 29.04., 22:15, Motorvision TV
    FIM X-Trial World Championship
  • Mo.. 29.04., 23:10, Motorvision TV
    Isle of Man Tourist Trophy
  • Mo.. 29.04., 23:15, Hamburg 1
    car port
  • Di.. 30.04., 00:00, Eurosport
    Speedway: FIM Grand Prix
  • Di.. 30.04., 00:45, ORF Sport+
    Formel 1 Motorhome
  • Di.. 30.04., 01:45, Hamburg 1
    car port
  • Di.. 30.04., 02:10, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Di.. 30.04., 03:45, Hamburg 1
    car port
  • Di.. 30.04., 04:45, Motorvision TV
    Bike World
» zum TV-Programm
5