Konstrukteurs-WM: KTM und Aprilia dran an Ducati
Auch 2024 führt Ducati die Wertung der Marken-WM an. Von Dominanz aber keine Spur - KTM und Aprilia sind in Schlagdistanz
In Hinblick auf den Wettstreit unter den Herstellern hat die Dynamik in der laufenden Saison deutlich zugenommen. Betrachtet man den Verlauf der MotoGP-Weltmeisterschaft 2023, dann hieß die Parole «Ducati gegen den Rest der Welt». Innerhalb der Ducati-Desmosedici-Welt wurden über die lange Saison zwar laufend Positionen getauscht, die Überlegenheit der Marke aus Bologna stand aber niemals zur Debatte. Die Italiener gewannen die Konstrukteurs-WM überlegen. Mit 700 zu 373 Punkten (KTM holte die Vize-Konstrukteurs-WM) darf von einer Deklassierung gesprochen werden.
Dass die beeindruckende Siegesserie eines MotoGP-Renners aus Bologna in den USA zu Ende ging – Maverick Vinales verhinderte das volle Dutzend für Ducati – sagt einiges aus über den nun deutlich verschärften Wettbewerb unter den Werken. Denn trotz der weiterhin starker Präsenz war Ducati beim Texas-GP nur die drittstärkste Kraft im Feld. Bereits beim Auftakt-Wochenende in der Wüste war sichtbar, wie eng es in Sachen «Performance» an der Spitze zugeht. KTM RC16 Pilot Brad Binder bewies mit zwei zweiten Rängen und geringer Griffweite zur Spitze, dass es mit der Dominanz der Roten vorbei ist. In Portimao und Austin war es dann Vinales, der belegte, dass drei Marken siegfähig sind.
Während Vinales im siebten Abstimmungs-Himmel schwebte, wunderten sich die schnellsten Ducati-Piloten erneut über Chattering-Ausschläge an der GP24. Sowohl Jorge Martin als auch Pecco Bagnaia berichteten ihren Techniker von einem grenzwertigen Fahrverhalten zwischen Einlenkpunkt und Kurvenscheitelpunkt. So komplex das Schwingungs-Phänomen auch ist, es scheint, dass die 2024er-Desmosedici in dieser Fahrsituation so viel mechanischen Grip erzeugt, dass sich Vorteil ab einem gewissen Haftungspunkt ins Negative umkehrt. Während vor allem die japanischen Motorräder erst gar nicht genug Haftung und Vertrauen in Richtung Scheitelpunkt aufbauen können, haben die GP24-Fahrer je nach Verschleißsituation der Reifen Grip im Überfluss.
Dass die Maschinen von Bagnaia, Bastianini, Martin und Morbidelli keine Fehlkonstuktionen sind, das beweist der WM-Stand. Jorge Martin und Enea Bastianini als WM-Leader dokumentieren, dass die Basis passt, das perfekte Abstimmungsfenster aber kleiner ist als in der Vergangenheit. Stimmt nur eine Kleinigkeit nicht, dann ist es vorbei mit der Ducati-Herrlichkeit. Beispiel: Beim Sprint in Austin büßte der Weltmeister als Achter fast 10 Sekunden ein.
Weniger Ausreißer nach oben oder unten sind bei den 2023er-Ducati von VR46 und Gresini festzustellen, dafür ist das Bike in der Basis aber auch um die entscheidenden Zehntel langsamer. Andersherum: Eine perfekte justierte Vorjahres-Desmosedici hat den gleichen, unter perfekten Bedingungen sogar höheren Speed, als eine chatternde Ducati GP24. Marc Márquez und Fabio Di Giannantonio heißen die Beweisträger. Das war allerdings auch in der Vergangenheit nicht anders. Wir erinnern uns an Marco Bezzecchi, der vor 12 Monaten auf Desmo-Vorjahresware mehrfach an der Spitze aufzeigte.
Die Ankunft von Pedro Acosta im GASGAS Tech3 Team ist in mehrfacher Hinsicht ein Geschenk für die Meisterschaft, denn während die Mannschaft von Hervè Poncharal im letzten Jahr mit dem damaligen Rookie Augusto Fernandez sowie einem lange verletzten Pol Espargaro keine Unterstützung für KTM bei der Punktejagd um die Herstellerkrone liefern konnte, zahlt der Rookie nun tapfer mit in die Herstellerkasse ein.
Kurios ist die Situation bei KTM dennoch. Denn obwohl Pedro Acosta bei allem drei GP mit dem offiziell gleichen Setting eine sehr vergleichbare Leistung mit Aufwärtstrend gelang, hatten die Red Bull KTM Akteure, ebenfalls starke Ausschläge in ihren Ergebnissen. Das gilt vor allem für Brad Binder. In Katar noch gefeiert als ganz heißer WM-Kandidat, reichte der GP der USA aus, um den Südafrikaner zurück auf den sechsten WM-Rang zu werfen.
Doch auch bei Aprilia ist nicht nur heile Welt. Aleix Espargaro – in Katar eindeutig der stärkere der beiden RS-GP-Fahrer – hatte weder in Portugal noch in den Vereinigten Staaten etwas gegen «Top Gun» Vinales zu melden. Wie auch bei Bagnaia gilt – bei der kleinsten Befindlichkeit findet man statt auf dem Podest nur noch Bereich der Top 10 wieder.
Der Absatz über die japanischen Vertreter fällt kurz aus. In noch stärkerem Maße wie sich die drei Werke aus Europa näher an die Winglets gerückt sind, haben Yamaha und Honda den Kontakt zur Erfolgszone verloren. Solange die eingeleiteten Maßnahmen nicht auf die Strecke kommen, werden die sechs Renner aus Asien auch im weiteren Saisonverlauf unter regulären Bedingungen sportlich keinerlei Rolle spielen.
Zurück zur Spitze mit Ducati, KTM/GASGAS und Aprilia. Alle Maschine variieren in ihrer Performance. Aber in jedem Fall sind die ersten drei Hersteller zum Saisonstart isoliert auf eine ideale Rundenzeit gesehen gleich schnell. Was einen sensationellen weiteren Saisonverlauf verspricht.
Stand in der MotoGP Konstrukteurs-WM nach 3 von 21 Rennen:
1. Ducati 96 Punkte
2. KTM 76
3. Aprilia 72
4. Yamaha 19
5. Honda 8