KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Max Bartolini über die MotoGP-Yamaha der Zukunft

Von Thomas Kuttruf
Der aus dem Ducati-Lager ins Yamaha-MotoGP-Projekt übergelaufene Massimo Bartolini sorgt für Dynamik. Der Italiener beurteilt das jüngst verabschiedete Technik-Regelwerk – und ist gegen ein Einfrieren der Entwicklung.

In seiner Rolle als technischer Leiter ist Massimo Bartolini zuständig für alle technischen Agenden rund um die Yamaha YZR-M1. Unübersehbar liegt das Hauptaugenmerk darauf, mit dem aktuellen MotoGP-Prototypen den Anschluss zurück an die Spitze zu finden. Im ausführlichen Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com hatte der Ingenieur dazu bereits klare Aussagen gemacht.

Doch auch die Zukunft spielt bereits heute eine wichtige Rolle. Die vor wenigen Wochen offiziell bestätigten Regeländerungen zur MotoGP-Saison 2027 klingen in weiter Ferne, doch der Italiener ist sich bewusst, der Projektstart auch bei Yamaha muss frühestmöglich erfolgen. Bartolini bestätigt allerdings, noch ist der Startschuss nicht gefallen: «Mir ist bewusst, die Regeländerung hat zur Folge, dass große Ressourcen gebildet werden müssen. Wir besprechen die neuen Eckpfeiler, aber es gibt noch keine Entscheidung zu einem endgültigen Konzept.»

Eine klare Meinung hat Bartolini dennoch zu der zukünftigen MotoGP-M1: «Ich denke, wir sind gut beraten, auf dem bestehenden Konzept anzusetzen. Wir nutzen bereits einen Reihenmotor, der aus meiner Sicht viele gute Aspekte hat. Der Aufbau der Maschine ist damit sehr logisch, weniger komplex und es gibt nur alleine aus dem Aspekt der neuen Hubraumregelung keinen Grund zu einem V-Motorkonzept zu wechseln. Meine Sicht: Die Freiheiten an den anderen Bereichen des Bikes zu arbeiten, bis zur Aerodynamik, sind bei einem Reihenmotor größer. Dennoch, in der perfekten Welt sind beide Varianten exakt zu untersuchen, aber ich kann derzeit nicht beantworten, ob wir diese Energie aufbringen können. Aber natürlich müssen wir spätestens mit dem Beginn der nächsten Saison ein fertiges Konzept haben.»

Zu den Ergebnissen der Verhandlungen rund um neue technische MotoGP-Grundgerüst hat der Yamaha-Technik-Chef eine durchaus kritische Einstellung. Max Bartolini: «Die Botschaft hinter den neuen Regeln für weniger Speed und mehr Sicherheit ist klar – und die beschlossenen Punkte sind ein Weg, das anzugehen. Ich habe aber meine Zweifel, ob das eigentliche Ziel auf dem Weg so erreicht werden kann.»

Bartolini holt weiter aus: «Sicher werden wir auf den Geraden an Tempo verlieren mit den 850er-Motoren, ich denke rund 25 km/h. Aber in Bezug auf eine Runde werden wir vielleicht keine großen Unterschiede bemerken. Ich habe in meiner Karriere bereits zweimal eine Hubraumreduzierung mitgemacht und bei dem 800er-Versuch in der MotoGP ist das Ergebnis bekannt – die Bikes waren am Ende schneller als die Tausender.»

Massimo «Max» Bartolini, der bereits bei Ferrari in der Formel-1-Entwicklung tätig war, weiter: «Es wird sehr viel davon abhängen, welchen Einfluss die Aerodynamik auf das Gesamtfahrzeug nimmt. Ich würde jedenfalls keine Wette annehmen, dass die Kurvengeschwindigkeiten in Zukunft auch zurückgehen.»

Doch es gibt auch positive Aspekte: «Ich gebe zu, generell bin ich ein großer Fan von Performance. Aber die neuen Regeln werden dazu führen, dass alle Hersteller ihr gesamtes Fahrzeug überdenken müssen. Das bedeutet neue Chancen und ist gut für den Wettbewerb und damit könnten die Rennen profitieren.»

Wenig überraschend ist der technische Leiter des Yamaha-Werkstems ein Fan von freier Entwicklung und strikt gegen einen Entwicklungsstopp, bis die neuen 850er-Regeln in Kraft treten. Bartolini: «Aus Sicht von Yamaha kann es aktuell nur darum gehen, möglichst effektiv und schnell wieder die Lücke zur Konkurrenz zu schließen. Natürlich fallen wir weiterhin unter die Concessions-Regeln, aber ich bin als Techniker nicht überzeugt von einem Entwicklungsstopp. Wenn man gewisse Bereiche der Entwicklung ruhen lässt, dann lässt sich das nicht wiederherstellen.»

Während vor allem Ducati und KTM ein Einfrieren der Entwicklung mindestens für die Saison 2026 fordern, vertreten die japanischen Hersteller und Aprilia die entgegengesetzte Auffassung. Kommt es hier nicht zu einem Einverständnis innerhalb des Herstellerverbandes, werden sich auch die aktuell gültigen Regeln zu Entwicklung und Homologation nicht ändern.

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