Formel 1: Schmerzhafte Lektion für Leclerc

Vom Österreichring, über A1-Ring, zum Red Bull Ring

Von Helmut Ohner
Wenige Tage nachdem mit dem amerikanischen Astronauten Neil Armstrong der erste Mensch den Mond betreten hatten, fand auf dem in der Gemeinde Spielberg gelegenen Österreichring die erste Motorsportveranstaltung statt.

Am 25. Mai 1961 kündigte US-Präsident John F. Kennedy in einer Rede vor dem Kongress an, dass am Ende des Jahrzehnts ein Amerikaner seinen Fuß auf den Mond setzen wird. Der weitsichtige Politiker sollte den historischen Moment allerdings nicht mehr erleben. Er fiel am 22. November 1963 in Dallas einem Attentat zum Opfer. Mitte 1969 war es tatsächlich so weit. Die «Apollo 11»-Mission brachte Neil Armstrong, Edwin «Buzz» Aldrin und Michael Collins in die Umlaufbahn des Erdtrabanten. Am 21. Juli betrat Armstrong als erster Mensch den Mond. «Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit», waren seine Worte als er den letzten Schritt von der Leiter auf die Mondoberfläche machte.

Ein nicht minder historisches Ereignis fand zur selben Zeit im kleinen Österreich statt. Jochen Rindt, der seine Kindheit bei seinen Großeltern mütterlicherseits in der Steiermark verbrachte – seine Eltern besaßen in Mainz eine Gewürzmühle und waren 1943 bei einem Luftangriff ums Leben gekommen – eilte in der Formel 2 von Sieg zu Sieg, auch in der höchsten Klasse konnte er rasche Top-Platzierungen vorweisen. Mit seinem eloquenten Auftreten schaffte es der charismatische Lenkradkünstler rasch, dass in seiner Heimat das Interesse am Motorsport ungeahnte Ausmaße annahm. Wenn er gegen die besten der Welt antrat und er sie immer öfter zu besiegen vermochte, hielt ihm eine ganze Nation die Daumen.

Was lag näher, als die Forderung nach einer Rennstrecke in Österreich zu postulieren.

Während sich die US-Amerikaner und die Russen einen Wettlauf um die «Eroberung» des Weltraums lieferten, gab es ein ähnlich hart geführtes «Rennen» in der kleinen Alpenrepublik. In Salzburg und in der Steiermark wurden Pläne zum Bau einer permanenten Rennstrecke gewälzt. Die Salzburger planten ihren Ring in der Nähe der Hauptstadt, die Steirer hatten sich für die strukturschwache Gegend rund um den Militärflughafen in Zeltweg, auf dessen Flugfeld 1964 bereits die Formel 1 zu Gast war, entschieden. Beide Bundesländer erhofften sich den Zuschlag für die Durchführung eines Formel-1-WM-Laufs, der einerseits wichtige wirtschaftliche Impulse setzen und andererseits den Tourismus ankurbeln sollte.

Obwohl die Salzburger in Person des ÖASC-Präsidenten Willy Löwinger nichts unversucht ließen, ihren Konkurrenten das Leben schwer zu machen und damit den Wettlauf zu ihren Gunsten zu entscheiden, drehten sich die Räder der Baumaschinen im steirischen Aichfeld schneller. Die Arbeiten am 5,911 Kilometer langen Asphaltband waren soweit abgeschlossen, dass am 27. Juli 1969 Landeshauptmann Josef Krainer den «Österreichring» seiner Bestimmung übergeben konnte. Der Salzburgring wurde acht Wochen später eröffnet.

Für die Hochgeschwindigkeitsrennstrecke, die perfekt in die hügelige Landschaft eingebettet wurde, fanden die Fahrer nur lobende Worte. Wie erhofft, fand Mitte August 1970 der Formel-1-WM-Lauf auf dem Österreichring statt. Mit Rindt, der damals nach fünf Grand-Prix-Siegen die WM-Wertung überlegen anführte, hatte man das perfekte Zugpferd für die Veranstaltung. Dementsprechend hoch war der Zuschauerandrang. Zum Leidwesen seiner Fans fiel er frühzeitig aus. Der Sieg ging an Jacky Ickx vor Clay Regazzoni und Rolf Stommelen. Nur drei Wochen später verunglückte Rindt im Training zum GP von Italien in Monza tödlich. Das Idol einer ganzen Generation, das posthum Weltmeister werden sollte, fand in Graz seine letzte Ruhestätte.

Neben der Formel 1 und dem 1000-km-Rennen für Sportwagen wurden in der Obersteiermark auch Motorradrennen ausgetragen. So gaben sich Anfang der 1970er-Jahre Weltklassefahrer wie Hideo Kanaya, Renzo Pasolini, Janos Drapal oder Gilberto Parlotti, der auf dem Weg zur Tourist Trophy auf der Isle of Man, bei der er tödlich verunglücken sollte, in Österreich einen Zwischenstopp einlegte, die Ehre. 1978 und 1979 fanden dann auch Läufe zur Formel-750-Weltmeisterschaft statt. Im ersten Jahr hieß der Sieger beider Läufe Kenny Roberts, 1979 sorgte der bis dahin international unbekannte Vorarlberger Werner Nenning für eine Sensation, in dem er bei strömenden Regen zweimal sämtliche Favoriten hinter sich ließ. Auch in der Langstrecken-Weltmeisterschaft war der Österreichring einige Jahre Austragungsort des 1000-Kilometer-Rennens.

Was die Sicherheit betraf hatte die Strecke ihr Ablaufdatum erreicht. Nach zwei Massenkollisionen beim Start kehrte die Formel 1 Österreich den Rücken. Um den WM-Lauf zurückzubekommen wurden 1995/1996 umfangreiche Umbauarbeiten vorgenommen. Streckenteile wie die Dr.-Tiroch- oder die Bosch- Kurve, die besonderen Mut erforderten, wurden entweder gänzlich gestrichen oder entschärft. Der Kurs, der nun in A1-Ring umgetauft wurde, hatte nun eine Länge von 4,318 Kilometern. Nicht nur die Königsklasse des Automobilrennsports kam vorübergehend zurück, 1996 und 1997 gab sich die Motorrad-Weltmeisterschaft ein Stelldichein. 2003 verabschiedete sich die F1 in zweites Man und es wurde ruhig in der Gegend.

Dietrich Mateschitz erkannte das Potential der Rennstrecke. Der Miteigentümer von Red Bull wollte das Gelände zu einer Motorsport- und Flugakademie ausbauen, Anrainerproteste und ein negativer Bescheid des Umweltsenats führten dann allerdings dazu, dass das Projekt gestoppt wurde. Weil bereits Abbrucharbeiten im Gange waren, war die Betriebsbewilligung erloschen. Damit das Gebiet nicht in einen Dornröschenschlaf versinkt, gab es intensive Bemühungen seitens der steirischen Landesregierung, um die Rennstrecke doch noch zu reaktivieren. Der Energydrink-Hersteller erklärte sich bereit, das Layout wiederherzustellen. Am 15. Mai 2015 wurde die Rennstrecke – jetzt als Red Bull Ring – mit einem Tag der offenen Tür offiziell eröffnet.

Seit 2014 gastiert die Formel 1 wieder in der Gemeinde Spielberg, zwei Jahre später folgte auch die Motorrad-WM. 55 Jahre nach der Eröffnung stellt der Red Bull Ring sicherheitstechnisch die Benchmark für alle anderen Rennstrecken dieser Welt dar. Nach einer verhängnisvollen Kollision beim MotoGP-Rennen 2020 zwischen Johann Zarco und Franco Morbidelli, bei dem ihre herrenlosen Motorräder Valentino Rossi und Maverick Vinales nur um Haaresbreite verfehlten, wurden Umbauarbeiten notwendig. Seither gibt es für die MotoGP und anderen Motorradrennserien eine Schikane. Beim Motorrad Grand Prix von Österreich auf dem Red Bull Ring wurde die flüssige Rechts-Links-Kombination im August 2022 eingeweiht.

Kurioses Detail am Rande: Die beiden Großmeister des Motorradrennsports, der Italiener Valentino Rossi und der Spanier Marc Marquez, haben in ihrer langen Karriere auf ziemlich jeder Strecke zumindest einen Sieg verzeichnet, nur der Red Bull Ring ist ein weißer Fleck auf ihrer eindrucksvollen Erfolgsbilanz. Im Gegensatz zu Rossi, der von zwei auf vier Rädern gewechselt hat, könnte Marquez noch diesen Schandfleck beseitigen. Wenn nicht dieses Jahr, dann vielleicht 2025 als Ducati-Werksfahrer.

Streckendaten
Länge 4,35 Kilometer, Streckenbreite 12 Meter, längste Gerade 810 Meter, acht Rechts- und drei Linkskurven.

Renndistanzen
MotoGP 28 Runden, Moto2 23 Runden, Moto3 20 Runden, MotoE 7 Runden.

Rundenrekord
Marco Bezzecchi 1:28,533 min (All Time Lap Record)

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