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Bartolini über Yamaha-V4: «Ein komplett neues Bike»

Von Thomas Kuttruf
Während Yamaha mit ständig neuen Teilen versucht, die aktuelle M1 auf Kurs zu bringen, wird im Hintergrund das Großprojekt «V4» vorbereitet. MotoGP-Technik-Chef Massimo Bartolini spricht exklusiv über die Hintergründe.

Nach langer Debatte und eiserner Strategie, an dem bestehenden Antriebssystem mit einem Reihen-Vierzylinder festzuhalten, hat sich auch Yamaha final zu einem Schwenk in Richtung V-Motor bekannt. Im Rahmen des zweiten MotoGP-Events in Misano hatte Motorsport-Chef Lin Jarvis den Entwicklungsstart eines komplett neuen Motors in V-Konfiguration für den Einsatz in der MotoGP-M1 bestätigt.

Im Vieraugen-Gespräch mit dem technischen Leiter des Yamaha-Werksteams Massimo Bartolini erfuhr SPEEDWEEK.com mehr über die Hintergründe eines neuen Yamaha-MotoGP-Herzens. Zunächst wies der Italiener auf die noch frühe Phase des V4-Projektes hin: «Nachdem die Entscheidung für die Entwicklung eines V4 gefallen war, wurde mit der Konstruktion begonnen. Diese Phase hält an. Derzeit gibt es nichts Greifbares und damit auch nichts, was wir auf einem Prüfstand fahren können – geschweige denn gibt es das Motorrad dazu.»

Bartolini bekräftigt die Dimension der Entscheidung für einen V4. «Man muss verstehen, es geht nicht nur darum, einen neuen Motor umzusetzen. Die Entscheidung einen V4-Antrieb umzusetzen, bedeutet ein komplett neues MotoGP-Motorrad zu konstruieren. Ich wiederhole – komplett. Es ist nicht möglich, den Antrieb isoliert zu betrachten. In der Praxis ist es unmöglich, einen neu entwickelten Motor in das jetzige Bike zu stecken und dann zu erproben.»

Der Technik-Chef weiter: «Wir müssen nun den Motor mit V4-Konzept umsetzten und dazu ein entsprechendes Motorrad bauen. Wenn das alles steht, wird damit die Testphase eingeläutet – und erst dann können Vergleiche zwischen zwei komplett unterschiedlichen Rennmotorrädern angestellt werden. Erst wenn wir Vorteile des V4-Bikes bestätigen können, macht es Sinn über einen Renneinsatz nachzudenken.»

Damit bremst Bartolini auch die Erwartungen eines schnellen Wechsels auf den V4. «Das Reglement würde es uns zwar gestatten, auch während der laufenden Saison von dem Reihen-Vierzylinder auf ein V4-Konzept umzusteigen, aber der Einsatz eines neuen V4 muss perfekt vorbereitet werden. Ein Vor- und Zurück ist ausgeschlossen.»

Max Bartolini, der erst zu Jahresbeginn zu Yamaha stieß und dort bereits für etliche Wachrüttelmomente sorgte, erklärte auch die weiteren Beweggründe für die Entwicklung des V4-Motors. «Ich kann sagen, wir haben das nicht aus Aspekten der Motorleistung entschieden. Eher im Gegenteil. Aus Arbeiten auch mit dem Ingenieurbüro des Konstrukteurs (Luca) Marmorini wissen wir sehr genau um die Vorteile des Reihenmotors – in dem jetzigen Motor steckt noch sehr viel Potenzial.»

«Doch das Ziel ist ein anderes,» so Bartolini. «Am Ende mussten wir erkennen, dass du als einziger Hersteller mit einem Reihenmotor keine Referenzen hast. Das gilt für den Bereich Chassis, aber auch die Reifen spielen dabei eine Rolle. Alles hängt zusammen. Und an dieser Stelle kommen auch strategische Überlegungen dazu. Fakt ist, wir bewegen uns in einer extrem herausfordernden Weltmeisterschaft, in der alle anderen Werke das V4-Konzept favorisieren.»

Bartolini unterstreicht nochmals: «In Hinblick auf die Leistung des Motors schenken sich beide Konzepte nur sehr wenig, aber es gibt bei der Gestaltung des Fahrzeugs etwas mehr Freiheiten.»

Auf die abschließende Frage, ob die Meinung von Andrea Dovizioso auch eine Rolle bei Entscheidung für einen V4 gespielt hat, relativiert der eifrige Techniker: «Das ist rein theoretischer Natur. Denn wir können wir nicht von einem echten Vergleich reden. Der Yamaha-V4 existiert ja noch nicht.»

Aufgrund des großen Projektumfangs ist also nicht mit einem kurzfristigen Aufschlag des Yamaha-V4-Prototyps zu rechnen. Auch weil der Großteil der Energie derzeit noch auf die laufende Saison und den Start in Saison 2025 mit vier M1 gerichtet ist.

Max Bartolini: «Derzeit ist es eine besonders spannende Phase, da wir nun auch davor stehen, das gesamte Entwicklungsprojekt der M1 mit Pramac auszuweiten. Ich bin schon jetzt unglaublich gespannt auf den Test in Valencia mit vier Piloten auf vier Yamaha M1.»

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