Bezzecchi: «Habe das Problem noch nicht verstanden»

Schnell, aber nur auf Platz 17 im Ziel: Aprilia-Werksfahrer Marco Bezzecchi
«Es war ein Rennen, das unsere Erwartungen unterboten hat.» Mit dieser Untertreibung ließ sich Aprilia-Technikchef Fabiano Sterlacchini nach dem MotoGP-Sprintrennen in Le Mans zitieren. Das Team sei sowohl im Qualifikationstraining als auch im Rennen auf «Schwierigkeiten» gestoßen. Welcher Art diese Schwierigkeiten waren, dazu ging Marco Bezzecchi in einer Medienrunde im Anschluss an das Sprintrennen ins Detail. Der Italiener hatte auf seiner RS-GP am meisten zu leiden, denn er musste sich nach einem siebten Startplatz nach 13 Runden mit Rang 17 zufrieden geben.
Wie bereits im Grand Prix in Jerez hatte er bei einem harten Anbremsmanöver Probleme, seine Aprilia zu verzögern. Und wie auch auf der spanischen Strecke war die Bremsleistung nicht das eigentliche Problem: «Beim Anbremsen auf Kurve 8 ging ein starkes Zittern durch mein Motorrad. Dadurch musste ich die Bremse öffnen und durchs Kiesbett ausweichen. Dadurch habe ich das Rennen verloren…wie schon in Jerez!»
Das Problem der Vibrationen bei Bremsmanövern ist bei Aprilia bekannt. Umso ärgerlicher, weil sich der Fahrer mit der Nummer 72 nach einem ordentlichen Start und Pecco Bagnaias Sturz bereit auf Rang 5 befand. Nach dem Ausflug ins Kiesbett fand er sich noch nur auf dem letzten Rang wieder. Zwar war der 26-Jährige im Anschluss noch in der Lage, die viertschnellste Rennrunde zu fahren und zeigte so, dass die RS-GP auf dem Bugatti Circuit durchaus über Potenzial verfügt. Doch das Rennen war für den Lockenkopf zu diesem Zeitpunkt gelaufen.
Der Vorfall in Le Mans ereignete sich in der dritten Runde, also noch in der Anfangsphase des Sprintrennens. Dies scheint das Phänomen zu begünstigen. Bezzecchi: «Zu Beginn der Rennen ist es schwieriger, durch das Mehrgewicht des vollen Tanks und auf frischen Reifen.» Noch stärker tritt das Problem jedoch beim Hinterherfahren anderer Motorräder auf: «Es wird durch den Windschatten der Gegner verstärkt, denn dann muss ich durch härtere Bremsmanöver mehr Kraft auf das Motorrad einwirken lassen, um die gleiche Verzögerung zu erzielen wie normalerweise, und dadurch gerät das Bike in Bewegung.»
Ein Problem, das bei der Aprilia besonders hart zu Buche schlägt. Schließlich findet sich Bezzecchi auf seiner RS-GP in der laufenden Saison bislang ausschließlich im Mittelfeld wieder und ist entsprechend häufig in einem Pulk mehrerer Fahrer zu finden und fährt so häufiger im Windschatten als ein Motorrad in Spitzenpositionen.
Bei den Testfahrten im Anschluss an das Rennwochenende in Jerez habe die Mannschaft aus Noale Fortschritte verzeichnen können: «Bei den Tests haben wir einen Schritt nach vorn machen können, was diesen Bereich angeht. Das zeigt, dass die Lösungen, die aus Noale kommen, aber auch die, die wir an der Strecke erarbeiten, Verbesserungen bringen.»
Von diesen Verbesserungen wird das Team jedoch noch mehr brauchen, denn die Piloten haben noch keine Fahrtechnik gefunden, mit der sich das Phänomen umgehen lässt. Bezzecchi: «Ich habe das Problem noch nicht verstanden. Ich muss wenigstens lernen, wie ich es handhaben kann. Ich hatte dieses Jahr schon zu viele von diesen Situationen, in denen ich die Kurve verpasst habe.» Auch der Rückgriff auf seine Techniken aus dem Vorjahr sei keine Hilfe.
Der Riminese fuhr letzte Saison im VR46-Team eine Ducati GP23: «Letztes Jahr ist mir das auch passiert, aber viel seltener und die Motorräder sind zu unterschiedlich. Ich habe schon bei meinen ersten Runden auf der Aprilia instinktiv Dinge versucht, die mein altes Motorrad immer beruhigt haben, aber auf der RS-GP funktionieren sie nicht.»
Für dieses Problem wird es Lösungen brauchen, wenn Aprilia wieder um Podiumsplätze kämpfen will. Lorenzo Savadori erprobte im Sprintrennen offenbar weitere Lösungen, die Verbesserungen bringen sollen. Dieser ließ sich zitieren mit den Worten: «Wir arbeiten gerade an mehreren Fronten, damit Marco bei den Bremsmanövern mehr Vertrauen in das Motorrad findet.»
Ergebnisse MotoGP Le Mans, Sprint (10. Mai):
1. Marc Márquez (E), Ducati, 13 Runden in 19:49,022 min
2. Alex Márquez (E), Ducati, +0,530 sec
3. Fermin Aldeguer (E), Ducati, +2,164
4. Fabio Quartararo (F), Yamaha, +2,840
5. Maverick Viñales (E), KTM, +5,285
6. Johann Zarco (F), Honda, +7,939
7. Fabio Di Giannantonio (I), Ducati, +8,367
8. Alex Rins (E), Yamaha, +8,930
9. Joan Mir (E), Honda, +9,858
10. Raúl Fernández (E), Aprilia, +11,599
11. Jack Miller (AUS), Yamaha, +12,238
12. Luca Marini (I), Honda, +12,458
13. Enea Bastianini (I), KTM, +12,540
14. Ai Ogura (J), Aprilia, +13,610
15. Franco Morbidelli (I), Ducati, +13,752
16. Takaaki Nakagami (J), Honda, +15,381
17. Marco Bezzecchi (I), Aprilia, +15,904
18. Lorenzo Savadori (I), Aprilia, +27,507
19. Pedro Acosta (E), KTM, +28,342
20. Miguel Oliveira (P), Yamaha, +44,807
– Brad Binder (ZA), KTM, 9 Runen zurück
– Francesco Bagnaia (I), Ducati, 12 Runden zurück
WM-Stand nach 11 von 44 Rennen:
1. M. Marquez, 151 Punkte. 2. A. Marquez 149. 3. Bagnaia 120. 4. Morbidelli 84. 5. Di Giannantonio 66. 6. Quartararo 56. 7. Zarco 47. 8. Ogura 37. 9. Bezzecchi 36. 10. Acosta 33. 11. Aldeguer 32. 12. Binder 32. 13. Marini 32. 14. Viñales 29. 15. Bastianini 28. 16. Miller 19. 17. Rins 19. 18. Mir 12. 19. R. Fernandez 6. 20. A. Fernandez 3. 21. Oliveira 2. 22. Savadori 1. 23. Chantra 0. 24. Nakagami 0. 25. A. Espargaro 0. 26. Martin 0.
Konstrukteurs-WM:
1. Ducati, 197 Punkte. 2. Yamaha 68. 3. KTM 63. 4. Honda 60. 5. Aprilia 53.
Team-WM:
1. Ducati Lenovo Team, 271 Punkte. 2. BK8 Gresini Racing 181. 3. Pertamina Enduro VR46 Racing 150. 4. Monster Energy Yamaha 75. 5. Red Bull KTM Factory Racing 65. 6. Red Bull KTM Tech3 Racing 57. 7. LCR Honda 47. 8. Honda HRC Castrol Team 44. 9. Trackhouse MotoGP Team 43. 10. Aprilia Racing 37. 11. Prima Pramac Yamaha Racing 24.