Es ist vollbracht: Toprak fährt mit Yamaha MotoGP

Toprak Razgatlioglu wechselt für 2026 zu Yamaha und in die MotoGP
Geht Toprak Razgatlioglu in die MotoGP, geht er nicht? Seit Monaten treibt diese Frage Fans weltweit um.
Jetzt steht die Antwort fest: Wie SPEEDWEEK.com aus dem engeren Umfeld des Türken erfuhr, ist er sich mit Yamaha für 2026 einig. Nach Ben Spies im Jahr 2010 wechselt erstmals wieder ein Superbike-Champion in die Prototypen-Weltmeisterschaft!
Grundsätzlich ist das aufsehenerregend, nach den vielen Äußerungen von Toprak Razgatlioglu und seinem Manager Kenan Sofuoglu ist der Wechsel zu Yamaha und in die MotoGP aber keine Überraschung mehr. Die Verantwortlichen beim japanischen Hersteller haben ihrem Superbike-Champion von 2021 in den vergangenen Monaten auch reichlich Rosen gestreut.
Wie auf SPEEDWEEK.com berichtet, wird die Verkündung des Deals für den MotoGP-Event in Mugello erwartet, die Großveranstaltung in der Toskana ist am Wochenende 20.–22. Juni.
Yamaha wird Razgatlioglu im Pramac-Team unterbringen, so kann er seinen langjährigen Sponsor Red Bull mitnehmen. Dort wird er entweder den Australier Jack Miller oder den Portugiesen Miguel Oliveira ersetzen und bekommt identisches Material wie Fabio Quartararo und Alex Rins im Werksteam.
Razgatlioglu kann auf eine erstaunliche Erfolgsgeschichte in der Superbike-WM zurückblicken. Bereits in seinem ersten Jahr 2018, damals als Privatfahrer im Team Puccetti Kawasaki, brauste er zweimal aufs Podium, und gab uns einen Vorgeschmack auf sein herausragendes Talent. In der folgenden Saison wurde der Mann mit der Startnummer 54 im gleichen Team WM-Fünfter, gewann zweimal und stand 13 Mal auf dem Podium.
Weil ihn das Kawasaki-Werksteam damals nicht an der Seite von Rekordchampion Jonathan Rea haben wollte, wechselte Toprak für 2020 zu Yamaha. 2021 gewann er für die Blauen den ersten Superbike-WM-Titel seit Ben Spies 2009 und den erst zweiten in der 1988 gegründeten Weltmeisterschaft.
Weil Yamaha mit der Entwicklung der R1 jahrelang hinterherhinkte und Razgatlioglu trotz herausragender fahrerischer Leistungen nicht gegen Ducati-Star Alvaro Bautista ankam, wurde er nach vier Jahren frustriert abtrünnig und ging zu BMW. Dort avancierte Toprak nicht nur zum derzeit bestbezahlten Superbike-Piloten, sondern gewann für den deutschen Hersteller bereits in seinem Debütjahr den ersten Titel in einer Motorrad-Solo-Weltmeisterschaft in der damals 101-jährigen Firmengeschichte. Der 28-Jährige siegte in 13 Rennen in Folge, seine Rekordserie wurde erst durch seinen schweren Unfall in Magny-Cours beendet.
In seinen bislang 237 Superbike-Rennen hat Razgatlioglu 63 Mal gewonnen, stand 153 Mal auf dem Podium, 20 Mal auf Startplatz 1 und drehte 53 Mal die schnellste Rennrunde.
Manager Sofuoglu bewies im Mai 2023 ein gutes Händchen, als er sich das Entwicklungsprogramm von BMW anschaute und daraus ableitete, dass Toprak bereits in seinem ersten Jahr mit der Propellermarke würde gewinnen können.
Bei Yamaha ist in der MotoGP seit dem letzten Saisondrittel 2024 ein deutlicher Aufwärtstrend erkennbar, wie Quartararo zuletzt mit drei Pole-Positions in Jerez, Le Mans und Silverstone unterstrich. In England hätte es sehr wahrscheinlich den ersten Yamaha-Sieg seit dem 19. Juni 2022 auf dem Sachsenring gegeben, doch dann wollte das höhenverstellbare Fahrwerk nicht mehr nach oben fahren und der weit voraus liegende Franzose musste die M1 neben der Strecke abstellen.
Vieles deutet daraufhin, dass Razgatlioglu zur richtigen Zeit bei Yamaha andockt. Er bringt wertvolle Erfahrung mit Pirelli-Reifen mit, die 2026 dabei helfen wird, ein schlagkräftiges Motorrad für 2027 zu entwickeln. Dann wird in der Königsklasse nicht nur der Hubraum von 1000 auf 850 ccm gesenkt, einige Fahrhilfen verboten und die Aerodynamik beschnitten, sondern Pirelli wird Michelin als Einheitsreifenlieferant ablösen.
Was ist Razgatlioglu in der MotoGP zuzutrauen? Dass er gewaltiges Talent hat, steht außer Frage. Aber wird das genügen, um Champions wie Marc Marquez, Pecco Bagnaia oder Jorge Martin zu schlagen?
Überlassen wir das letzte Wort Davide Tardozzi, dem Manager des Ducati-Lenovo-Werksteams und erstem Gewinner eines Rennens in der Superbike-WM, 1988 in Donington Park: «Ich bin ein Fan von Toprak, er weiß das auch. Er könnte einer sein, der in der Meisterschaft um die Top-6 kämpfen kann. Top-6 bedeutet von Platz 1 bis 6. Ich glaube aber nicht, dass er in die MotoGP kommen und sofort gewinnen kann. Toprak ist ein Showman – aber die besten Fahrer hier, sind die Besten.»
Das Alter des zweifachen Superbike-Champions sieht Tardozzi nicht als Hindernis – Toprak wird 29 Jahre alt sein, wenn die MotoGP-Saison 2026 beginnt. «Es gibt da jemanden, der nennt sich Stoppuhr», grinste der Italiener. «Er wird dir erzählen, ob er alt ist oder nicht. Ich glaube, dass Toprak körperlich und mental die richtigen Voraussetzungen mitbringt, er hat noch einige Jahre, um in der MotoGP mitzuspielen.»