LCR Honda: Zarco spitze, Chantra ohne Erfolgserlebnis
Der 34-jährige Johann Zarco ist in der Form seines Lebens. Auf der Kunden-Honda der LCR-Mannschaft holte der Franzose in den letzten vier GP-Wochenenden stramme 72 Punkte und damit 17 Zähler mehr als in der gesamten GP-Saison 2024. Nur die Marquez-Brüder, die auch in der WM-Tabelle den Ton angeben, waren noch erfolgreicher.
Dass Zarco über den Verlauf der letzten acht Wettrennen mehr Punkte aufs Konto schaufelte als Pecco Bagnaia, sagt einiges über die Kräfteverhältnisse in der Königsklasse nach dem ersten Drittel der laufenden Kampagne. Zwar halfen bei den letzten turbulenten Rennwochenenden in Frankreich und England auch das Glück und die Umstände, doch speziell in Silverstone schaffte die #5 den zweiten Podestplatz in Serie komplett aus eigener Kraft. Für das Gesamtpaket Honda-Zarco war der Auftritt auf der Insel nochmals höher einzustufen.
Während der Routinier erneut im Jubel unterging, war es auf der anderen Seite der LCR-Box deutlich ruhiger. Somkiat Chantra, der bereits im Sprint über 30 Sekunden auf den Sieger verloren hatte, stand nach dem GP komplett im Regen. Bei seiner Rückkehr (Le Mans hatte Chantra nach einer Armpump-OP auslassen müssen) blieb der Thailänder auf dem letzten Platz. Mit Ausnahme von Dauerpatient Jorge Martin ist Chantra der einzige MotoGP-Athlet ohne WM-Punkt.
Die Schere innerhalb der Honda-Aufstellung ist extrem aufgegangen. Johann Zarco konnte seine Ausnahmestellung weiter ausbauen, Chantra fiel nach einem ordentlichen Saisonstart klar ans Ende des MotoGP-Feldes zurück.
Fakt ist aber auch: Der Rookie startet unter anderen Voraussetzungen. Da der Eingewöhnungsprozess, sprich die fahrerische Grundausbildung bei Chantra, noch nicht abgeschlossen ist, bekommt die Hoffnung der Asiaten noch nicht das gleiche Material in die Finger wie die drei etablierten Honda-Piloten Zarco, Mir und Marini. Erst in Silverstone wurden Updates zur Idemitsu-Box transferiert. Schritt für Schritt soll dann auch der Thailänder mit der identischen Spezifikation agieren.
Sicher ist, die zuletzt konstant knapp zwei Sekunden zwischen den Teamkollegen sind dauerhaft zu viel. Kein anderes MotoGP-Team ist derzeit mit einem ausgeprägteren Leistungsgefälle unterwegs. 0,5 Sekunden – so das Ergebnis der meisten Rechenbeispiele, wenn man die Paarungen der elf MotoGP-Mannschaften übereinanderlegt.
Auffällig: Am engsten geht es an der Tabellenspitze zu: Marc Márquez (1.) und Pecco Bagnaia (3.) liegen in Sachen Speed auf eine Runde ebenso eng beisammen wie Franco Morbidelli (4.) und Fabio Di Giannantonio (6.) – allesamt auf Ducati.
Aus gutem Grund genießt Somkiat Chantra 2025 Rookie-Schutz. Auch 2026 wird der bereits 26-jährige Moto2 Aufsteiger für LCR in Idemitsu Farben antreten. Dann aber wird es ernst – spätestens in einem Jahr muss Somkiat Chantra die interne Lücke geschlossen haben. Noch unklar ist derweil, ob Chantras Teamkollege dann noch Johann Zarco heißt. Der Vertrag des aktuellen LCR-Superhelden läuft Ende des Jahres aus und noch ist offen, ob und wo der Pilot Cannes unter Vertrag kommt.
Zurück in die Gegenwart. Das nächste Ziel für Johann Zarco heißt Franco Morbidelli. Nur einen Punkt liegt der VR46-Ducati-Pilot vor der privaten Castrol-Honda. Ein WM-Punkt, so auch das Ziel von Somkiat Chantra.
Insgesamt steht die Einheit von Lucio Cecchinello in gutem Licht da. Dank der starken Serie Zarcos hat der Franzose LCR Honda im Alleingang auf Platz 4 der Teamwertung gefahren.