Sportwagen: Unfallschock in Misano

Grandioser Marc Marquez: Schmerzen waren sein Lehrer

Von Ivo Schützbach und Nora Lantschner
«Ich befinde mich in einem der besten Momente meiner Karriere, mein Gefühl ist wie 2019 oder 2014», sagte der sechsfache MotoGP-Champion Marc Marquez (Ducati Lenovo) nach seinen beiden Siegen in Brünn.

Am 19. Juli 2020, fast auf den Tag genau fünf Jahre vor seiner Brünn-Gala am vergangenen Wochenende, zog sich Marc Marquez in Jerez bei einem fürchterlichen Highsider in Kurve 3 eine schwere Armverletzung zu. Die Fraktur wurde zwei Tage später in Barcelona von Dr. Xavier Mir mit einer Titanplatte und zwölf Schrauben fixiert. Weitere zwei Tage später machte sich Marc überraschend wieder auf den Weg nach Jerez, wo in der ersten Corona-Saison zwei Grands Prix an aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfanden.

Zuvor hatte er die Ärzte und sein damaliges Team Repsol Honda mit 20 Liegestütz davon überzeugt, dass er sich ein Comeback in Rekordzeit zutraue. Nachdem er auch den medizinischen Test an der Rennstrecke bestanden hatte, stieg er vier Tage nach der OP wieder auf seine Rennmaschine: Nach 18 Runden im FP3 und deren zehn im vierten freien Training war die Schwellung allerdings so stark, dass der Spanier nicht mehr über ausreichend Kraft verfügte, um das MotoGP-Bike zu kontrollieren.

Anfang August 2020 ließ er sich erneut operieren, durch die Überbelastung des operierten Bereichs nahm die Platte Schaden. Sie wurde entfernt und durch eine neue ersetzt.

Das Comeback des Superstars verzögerte sich immer weiter. Für die beiden ersten Operationen musste der Oberarmknochen von Marc zweimal für die Schrauben der Titanplatte durchlöchert werden, die Kallusbildung machte keine Fortschritte. Am 3. Dezember wurde er in Madrid zum dritten Mal operiert, der Eingriff dauerte über acht Stunden. Es gab eine Knochentransplantation vom Beckenkamm zum Oberarm, um den Trümmerbruch besser verheilen zu lassen.

Im April 2021 kehrte Marquez zurück, mit der nicht konkurrenzfähigen Honda erlebte er bis Ende 2023 die schwierigste Zeit seiner Karriere und erreichte lediglich die WM-Ränge 7, 13 und 14. Niemand konnte sagen, ob er je wieder der Alte sein würde.

«Ende 2023 habe ich auf mich gewettet und entschied, dass ich das beste Motorrad in der Startaufstellung haben möchte», schilderte der 32-Jährige am späten Sonntagnachmittag in Brünn. Er musste sich damals aus seinem gültigen Honda-Vertrag freikaufen und wechselte dann ins Ducati-Satellitenteam Gresini. Ein Jahr später unterschrieb MM93 bei Ducati einen Werksvertrag. «Ich wollte wissen, ob es möglich ist, dass ich auf mein Niveau zurückkehre – und es gelang mir.»

Marc weiter: «Diese fünf Jahre waren schwierig, gleichzeitig bin ich als Mensch und Sportler aber gewachsen. Jetzt bin ich erwachsener und ruhiger und habe einen großen Vorsprung in der WM. Ich kann in den kommenden zehn Events nur noch verlieren. Ich muss damit klarkommen, konzentriert und fokussiert bleiben. Der erste Teil der Saison war nahezu perfekt, auch wenn mir ein paar sehr große Fehler unterliefen. Aber okay, wir sind nicht perfekt. Wichtig ist, dass wir aus den Fehlern lernen.»

Für den 70-fachen MotoGP-Sieger hat sich seit seinem letzten Titelgewinn 2019 viel geändert. «Nach 2020 musste ich meinen Fahrstil anpassen, ich kann nicht mehr so viele Runden am Stück aggressiv fahren», verriet Marquez. «Ich musste meinen Fahrstil an meine körperlichen Voraussetzungen anpassen. Mir geht es gut, aber ich muss anders fahren. Mit meinem jetzigen Motorrad ist es auch so, dass ich umso schneller bin, desto sanfter ich fahre. Das mag ich, weil es körperlich weniger anstrengend ist.»

Zur Sommerpause liegt Marc Marquez beträchtliche 120 Punkte vor dem Zweiten, seinem Bruder Alex. Er kann dieses Jahr Rekorde wie die meisten Siege pro Saison oder die meisten Punkte aufstellen. Doch solche Dinge sind ihm nicht wichtig. «Meine einzige Priorität ist, die Meisterschaft zu gewinnen», betonte er. «Natürlich, es gibt Rekorde. Aber sie sind nicht so wichtig. Über einen Rekord wird nur gesprochen, wenn ein anderer Fahrer kurz davor steht diesen zu brechen. 2014 wollte ich immer weiter gewinnen und den Titel so früh wie möglich einfahren, dann stürzte ich in Misano und Aragon. Daraus habe ich gelernt. In der ersten Saisonhälfte musste ich mit viel Stress klarkommen. Jetzt liege ich voraus und habe deshalb weniger Stress. Das verschafft mir einen Vorteil. Natürlich werde ich versuchen, jedes Wochenende 37 Punkte einzusacken, aber manchmal wird das nicht möglich sein.»

Ergebnisse MotoGP Brünn, Rennen (20. Juli):

1. Marc Márquez (E), Ducati, 21 Runden in 40:04,628 min
2. Marco Bezzecchi (I), Aprilia, +1,753 sec
3. Pedro Acosta (E), KTM, +3,366
4. Francesco Bagnaia (I), Ducati, +3,879
5. Raúl Fernández (E), Aprilia, +10,045
6. Fabio Quartararo (F), Yamaha, +11,039
7. Jorge Martin (E), Aprilia, +15,820
8. Brad Binder (ZA), KTM, +17,371
9. Pol Espargaró (E), KTM, +10,163
10. Jack Miller (AUS), Yamaha, +18,669
11. Fermin Aldeguer (E), Ducati, +19,781*
12. Luca Marini (I), Honda, +20,778
13. Johann Zarco (F), Honda, +20,961
14. Ai Ogura (J), Aprilia, +21,904
15. Alex Rins (E), Yamaha, +22,563
16. Fabio Di Giannantonio (I), Ducati, +24,729
17. Miguel Oliveira (P), Yamaha, +27,640
18. Augusto Fernández (E), Yamaha, +28,310
– Enea Bastianini (I), KTM, 15 Runden zurück
– Joan Mir (E), Honda, 19 Runden zurück
– Alex Márquez (E), Ducati, 19 Runden zurück

*3 Sekunden Strafe, weil die Long-Lap-Strafe nicht korrekt abgsolviert wurde

Ergebnisse MotoGP Brünn, Sprint (19. Juli):

1. Marc Márquez (E), Ducati, 10 Runden in 19:05,883 min
2. Pedro Acosta (E), KTM, +0,798 sec
3. Enea Bastianini (I), KTM, +1,324
4. Marco Bezzecchi (I), Aprilia, +1,409
5. Fabio Quartararo (F), Yamaha, +2,292
6. Raúl Fernández (E), Aprilia, +3,358
7. Francesco Bagnaia (I), Ducati, +3,648
8. Johann Zarco (F), Honda, +3,920
9. Pol Espargaró (E), KTM, +4,748
10. Brad Binder (ZA), KTM, +5,902
11. Jorge Martin (E), Aprilia, +6,000
12. Jack Miller (AUS), Yamaha, +6,379
13. Miguel Oliveira (P), Yamaha, +7,081
14. Fermin Aldeguer (E), Ducati, +7,612
15. Luca Marini (I), Honda, +8,681
16. Ai Ogura (J), Aprilia, +8,992
17. Alex Márquez (E), Ducati, +9,404
18. Alex Rins (E), Yamaha, +9,871
19. Joan Mir (E), Honda, +11,487
– Fabio Di Giannantonio (I), Ducati, 5 Runden zurück
– Takaaki Nakagami (J), Honda, 9 Runden zurück
– Augusto Fernández (E), Yamaha, 9 Runden zurück

WM-Stand nach 24 von 44 Rennen:

1. M. Marquez, 381 Punkte. 2. A. Marquez 261. 3. Bagnaia 213. 4. Bezzecchi 156. 5. Di Giannantonio 142. 6. Morbidelli 139. 7. Acosta 124. 8. Zarco 109. 9. Quartararo 102. 10. Aldeguer 97. 11. Vinales 69. 12. Binder 68. 13. R. Fernandez 66. 14. Miller 52. 15. Marini 52. 16. Ogura 51. 17. Bastianini 49. 18. Rins 42. 19. Mir 32. 20. Nakagami 10. 21. Martin 9. 22. Savadori 8. 23. P. Espargaro 8. 24. A. Fernandez 6. 25. Oliveira 6. 26. Chantra 1. 27. A. Espargaro 0.

Konstrukteurs-WM:
1. Ducati, 430 Punkte. 2. Aprilia 187. 3. KTM 175. 4. Honda 147. 5. Yamaha 133.

Team-WM:
1. Ducati Lenovo Team, 594 Punkte. 2. BK8 Gresini Racing 358. 3. Pertamina Enduro VR46 Racing 281. 4. Red Bull KTM Factory Racing 192. 5. Aprilia Racing 173. 6. Monster Energy Yamaha 144. 7. Red Bull KTM Tech3 Racing 126. 8. Trackhouse MotoGP Team 117. 9. LCR Honda 110. 10. Honda HRC Castrol Team 84. 11. Prima Pramac Yamaha Racing 61.

 

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