Mit Neugier zur Folter
Sete Gibernau wirbt für Äquatorialguinea.
Wir Journalisten haben einen abwechslungsreichen Beruf. «Journalismus ist besser als Arbeit», meinte einst sogar ein englischer Kollege.
Mancher Motorsportfan fühlt sich zum Reporter berufen. Es ist tatsächlich einfach. Man muss nur den richtigen Leuten zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Fragen stellen.
Ein bisschen Schlitzohrigkeit und Neugier schaden nicht. Vor allem die Neugier ist ein nicht zu unterschätzender Aspekt unseres Berufsstands. Aktuelles Beispiel gefällig?
Im Vorjahr fuhr das spanische Onde-2000-Team in der 125er-Motorrad-WM mit Pablo Nieto und Raffaele De Rosa. Für 2009 stieg die Immobilienfirma Onde 2000 in die MotoGP-WM auf, mit Sete Gibernau und Ducati. Der Spanier fuhr bisher unter der Bewerbung «Grupo Francisco Hernando». Der Rennstall sollte auf «Guinea Ecuatorial» umgetauft werden. Das sei eine Erdölgesellschaft in Afrika, war zu hören.
In Wirklichkeit geht es um eine Bananenrepublik. Die Grupo Francisco Hernando sollte in Äquatorialguinea 60 000 Appartements bauen, eingefädelt hat diesen Deal der dortige Staatspräsident Teodore Obiang Nguema Mbasago. Ein netter Geselle. Sein Onkel Francisco wurde nach der Unabhängigkeit von Spanien 1968 Alleinherrscher von Äquatorialguinea.
Er machte den Neffen 1975 zum Oberbefehlshaber der Armee. Das war ungeschickt. Denn Teodoro stürzte den Onkel 1979 durch einen Putsch und liess ihn töten. Obiangs Vermögen wird heute auf 600 Millionen US-Dollar geschätzt. Das hat mit den bekömmlichen Erdölvorkommen zu tun.
Menschenrechtsverletzungen, Folter, Zensur und Korruption gehören in diesem afrikanischen Land zur Tagesordnung.
Auf solche Geschichten stösst man, wenn man vor lauter Neugier ausfindig machen will, warum bei Sete Gibernaus Rennstall dauernd der Teamname wechselt.
Und was hat das alles mit Motorsport zu tun? Mehr als Sie denken! Erstens zeigt es, mit welch illustren Sponsoren wir es zu tun haben. Wenn es um 60 000 Wohnungen geht, geht die Moral über Bord. Zweitens ist Teodore Obiang schon einmal einem Motorsportler in die Quere gekommen. Mark Thatcher, Sohn der ehemaligen britischen Premierministerin und glückloser Dakar-Teilnehmer, war 2004 in ein Komplott gegen die Regierung Obiangs verwickelt.
Gibernau wird vielleicht bald nicht mehr für Guinea Ecuatorial werben. Denn die Opposition will den Feudalherrn Obiang, der die angeblich demokratischen Wahlen zuletzt meist mit 98 Prozent der Stimmen gewann, endlich aus dem Amt jagen. Dann wird es womöglich nichts aus den feinen 60 000 Wohnungen an der afrikanischen Küste.