Grand-Am-Pilot Bernhard bei der Saarland-Rallye
Auf Rallye-Pfaden im Saarland unterwegs: Timo Bernhard
[*Person Timo Bernhard*] (Homburg) gibt am kommenden Wochenende bei der 39. ADAC Saarland-Rallye sein Debüt in der Deutschen Rallye Meisterschaft (DRM). Dabei vertraut der Porsche-Werkspilot, der in den USA für das Penske-Team die Grand-Am Series bestreitet, auf seinen VW Golf KitCar. In folgendem Interview beschreibt der 28-jährige Rundstreckenpilot seinen Reiz am Rallyesport.
? «Timo, viermal hast du bereits hintereinander die 24 Stunden vom Nürburgring gewonnen, endlose Klassen- und Gesamtsiege hast du für Porsche in Amerika geholt. Suchst du im Rallyesport nach neuen Herausforderungen?»
Timo Bernhard (TB): «Der Rallyesport hat mich schon immer fasziniert. Schon als kleiner Junge war ich bei vielen Rallyes dabei, an denen mein Vater damals teilgenommen hat. Dadurch hatte ich schon immer einen starken Bezug zum Rallyesport. Trotzdem ist Rallye fahren in erster Linie ein Hobby für mich, ein Ausgleich zum meinem Beruf als Profirennfahrer. Viele meiner Kollegen gehen an freien Wochenenden Golf-Spielen – ich gehe Golf-Fahren. Zusammen mit meinem Vater bereite ich mein Auto selbst vor. Das ist wieder ein klein wenig wie damals im Kartsport, als ich auch zusammen mit meinem Vater geschraubt habe. Und das geniesse ich.»
?: «Was macht für dich den Reiz am Rallyesport aus?»
TB: «Du hast als Rallyefahrer in erster Linie viele wechselnde Bedingungen, an die du dich schnell anpassen und zurechtfinden musst. Ein wichtiger Faktor ist, dass du dir Strecken sehr schnell einprägen darfst. Davon kann ich einiges in den Rundstreckensport mitnehmen. Dort ist es ein großer Vorteil, wenn du auf neuen Strecken schnell zurechtkommst. Als Rundstreckenpilot musst du dir aber im Klaren sein, dass du nie so fahren kannst, wie auf der Rundstrecke. Bei Rallyes gibt es zu viele Unwägbarkeiten. Ich fahre im Vergleich zur Rundstrecke vielleicht gerade mal 70%. Ich muss mich oft zurücknehmen.»
?: «Würdest du den Rallyesport als anspruchsvoller als ein Rundstreckenrennen bezeichnen?»
TB: «Nein – so kategorisch kann man das nicht sagen! Rallyesport ist einfach anders. Wenn ich am Steuer eines fast 500 PS starken Porsche 911 GT3RSR auf der Nürburgring Nordschleife nachts am absoluten Limit fahre und um die Führung kämpfe, wie dieses Jahr bei den 24h Nürburgring gegen die Audis, dann gehört das zu den anspruchsvollsten Aufgaben, die ich mir vorstellen kann. Auch das Fahren mit einem Abtriebsauto - wie dem Sportprototypen Porsche RS Spyder - verlangt ein hohes Maß an Fahrkönnen und Präzision. In schnellen Vollgaskurven wie zum Beispiel in Mosport in Kanada haben wir 2008 mit diesem Auto mehr als 4G Querbeschleunigung erreicht.»
?: «Ein gravierender Unterschied im Vergleich zur Rundstrecke ist ja die Zusammenarbeit mit einem Copiloten. Wie hat das bei den ersten Rallyes bei euch harmoniert?»
TB: «Es war anfangs schon komisch nicht nur auf Sicht zu fahren, sondern auf meinen Beifahrer zu hören. Ich musste ihm einfach vertrauen, aber dadurch fühlt man sich schnell als Team. Mein Copilot Marco Glasen ist gleichzeitig mein bester Kumpel – das erleichtert die Sache enorm. Dazulernen darf ich sicher noch beim Erstellen eines perfekten ‚Aufschriebs’, dem so genannten Gebetbuch, in dem wir die ganzen Wertungsprüfungen aufnehmen. Aber auch das klappt von Rallye zu Rallye besser.»
?: «Wie hast du dich auf die ADAC Saarland-Rallye vorbereitet?»
TB: «Ich bin Anfang 2009 zwei nationale Rallyes gefahren, bei denen ich beides Mal die Klasse gewonnen habe. Bei der Rallye Zerf habe ich durch einen Dreher den Gesamtsieg verspielt. Das war im April. Danach bin ich bis Anfang September nicht mehr im Auto gesessen. Ich hatte leider keine Zeit. Wir werden mit Sicherheit ein bis zwei Wertungsprüfungen brauchen, um in den Rhythmus zu kommen. Die Hauptvorbereitung bestand darin, dass Auto fit zu machen.»
?: «Wer kümmert sich denn um die komplette Organisation des Teams und um die Technik des Fahrzeugs?»
TB: «Die Organisation teilen sich mein Vater und ich. Die Technik macht hauptsächlich mein Dad mit Hilfe meines Beifahrers. Beim Service während der Veranstaltung helfen mir noch drei Freunde, die auch im Rallyesport aktiv sind. Die Einsatzleitung wird mein Vater haben. Wir haben vorab alles durchgesprochen und geplant. Wir versuchen ein wenig Rundstreckenmethodik mit einzubringen. Da haben wir schließlich die meiste Erfahrung.»
?: «Siehst du eine Chance, dich gegen Carsten Mohe im Renault Clio oder Mirko Tautenhahn im Honda durchzusetzen? Was ist dein Ziel bei deinem ersten DRM-Lauf?
TB: «An erster Stelle steht für mich, die Rallye durchzufahren, um soviel als möglich zu lernen. Vom Speed her, weiß ich natürlich noch nicht, wo ich stehe. Da werde ich nach den ersten Prüfungen ein wenig schlauer sein. Aber ich denke, wenn mir eine WP liegt, kann ich hoffentlich auch mal für eine Überraschung sorgen. Besonders freue ich mich schon auf die ‚Wahlener Platte’ in Losheim, bei der auch Walter Röhrl schon Geschichte geschrieben hat.»
?: «Timo, du bist vor einigen Wochen in den Hafen der Ehe eingelaufen. Welche Pflichten fordert denn jetzt deine Frau Katharina ein?»
TB: «Das stimmt! Meine Frau Katharina verfolgt meine Rennen sehr genau am Fernsehschirm oder im Internet, fiebert mit und ist immer bestens informiert. Zeitlich ist es bei ihr nicht ganz einfach, sie ist frisch gebackene Kinderärztin. Trotzdem hat sie sich für den Samstag bei der Saarland als Zuschauerin angekündigt. Das motiviert mich natürlich zusätzlich.»
?: «Spielst du mit dem Gedanken, mal ganz in den Rallyesport zu wechseln?
Ich fühle mich im Rundstreckensport sehr wohl. Und man muss auch ganz offen sagen, dass die Rundstrecke für einen Profi-Rennfahrer deutlich lukrativer ist. Ich sehe daher meine Zukunft auf der Rundstrecke. Aber als Hobby möchte ich den Rallyesport nicht missen.»